SPOX: Aylin, bist Du eigentlich Franck Ribery mal wieder über den Weg gelaufen?
Aylin Yaren: Ja, beim Liga-Total-Cup vor der Saison. Er wusste noch, wer ich bin, und hat mich angegrinst.
SPOX: Du hast ihn einst bei seinem ersten Auftritt im 'Aktuellen Sportstudio' mit 4:3 an der Torwand geschlagen. Seitdem tourst Du neben der aktiven Karriere als Freestyle-Girl durchs Land. Ist Dir bewusst, dass Du hierzulande so was wie der weibliche Vorzeige-Star im Freestyle-Bereich bist?
Yaren: Ich weiß nicht, ob ich ein Star bin. Vielleicht bin ich die bekannteste Freestylerin, das kann sein.
SPOX: Hast Du jeden Tag den Ball am Fuß?
Yaren: Ja! Wenn ich einen Ball sehe, muss ich sofort irgendwas damit machen, es ist wie eine Sucht. Und wenn ich nicht gerade Freestyle mache, kicke ich ganz normal. Mittlerweile trainiere ich auch nicht mehr so viel Freestyle, weil die Trainingseinheiten im Verein schon sehr anstrengend sind.
SPOX: Bist Du nicht längst schon Freestyle-Profi? Immerhin verdienst Du damit auch seit ein, zwei Jahren deinen Lebensunterhalt.
Yaren: Wenn man es so sieht, schon. Das Jahr 2011 war wegen der Frauen-WM natürlich toll, ich hatte immerhin fünfzig, sechzig Auftritte übers Jahr gesehen.
SPOX: Klingt doch sehr nach Profi-Dasein.
Yaren: Ja schon. Ich verdiene mit Fußball mein Geld und es macht sehr viel Spaß. Ich freue mich, wenn ich die Gelegenheit habe, neben dem Fußball auch Freestyle zu machen, weil es immer schwieriger wird, alles unter einen Hut zu bekommen.
SPOX: Du warst ja nicht nur beim Torwandschießen im 'ZDF'.
Yaren: Richtig, ich bin in der Türkei Kandidatin bei der Fernsehshow 'Das Supertalent'. Ich habe es sogar in die nächste Runde geschafft.
SPOX: Wie wird es in der Türkei gesehen, wenn ein Mädchen auf der Bühne Fußball spielt?
Yaren: Die Leute dort finden es klasse, was ich mache. Aber in der Fernsehshow bringt mich das ehrlich gesagt nicht weiter, weil ich nur mit dem Ball meine Tricks zeigen kann. Beim Tanzen lassen sich beispielsweise leichter neue Choreografien entwickeln. Beim Freestyle mit dem Fußball ist das um ein Vielfaches schwieriger.
SPOX: Auf Vereinsebene bist Du gerade vom 1. FC Lübars zum Hamburger SV in die Bundesliga gewechselt. Wie kam es dazu?
Yaren: Eigentlich ganz einfach: Der HSV hatte Interesse und hat mich zum Probetraining eingeladen. Ich bin dann sofort mit dem Auto von Berlin nach Hamburg gefahren, habe zwei Tage mittrainiert. Dem Trainer hat es gefallen, mir hat es gefallen - es hat einfach gepasst. Ich mag Hamburg sehr gerne. Ich fühle mich so wohl, dass ich Berlin gar nicht vermisse. Außer natürlich meine Familie.
SPOX: Deine Ziele für 2012?
Yaren: 2011 war Freestyle an erster Stelle, jetzt ist es umgekehrt: Ich will mit dem HSV in der Liga bleiben. Natürlich will ich aber auch weiter als Freestylerin auftreten. Das A und O dafür: fit bleiben!
SPOX: Wo hast Du deine Auftritte?
Yaren: Deutschlandweit. Auch da, wo ich normalerweise nie hinkomme. Manchmal wache ich morgens auf und weiß gar nicht so genau, wo ich gerade bin. Aber prinzipiell macht mir das Reisen sehr viel Spaß. Ich mag es, neue Leute zu treffen und viel von der Welt zu sehen.
SPOX: In welchen Bundesligastadien hast Du schon getrickst?
Yaren: In vielen. Mainz, München, Schalke, Köln, um ein paar zu nennen. In Aue war ich auch schon. Dortmund und Hamburg fehlen mir aber noch in meiner Sammlung.
SPOX: Und mit welchen Stars hast Du schon getrickst?
Yaren: Mit Fredi Bobic habe ich eine DVD gemacht. Ich habe auch schon fast die gesamte Mannschaft des FC Bayern getroffen. Ich hatte einen Auftritt in der Allianz Arena und durfte mal kurz 'Hallo' sagen und auch einen Elfmeter schießen, bevor sie aufs Feld gelaufen sind. Ach ja: Mit David Villa und Gerard Pique durfte ich auch schon Fotos machen.
SPOX: Shakira war wahrscheinlich eifersüchtig.
Yaren: Genau. (lacht) Es ist schon sehr aufregend, wie weit man rumkommt und wen man alles trifft. Ein Traum!
SPOX: Wer sind denn Deine fußballerischen Vorbilder?
Yaren: Allen voran die Schwedin Therese Sjögran, mit der ich bei Malmö zusammenspielen durfte. Ich schaue mir ansonsten Lionel Messi ganz gerne an und orientiere mich an Technikern wie Cristiano Ronaldo, Zinedine Zidane, Mario Götze oder Marco Reus.
SPOX: Auf welcher Position spielst Du am liebsten?
Yaren: Am liebsten als Zehner oder im Sturm. Vorne kann ich schön Pressing machen. Ich liebe es, den Torwart oder die Abwehr unter Druck zu setzen. Vorne im Zentrum gefällt es mir aber vor allem, weil ich mich dort frei bewegen kann. Wenn ich Linksaußen spielen würde, könnte ich nur die Linie rauf und runter laufen. Das ist nichts für mich, ich muss überall sein.
SPOX: Also auch Freestyle auf dem Platz?
Yaren: Nein, kein Freestyle. Auch nicht Spitze, Hacke, eins, zwei, drei. Nur schnelles, geradliniges Spiel.
SPOX: Als Mädchen musstest Du Dich in Berlin schon früh auf dem Bolzplatz behaupten.
Yaren: Ja, ich habe als Kind in Reinickendorf tatsächlich oft auf der Straße gespielt. Mit Nachbarn - und natürlich überwiegend mit Jungs. Es waren einfach keine Mädels da. Nach Schulschluss haben wir immer die Tasche in die Ecke geschmissen und sind gleich auf den Platz.
SPOX: Wo habt ihr gespielt?
Yaren: Es gab nur einen Platz mit Betonboden. Mittlerweile ist es jetzt ein Gummiplatz. Früher ging es dort echt zur Sache. Mit offenen Knien und so weiter. Das hatte was.
SPOX: Als Mädchen musstest Du Dir bestimmt erst Respekt verdienen.
Yaren: Ja, etwas schon. Ich war schließlich das einzige Mädchen. Wenn mich die Jungs von damals heute sehen, stauen sie, wie ich das weiter durchgezogen habe.
SPOX: Wie darf man sich das vorstellen? Hat Dich dein großer Bruder damals zum Kicken im Verein mitgebracht und gesagt: 'Aylin spielt jetzt mit!'?
Yaren: Er musste damals oft auf mich aufpassen, weil Mama und Papa tagsüber in der Arbeit waren. Er konnte mich ja nicht Zuhause lassen, also hat er mich mit zum Training genommen. Da stand ich erst nur rum, mit dem Ball unter dem Arm. Irgendwann fing ich an, am Spielfeldrand hin und her zu dribbeln. Und irgendwann wollte ich dann selbst in einer Mannschaft spielen. Gleich um die Ecke war eine Jungenmannschaft, bei der ich angefangen habe. Ein netter kleiner Verein, dort gab es eigentlich immer viel Action. Mal kamen mehr ins Training, mal kamen weniger, aber ich war immer da. Ich habe nie ein Training verpasst.
SPOX: Ging es zuhause weiter?
Yaren: Ja, Mama hat gelitten. (lacht)
SPOX: In wie fern?
Yaren: Hin und wieder ist schon mal was kaputt gegangen, wenn ich zuhause geübt habe.
SPOX: Es gibt da die Geschichte mit Mamas Porzellanengeln. Wie war das noch gleich...?
Yaren: Was soll ich sagen: Ich habe sie kaputt gemacht, sie sind zerbrochen! Mamas Engel lagen einfach immer an der falschen Stelle. Das war schon lustig - ich habe nichts gesagt, aber irgendwann ist ihr aufgefallen, dass da was fehlt... Später hat sie dann alles in Sicherheit gebracht, was ihr lieb und teuer war.