SPOX: Nur eine Niederlage im November, sechs der letzten sieben Spiele gewonnen. Es läuft in Nürnberg...
Patrick Ehelechner: Im Moment haben wir einen tollen Lauf. Dass es so gut läuft, hätte im Oktober wahrscheinlich niemand von uns gedacht. Aber so ist es oft im Sport: Plötzlich sind die Köpfe frei und man legt eine solche Serie hin. Das ist natürlich für uns alle ein sehr gutes Gefühl. Wir wissen, dass wir jeden schlagen können.
SPOX: Vor nicht allzu langer Zeit sah es noch ganz anders aus. Im Oktober gab es neun Pleiten in neun Spielen. Was hat sich seither verändert?
Ehelechner: Unser neues Spielsystem, auf das wir in der Länderspielpause umgestellt haben, tut uns sehr gut. Wir spielen defensiver, das macht sich bezahlt. Davor haben wir mit drei Vorcheckern gespielt. Das war attraktiver für die Zuschauer, aber es war nicht effektiv. Momentan ist unser Spiel nicht so attraktiv, aber dafür effizient, denn wir gewinnen. Und das ist das, was wir momentan brauchen: Punkte.
SPOX: Letztes Jahr Ihr Kreuzbandriss, diesmal neun Niederlagen in Serie. Der Oktober wird nicht mehr Ihr Lieblingsmonat, oder?
Ehelechner: So komisch es klingt: Ich konnte aus beiden Ereignissen Positives gewinnen. Wir sind im November als Team einfach enger zusammengerückt und haben in der schweren Zeit vieles gelernt.
SPOX: Wie geht es Ihrem Knie? Haben Sie noch Beschwerden?
Ehelechner: Nein, Gott sei dank ist es perfekt verheilt und genauso wie vorher. Ich denke gar nicht mehr daran, und das ist das beste Zeichen.
SPOX: Sie haben zuletzt mit Dave Prior, einem der renommiertesten Torwart-Coaches der NHL, trainiert. Welchen Anteil hat er an Ihren Leistungen?
Ehelechner: Einen sehr großen. Ich bin sehr glücklich, dass wir so einen Mann nach Nürnberg holen konnten. Wir hatten zwar nur vier, fünf Trainingseinheiten zusammen, aber die haben wir sehr effektiv genutzt. Wenn man sich schon so lange kennt, muss man nicht mehr mit dem Torwart-ABC anfangen. Wir haben uns die Gegentore angeschaut, uns die Meinung gesagt und er hat mir auch mental sehr geholfen. Und er war nach den neun Niederlagen in Serie eben auch genau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.
SPOX: Was zeichnet so einen Mann aus?
Ehelechner: In erster Linie seine Erfahrung, er hat schließlich 14 Jahre in der NHL gearbeitet. Dazu kommt seine angenehme Art: Er ist eine sehr ruhige Person, aber sehr faszinierend und einzigartig. Ich schätze ihn sehr.
SPOX: Sie haben davon gesprochen, dass sich kleine Fehler in Ihr Spiel eingeschlichen hätten. Was kann man sich darunter vorstellen?
Ehelechner: Das sind Kleinigkeiten, zum Beispiel, dass man zu tief im Tor steht. Das nimmt man selbst gar nicht wahr, aber man lässt dem Gegner so zu viel Raum. Selbst geht man immer davon aus, dass alles passt. Dann kommt aber einer wie Dave und sagt: "Pass auf, komm ein bisschen weiter raus." Da war kein katastrophaler Fehler dabei. Aber diese Kleinigkeiten sind es dann, die den Unterschied zwischen einem guten und einem Top-Goalie ausmachen.
SPOX: Welchen Anteil haben die Fans an der tollen Serie?
Ehelechner: Einen sehr großen. Auch in der schwierigen Zeit waren wir sehr angetan von ihnen, denn sie haben uns nie beschimpft oder ausgepfiffen. Nach neun Niederlagen in Serie ist so etwas im Profisport nicht normal. Sie waren sehr fair zu uns und das möchten wir ihnen jetzt zurückzahlen.
SPOX: Dank der starken Team-Leistungen wurden Sie zum Spieler des Monats gewählt. Was bedeutet Ihnen das?
Ehelechner: Das ist eine schöne Sache, aber ich gebe das komplett an die Mannschaft weiter. Ohne meine Vorderleute hätte ich das nie geschafft.
SPOX: Nürnberg ist vom Prinzip her eine Mannschaft, die defensiv solide steht, hart arbeitet, bei der es aber in der Offensive zwischendurch hapert. Sind die Ice Tigers die New Jersey Devils der DEL?
Ehelechner: Das ist ein sehr schöner Vergleich (lacht). Unser Ziel ist es einfach, das Spiel aus einer soliden Defensive zu gewinnen. Da sind wir uns vielleicht ähnlich. Wir sind sicher nicht das talentierteste Team. Aber: Mit Talent alleine gewinnt man auch keine Spiele. Wir haben zuletzt nicht mehr Tore als im Oktober geschossen, aber wir haben deutlich weniger kassiert. Wir müssen hinten sehr gut stehen und vorne unsere Chancen nutzen.
SPOX: Wenn die Ice Tigers die Devils sind, sind Sie dann Nürnbergs Martin Brodeur?
Ehelechner: Er ist natürlich ein Idol von mir. Aber er hat einfach zu viele Titel gewonnen, als dass ich mich mit ihm messen könnte (lacht). Aber abschauen kann ich mir auf jeden Fall etwas. Er ist einer der Besten aller Zeiten. Ich habe noch ein bisschen Luft nach oben.
SPOX: An wem orientieren Sie sich sonst noch?
Ehelechner: Olaf Kölzig war einer meiner Lieblings-Goalies, allein schon, weil er auch mit Prior gearbeitet hat. Daneben gefallen mir auch Henrik Lundqvist von den Rangers und eben Brodeur. Natürlich muss ich meinen eigenen Stil durchbringen, aber man wird nicht bestraft, wenn man sich Sachen abschaut.
SPOX: Sie liegen mit einer Fangquote von 92,7 Prozent als bester Deutscher auf Rang zwei der Torhüter-Statistiken. Dennoch haben Sie im Nationalteam fast keine Chance. Rechnen Sie sich noch etwas bei Uwe Krupp aus?
Ehelechner: Im Moment konzentriere ich mich nur auf die Ice Tigers. Die Statistik ist ja schön und gut, aber ich weiß genau, dass da auch wieder andere Zeiten kommen werden. Es braucht nur ein, zwei schlechte Spiele, dann ist die Statistik zerhauen. Ich versuche, meinen Job in Nürnberg gut zu machen. Der Rest wird sich zeigen. Wenn ich eine Einladung kriegen würde, würde ich sicher nicht ablehnen. Aber ich muss mich jetzt über den Verein beweisen und dann schauen wir mal.
SPOX: Olympia oder die WM sind nicht in Ihrem Hinterkopf?
Ehelechner: Sicher schaue ich mir die Olympischen Spiele im Fernsehen an. Und die WM im eigenen Land wird auch etwas ganz Besonderes. Aber es gibt auch sehr gute andere Torhüter in der DEL, vor denen ich großen Respekt habe. Ich will mich im Verein beweisen, der Bundestrainer wird dann die besten Goalies mitnehmen.
SPOX: Sie waren mehrere Jahre in Nordamerika, unter anderem auch in Pittsburgh. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit bei den Penguins?
Ehelechner: Das war eine einzigartige Zeit. Trainieren mit Sidney Crosby und Jewgeni Malkin, Abendessen mit Marc-Andre Fleury - das hat schon was. Die Begeisterung in Pittsburgh ist überragend, so ähnlich wie bei uns im Fußball. Außerdem habe ich sehr viele Freunde gefunden. Kurzum: Es war eine sehr schöne Zeit, die ich nie missen möchte.
SPOX: Haben Sie noch Kontakt nach Pittsburgh?
Ehelechner: Ja, mit ein paar Spielern bin ich noch in Kontakt. Ich habe ihnen auch zum Stanley-Cup-Sieg gratuliert.
SPOX: So ein Trainingscamp mit den besten Spielern der Welt muss etwas ganz Besonderes sein, oder?
Ehelechner: Für jeden Eishockeyspieler ist das eine tolle Erfahrung. Zu Beginn ist es schon ein komisches Gefühl, wenn man plötzlich mit Crosby oder Malkin trainiert. Davor kannte man die nur von der Playstation und plötzlich fahren die auf einen zu und feuern einen Schlagschuss auf dich ab. Da hatte ich schon Riesen-Respekt. Sobald man sich ein bisschen kennenlernt, sinkt die Hemmschwelle aber.
SPOX: Lebt Ihr NHL-Traum noch?
Ehelechner: Auf der Playstation lebe ich ihn jeden Tag (lacht). Wenn man die Chance hat, nach Übersee zu wechseln, muss man sie nutzen. Bis in die NHL ist es noch ein sehr weiter Weg. Ich konzentriere mich jetzt darauf, die Playoffs mit den Ice Tigers zu erreichen.
SPOX: Letzte Frage: Auf Ihrer Homepage ist zu lesen, dass Sie am liebsten mit US-Präsident Barack Obama zum Abendessen gehen würden. Bei den meisten Sportlern kommt da eine hübsche Frau, warum bei Ihnen nicht?
Ehelechner: Das stimmt, aber ich würde Obama einfach gerne als Person kennenlernen und mir erzählen lassen, wie das so ist, als mächtigster Mann der Welt. Am Ende des Abends zahlt er dann das Essen und dann könnten wir wieder gehen (lacht).