"Unglaublich, dass ich den Pens angehöre"

Daniel Riedmüller
25. Dezember 201019:17
Tom Kühnhackl träumt von einer Zukunft im Trikot der Pittsburgh PenguinsGetty
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Es tut sich was im deutschen Eishockey. Die sensationelle Heim-WM wird für immer unvergessen bleiben, aber es gibt Grund zur Hoffnung, dass es auch um die Zukunft gut bestellt ist. Deutschland hat so viele talentierte Nachwuchscracks wie lange nicht mehr. SPOX begleitet die DEB-Youngster ab sofort regelmäßig auf ihrem Weg nach oben. Zum Auftakt sprach SPOX kurz vor Beginn der Junioren-WM in den USA mit Ausnahmetalent Tom Kühnhackl. Der 18-jährige Angreifer spricht über seinen berühmten Vater, das Leben in Kanada und seine Zukunft bei den Pittsburgh Penguins.

SPOX: Herr Kühnhackl, die U-20-WM in Buffalo steht vor der Tür. Wie ist es, wieder mit den Jungs aus Deutschland zusammen zu sein?

Tom Kühnhackl: Wie ein Klassentreffen! Ich kenne eigentlich alle schon von der U 18. Es ist für mich etwas Besonderes, das komplette Team und die Betreuer wiederzusehen. Ich bin jetzt seit vier Monaten in Kanada, da spricht man schon auch gerne mal wieder deutsch.

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SPOX: Wie ist das Leben in Kanada? Vermissen Sie Niederbayern?

Kühnhackl: Ja, klar. Am Anfang war das schwer für mich. Als 18-Jähriger in ein anderes Land zu gehen, habe ich mir einfacher vorgestellt. Aber wenn man ein paar Wochen dort ist und seine Mannschaftskollegen kennenlernt, wird es besser. Wir haben einen starken Zusammenhalt und man bekommt viel Unterstützung. Ich möchte das durchziehen. Mein Ziel ist es ja schließlich, einmal in der NHL zu spielen.

SPOX: Sie sind im Sommer in die höchste kanadische Juniorenliga zu den Windsor Spitfires gewechselt. Zuvor haben Sie bereits für Landshut in der 2. Liga und sogar für Augsburg in der DEL gespielt. Warum der Wechsel zurück in den Juniorenbereich?

Kühnhackl: Ich habe vor dem Wechsel lange mit meinem Agenten gesprochen. Wir sind gemeinsam zu der Entscheidung gekommen, dass es für meine Entwicklung viel besser wäre, wenn ich nach Nordamerika gehe. Es ist dort einfach ein völlig anderes Eishockey als in Europa.

SPOX: Was macht den Unterschied aus? Warum hinkt Europa hinterher?

Kühnhackl: Zunächst ist natürlich mal die Eisfläche kleiner, was automatisch dazu führt, dass das Spiel schneller wird. Man hat überhaupt keine Zeit, der puckführende Spieler wird sofort attackiert, jeder Check wird knallhart ausgefahren. Man muss immer den Kopf oben haben, sonst geht's schnell in die Hose.

SPOX: Würden Sie sagen, dass die OHL, in der Sie spielen, ein höheres Niveau besitzt als die Profibereiche in Deutschland?

Kühnhackl: Ja, das kann man schon so sagen.

SPOX: Wie war für Sie die Umstellung?

Kühnhackl: In den ersten Spielen habe ich versucht, meinen deutschen Style auch dort zu spielen, aber das hat überhaupt nicht geklappt. Es hagelte einige krasse Open-Ice-Checks gegen mich. Mir wollte nichts gelingen.

SPOX: Was ist dann passiert? Sie haben mittlerweile in 33 Partien 33 Scorerpunkte gesammelt.

Kühnhackl: Irgendwann hat es bei mir Klick gemacht und seitdem läuft es. Am Anfang habe ich als Center gespielt, aber meine Trainer haben mich dann auf den Flügel gezogen, so wie in Landshut. Das hat mir natürlich geholfen.

SPOX: Sie haben das Ziel NHL schon angesprochen. Sie sind von den Pittsburgh Penguins im Draft gezogen worden. Was bedeutet das für Sie?

Kühnhackl: Für mich war der Draft ein überwältigendes Ereignis. Ich war selbst vor Ort und wenn du im Stadion sitzt und sie deinen Namen aufrufen und dann die Pittsburgh Penguins dich gepickt haben, dann ist das schon etwas ganz Besonderes. Wenn man überlegt, wie da momentan Sidney Crosby aufspielt. Unglaublich, dass ich diesem Team angehöre, auch wenn ich derzeit noch nicht dort spiele.

SPOX: Sie sind ja auch ein bekennender Fan der Pens. Spielen Sie seitdem nur noch mit Pittsburgh auf Ihrer Konsole?

Kühnhackl: (lacht) Das ist jetzt ganz schön schwierig geworden. Bei NHL 11 gibt's ja auch die OHL und da zocke ich dann auch manchmal mit Windsor.

SPOX: Haben Sie einen Zeitplan, wann der Sprung in die NHL geschafft sein soll?

Kühnhackl: Nein, den gibt es nicht. Momentan will ich noch nicht so weit in die Zukunft blicken. Ich schaue erst einmal, dass ich mich diese Saison weiterentwickle. Nächstes Jahr bin ich aber sicher noch in Kanada. Dann schauen wir mal.

SPOX: Der Chef-Scout der Penguins, Jay Heinbuck, sagte nach dem Draft, dass Sie körperlich noch zulegen müssten. Trainieren Sie speziell in diese Richtung?

Kühnhackl: Natürlich. Jeder Spieler hat seine Stärken und Schwächen, aber man kann daran arbeiten. Ich trainiere jeden Sommer und Winter sehr hart und will unbedingt den Sprung in die NHL schaffen. Sonst könnte ich auch wieder zurück nach Deutschland.

SPOX: Wie ist der Kontakt nach Pittsburgh? Tauscht man sich regelmäßig aus?

Kühnhackl: In Detroit sitzt ein Scout von den Pens, der ist eigentlich bei fast jedem Heimspiel von uns dabei. Nach dem Spiel redet man dann und er gibt einem Feedback. Es herrscht sogar reger Austausch.

SPOX: Haben Sie Kontakt zu deutschen NHL-Spielern?

Kühnhackl: Ja, Marco Sturm ist im Sommer auch oft in Landshut und über meinen Vater habe ich ihn schon früher kennenlernen dürfen.

SPOX: Und welche Tipps hat er für Sie?

Kühnhackl: Immer hart arbeiten und sich von den erfahrenen Spielern Dinge abschauen. Das ist zumindest immer seine Devise gewesen und die ist sicher nicht verkehrt.

SPOX: Die kanadische Fachzeitschrift "The Hockey News" hat geschrieben, dass Sie das Potenzial eines Stars auf allerhöchstem Level hätten.

Kühnhackl: Wirklich? Das ehrt mich natürlich und ist schön zu hören, aber ich muss noch sehr viel an mir arbeiten.

SPOX: Sagt Ihnen die Zahl 1.431 etwas?

Kühnhackl: (lacht) Das hat sicher irgendwas mit meinem Vater zu tun.

SPOX: Richtig, das sind die Scorerpunkte Ihres Vaters in seiner langen Karriere. Ist das eine Bürde oder Ansporn?

Kühnhackl: Es ist schon etwas Besonderes, wenn man einen Vater hat, der so ein guter Eishockeyspieler war. Man will natürlich auch ein bisschen so werden wie er, aber das wird verdammt schwer.

SPOX: Nerven Sie die ewigen Vergleiche?

Kühnhackl: Nein, das nervt überhaupt nicht. Es gibt nicht viele, die solch einen Vater haben. Ich bin sehr froh, dass ich ihn habe.

SPOX: Hat er Sie schon in Windsor besucht?

Kühnhackl: Ja, er war zusammen mit meiner Mutter längere Zeit in Kanada und hat sich einige Spiele von mir angesehen und auch die Coaches kennengelernt. Das hat mich sehr gefreut.

SPOX: Am 26. Dezember startet die U-20-WM mit dem Spiel gegen die Schweiz. Was ist drin?

Kühnhackl: Die Schweiz haben wir schon oft geschlagen. Wenn wir unser Eishockey spielen und keine oder wenige Fehler machen, dann haben wir gute Chancen.

SPOX: Und im Verlauf des Turniers? Mit der Slowakei, den USA und Finnland warten ganz schöne Brocken in der Gruppe.

Kühnhackl: Ja, das stimmt. Bei den Slowaken sehe ich es noch ähnlich wie bei der Schweiz, aber vielleicht gelingt uns ja gegen Finnland oder die USA eine Überraschung. Vor allem gegen Titelverteidiger USA wird es sicher verdammt schwer.

SPOX: Ist es ein Vorteil für Sie, dass die WM in den USA stattfindet?

Kühnhackl: Nicht nur für mich. Wir sind ja sieben Spieler aus den USA oder Kanada und für uns ist das sicher ein Vorteil. Wir sind das kleinere Eis und das Umfeld gewohnt. Die anderen Spieler müssen sich darauf einstellen, dass es schneller sein wird als in Deutschland. Ich denke, das bekommen wir alles gut hin.

SPOX: Ist es ein Beleg für die verbesserte Jugendarbeit, dass mittlerweile einige deutsche Talente den Sprung nach Nordamerika wagen?

Kühnhackl: Ja, sicher. Vor ein paar Jahren gab es das noch so gut wie überhaupt nicht. Die Arbeit in den Vereinen ist besser geworden, aber mit noch sehr viel Luft nach oben.

SPOX: Woran hapert es in Deutschland?

Kühnhackl: Man bekommt zu wenig Eiszeit. Das war ja auch mein Problem. In der DEL ist es sehr schwer, in meinem Alter Spielpraxis zu bekommen. Die Blöcke sind mit erfahrenen Spielern und Kontingentspielern voll. In der 2. Liga ist es auch nicht viel besser. Es fehlt eine richtige Ausbildungsliga in Deutschland.

SPOX: Wann sehen wir Sie im A-Team der Nationalmannschaft?

Kühnhackl: (lacht) Wenn ich das wüsste. Das würde mich auch interessieren. Vielleicht in einem oder auch in fünf Jahren. Vielleicht auch nie. Derzeit könnte ich noch nicht mithalten. Da fehlt mir einfach noch die Erfahrung.

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