"Ich habe als Schüler 100 Tore geschossen"

Von Interview: Florian Regelmann
Tobias Rieder wurde 2011 in der 4. Runde von den Edmonton Oilers gedraftet
© Getty

Tobias Rieder ist eines der größten deutschen Nachwuchstalente. Der 18-Jährige gehört zu den besten Torschützen in einer von Kanadas besten Juniorenligen. Mit den DEB-Junioren ist er bei der B-WM in Garmisch-Partenkirchen gerade als Topscorer aufgestiegen. Rieder über seinen Torjäger-Instinkt, das zweitgrößte Oktoberfest der Welt und seine Vorbilder.

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SPOX: Tobias, Sie treffen in der Ontario Hockey League (OHL) für die Kitchener Rangers wie am Fließband und sind aktuell der viertbeste Torschütze einer starken Juniorenliga. Und in der Junioren-Nationalmannschaft geht es gleich so weiter, wie das 4-Tore-Spiel bei der B-WM gegen Österreich gezeigt hat. Könnte ja wohl kaum besser laufen, oder?

Tobias Rieder: Bis jetzt läuft es wirklich super für mich in dieser Saison. Genau so, wie ich es mir auch vorgestellt habe. Ich habe im Sommer aber auch hart dafür trainiert. Das zahlt sich jetzt aus. Ich muss jetzt einfach nur so weitermachen.

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SPOX: In Ihrer Rookie-Saison haben Sie in der OHL 23 Tore geschossen, jetzt stehen Sie schon bei 21 Toren in nur 27 Spielen. Was macht den Unterschied im Vergleich zum ersten Jahr aus?

Rieder: Ich denke, dass ich besser vorbereitet bin als letztes Jahr. Es ist mein zweites Jahr jetzt, ich fühle mich einfach wohler. Ich bin einer der Führungsspieler und bekomme sehr viel Eiszeit, auch im Power Play und Penalty Killing. Ich spiele in der ersten Reihe mit Ben Thomson und Michael Catenacci, mit den Jungs klappt es echt perfekt.

SPOX: Hatten Sie diesen ausgeprägten Torjägerinstinkt eigentlich schon immer?

Rieder: Ja, das hat man immer schon gemerkt. Ich habe in meinem zweiten Schülerjahr einmal 100 Tore geschossen. Ich habe immer geschaut, dass ich Tore schieße. Wenn ich die Chance bekomme, dann muss ich das Ding auch reinhauen.

SPOX: Wie kann man sich Ihr Leben in Kitchener vorstellen?

Rieder: Ich bin bei einer Gastfamilie untergebracht, das hat mein Agent alles für mich geregelt und da kann ich mich wirklich nicht beschweren. Ich bin bei einer super Familie und fühle mich total wohl. Alle Spieler, die so wie ich nicht zur Schule gehen, müssen morgens ins Stadion, um entweder aufs Eis oder in den Kraftraum zu gehen. Nach dem Mittagessen gibt es dann eine normale Trainingseinheit, wenn die anderen Spieler von der Schule da sind. Danach bin ich dann so um 16, 17 Uhr wieder zuhause.

SPOX: Kitchener soll sehr deutsch geprägt sein. Stimmt das?

Rieder: Ja, das ist wirklich so. In Kitchener gibt es sogar das zweitgrößte Oktoberfest auf der Welt nach München. Sie haben mir erzählt, dass die Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg anscheinend auch mal Berlin hieß und dann wieder in Kitchener umbenannt wurde. Es gibt viele deutsche Lokale hier, wo auch deutsch gesprochen wird und es von Schnitzel bis Schweinebraten alles gibt.

SPOX: Die Rangers sind bekannt dafür, NHL-Stars herauszubringen. Legenden wie Scott Stevens, Al MacInnis oder Paul Coffey haben in Kitchener gespielt, dazu Mike Richards, Derek Roy, Jeff Skinner und viele, viele mehr. Die Leute müssen total verrückt nach Eishockey sein, oder?

Rieder: Selbst zu unseren Vorbereitungsspielen kommen 5000 Zuschauer, unsere Regular-Season-Spiele sind dann mit 7000 Fans immer ausverkauft. Und die Fans unterstützen uns auch, wenn es mal nicht so gut läuft. Auch außerhalb merkt man die Begeisterung, wenn wir zum Beispiel Autogrammstunden geben. Da sind immer jede Menge Fans. Eishockey ist alles für die Leute hier.

SPOX: Wer auch in Kitchener gespielt hat, ist Gabriel Landeskog. Der Schwede wurde 2011 als zweiter Pick im Draft gezogen und absolviert gerade eine gute Rookie-Saison in Colorado. Wie gut kennen Sie ihn?

Rieder: Wir haben zwar normalerweise nicht zusammen in einer Reihe gespielt, das kam nur ab und zu vor, aber wir haben noch viel Kontakt. Er ist ein Freund von mir geworden und es freut mich natürlich, dass es für ihn so gut läuft bei den Avalanche. Ich habe im letzten Jahr sehr viel von ihm lernen können. Er konnte mir viel helfen, weil er eben auch Europäer ist und er mir erzählt hat, wie es für ihn war, als er rüber gegangen ist. Er war wirklich ein super Führungsspieler.

SPOX: Ich muss Sie natürlich auch nach dem Monster-Check von Tom Kühnhackl gegen Ihren Teamkollegen Ryan Murphy fragen, der ihm eine 20-Spiele-Sperre eingebracht hat. Wie haben Sie die Situation gesehen?

Rieder: Es war ein blöder Check. Es war auch eine Strafe, aber auf der anderen Seite muss man auch sagen, dass es solche Situationen immer mal wieder gibt. Tom wollte sicher einen normalen Check fahren, Ryan nimmt dann vielleicht den Kopf runter, leider kann man solche Situationen nicht ganz verhindern. Solche Checks können immer vorkommen.

SPOX: Sie haben mal gesagt, dass Sie in Kitchener die Nummer 9 haben, weil das auch Ihre Nummer beim Fußball früher war. Heißt das, dass Sie auch eine Karriere als Fußballer in Erwägung gezogen haben?

Rieder: Ich habe Fußball und Eishockey gespielt, bis ich 15 Jahre alt war. Ich war auch in der Bayern-Auswahl im Fußball, auch als Stürmer, ich musste immer Stürmer sein (lacht). Mit 15 musste ich mich dann entscheiden, weil der Trainingsumfang so groß wurde, dass beides nicht mehr gegangen wäre. Und dann war für mich immer klar, dass ich Eishockeyspieler werden will. Weil mein Vater schon Eishockeyspieler war und weil es einfach mehr Spaß gemacht hat.

SPOX: Haben Sie ein Vorbild in der NHL?

Rieder: Sidney Crosby, weil er einfach der beste Spieler der Welt ist. Und Marco Sturm. Zu ihm schaue ich auch auf, weil er ja auch aus der Nähe von Landshut kommt und ein Freund von mir und meiner Familie ist. Es gibt nicht so viele deutsche Spieler, die den Sprung in die NHL schaffen und sich dann über eine so lange Zeit so etablieren wie Marco. Deshalb ist er auch ein Vorbild für mich.

SPOX: Sie wurden in diesem Jahr in der vierten Runde von den Edmonton Oilers gedraftet. Wie ist der der Draft-Tag für Sie abgelaufen?

Rieder: Wir sind in Minnesota ins Stadion gegangen, am zweiten Tag finden ja die Runden zwei bis sieben statt. Eigentlich dachte ich, weil es mir auch gesagt wurde, dass ich wohl Ende der zweiten Runde oder dann in der dritten gezogen werden würde. Aber dann saß ich da und nichts ist passiert. Wenn dein Name nach der dritten Runde immer noch nicht gezogen ist, frustriert das schon. Aber in dem Moment, wenn du dann endlich deinen Namen hörst, bist du einfach nur noch überglücklich.

SPOX: Edmonton ist ja auch eine super Organisation.

Rieder: Genau. Die Mannschaft, die dich dann nimmt, zeigt ja damit, dass sie dich haben will. Das gibt einem schon mal ein super Gefühl. Danach haben wir die Coaches und Manager kennen gelernt und wurden noch zum Essen eingeladen. Das war richtig schön. Mein Gott, jetzt ist es eben die vierte Runde geworden, das ist auch nicht so schlecht. Und die Oilers sind eben auch eine Franchise, die jungen Leuten eine Chance gibt. Ich bin sehr glücklich, so wie es gelaufen ist.

SPOX: Haben Sie schon die ganzen Jungstars wie Taylor Hall, Ryan Nugent-Hopkins und Jordan Eberle kennen gelernt?

Rieder: Ja, nachdem wir unser Rookie-Turnier gespielt haben, sind wir ins Main-Camp gegangen und haben mit den ganzen Superstars wie Taylor Hall oder Ryan Smyth mittrainiert. Das war schon sehr cool. Normalerweise kennst du die Jungs nur vom Fernsehen und von Computerspielen und dann sitzt du auf einmal neben ihnen auf der Bank oder läufst ein 2-0 mit ihm. Mit Nugent-Hopkins habe ich seitdem auch ein bisschen Kontakt.

SPOX: Wäre ja schon eine Sache, wenn Sie in ein paar Jahren mit ihm bei den Oilers aufzocken könnten...

Rieder: Klar, ich denke, das ist für jeden Spieler ein Traum, der von einem NHL-Team gedraftet wird. Ich werde jetzt einfach weiterhin mein Bestes geben, bei jedem Wechsel, bei jedem Spiel, und dann schauen wir mal, was passiert. Mit den neuen Regeln haben kleine, wendige Spieler auch wieder mehr Vorteile, wobei ich mir darüber nie einen Kopf gemacht habe. Ich habe mir immer gesagt, dass Teams zu kleinen, wendigen, schnellen Spielern auch nicht Nein sagen können. Martin St. Louis ist das beste Beispiel.

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