Das DEB-Team hat gerade bei der Olympia-Qualifikation souverän das Ticket für Vancouver 2010 gelöst. Für Goalie Dimitri Pätzold war das Turnier ein Heimspiel. Jetzt gilt seine ganze Konzentration aber wieder den Hannover Scorpions. Im Interview mit SPOX spricht Pätzold über die Stärken seiner Mannschaft, eine mögliche Zukunft von Hans Zach in der NHL und verrät, was ihn selbst mit Hannibal Lecter verbindet.
Bei dem Versuch Dimitri Pätzold zu erreichen, kann es durchaus passieren, dass man nur die Mailbox erwischt. Dort meldet sich jemand mit einer bekannten Stimme, und es kann durchaus passieren, dass einem ein kleiner Schauer den Rücken herunter läuft.
"Nicht schlecht! Auf der Suche nach mir sind Sie ein großes Stück weitergekommen. Aber eben nicht weit genug. Während Sie mich sprechen wollen, sitze ich hier bei einem vorzüglichen Mahl. Und höre mir an, was Sie dieser zarten Leber erzählen wollten."
Mit Hannibal Lecter, der diabolischen Figur aus dem Thriller "Das Schweigen der Lämmer", möchte man nicht unbedingt näher zu tun haben. Aber zum Glück kam die Stimme ja nur vom Band. Und beim nächten Versuch war dann auch wirklich Dimitri Pätzold am Apparat.
SPOX: Herr Pätzold, wieso Hannibal Lecter? Haben Sie irgendeinen Bezug zu dieser Figur?
Pätzold: Gar keinen, warum?
SPOX: Wegen ihrer Mailbox.
Pätzold (lacht): Das war ein Gag. Mir war an einem Abend langweilig. Da habe ich nach etwas Passendem für die Mailbox gesucht. Das fand ich lustig und habe es einfach übernommen.
SPOX: Sie spielen seit Oktober für die Hannover Scorpions. Warum führte Sie der Weg aus der russischen Profiliga KHL an die Leine?
Pätzold: Aus persönlichen Gründen. Ich habe meinen Berater in Deutschland informiert. Er hat einige Vereine angesprochen. Und Hannover hatte sofort großes Interesse.
SPOX: Einige Tage nach ihrem Wechsel wurde bekannt, dass Sie zur neuen Saison für zwei Jahre nach Ingolstadt gehen. Wie kam es zu dieser überraschenden Nachricht?
Pätzold: Für die Öffentlichkeit war es ein wenig verwirrend. Aber das Management in Hannover wusste es bereits vor meinem Wechsel zu den Scorpions. Das haben sie auch akzeptiert.
SPOX: Und zur neuen Saison gehen sie als Meister nach Ingolstadt?
Pätzold (lacht): Ja, das hoffen wir doch mal. Es ist zwar noch ein langer Weg dorthin, aber auf jeden Fall mein Ziel.
SPOX: Schaut man auf die Tabelle, sieht es gut aus. Hannover führt mit fünf Punkten Vorsprung vor Berlin und gilt als eine der großen Überraschungen dieser Saison. Wie stehen die Chancen auf den Titel?
Pätzold: Dafür muss die Mannschaft in erster Linie gesund bleiben. Dazu gehört natürlich noch eine Portion Glück. Und wenn alles gut zusammenläuft, sind wir gut dabei.
SPOX: Wer sind die Konkurrenten um den Titel?
Pätzold: Diese Saison hat gezeigt, dass die Liga sehr ausgeglichen ist. Da gewinnt mal eben der Tabellenletzte aus Duisburg in Berlin. Somit ist alles möglich. Hinzu kommt, dass die Playoffs noch einmal eine andere Welt sind als die Vorrunde. Die üblichen Verdächtigen wie Berlin, Mannheim gehören natürlich zu den Favoriten. Aber Düsseldorf, Krefeld oder Hamburg können ein Wörtchen mitreden.
SPOX: Wie wichtig wäre der Heimvorteil als Nummer 1 in den Playoffs?
Pätzold: Das ist nie verkehrt. Wir haben in dieser Saison zu Hause sehr stark gespielt und die meisten Spiele gewonnen. Deswegen wäre es für uns enorm wichtig.
SPOX: Was macht Hannover so stark?
Pätzold: Wenn wir unser bestes Eishockey zeigen, haben wir uns als Mannschaft sehr gut präsentiert. Die Rollenverteilung ist klar geregelt. Es gibt eine klare Hierarchie. Jeder akzeptiert seine Rolle zu einhundert Prozent und füllt sie überzeugend aus. Dadurch stimmt der Zusammenhalt und die Stimmung ist perfekt. Diese Atmosphäre macht uns so stark.
SPOX: Aber nur mit einer guten Atmosphäre ist man nicht erfolgreich. Premiere
Pätzold: Es ist nicht so, dass wir lieb und nett miteinander umgehen. Im Training wird sich schon gegenseitig angespornt und gepusht. Und wenn einer mal nicht seinen besten Tag erwischt und es ein wenig schleifen lässt, versuchen die anderen, ihn zu reizen, damit er in die Gänge kommt.
SPOX: Die letzten beiden Spiele hat Hannover verloren. Nach der 3:9-Klatsche in Hamburg folgte eine 2:3-Niedelage nach Verlängerung in Mannheim. Was muss das Team jetzt beherzigen, um wieder zurück auf die Erfolgsspur zu kommen?
Pätzold: Wir müssen konzentrierter spielen und uns so präsentieren wie über weite Strecken der Saison. Wir dürfen keine Schwäche zeigen, denn dann fällt es schwer, den Schalter wieder umzulegen. Deshalb ist es sehr wichtig, mit einem guten Gefühl und guter Form in die Playoffs zu gehen.
SPOX: Welchen Anteil hat Hans Zach am Erfolg der Scorpions?
Pätzold: So etwas ist schwer zu beurteilen. Es gibt für Trainer keine Statistiken, wie bei den Spielern, die an Toren, Vorlagen oder Paraden gemessen werden. Allerdings gehört er zu den besten Trainern in der DEL. Er hat schon oft bewiesen, dass er viel aus Mannschaften, wie zum Beispiel Kassel, herausholen kann. Zudem haben wir viele deutsche Spieler. Da kommt es uns zugute, dass wir auch einen deutschen Trainer haben.
SPOX: Warum?
Pätzold: Er kennt die Mentalität der Spieler und umgekehrt. Dadurch klappt die Kommunikation viel besser und man kann Dinge schneller umsetzen. Das kann bei nordamerikanischen Trainern anders sein. Dort können durchaus Missverständnisse aufkommen.
SPOX: Inwiefern?
Pätzold: Man kann sie falsch verstehen. Die Reaktionen auf gewisse Situationen interpretiert man einfach anders, weil es eine andere Mentalität ist. Ich habe es selbst in Amerika erlebt. Auf den ersten Blick erschienen mir manche Reaktionen komisch, weil sie für mich nicht selbstverständlich waren. Im Nachhinein wurde mir erklärt, dass es doch anders gemeint ist, als ich zunächst dachte.
SPOX: Könnten Sie sich Hans Zach als Trainer in der NHL vorstellen?
Pätzold (lacht): Es ist eher unwahrscheinlich, aber es ist nichts auszuschließen.
Der aktuelle Tabellenstand in der DEL