Der 26-jährige Vierfachweltmeister durchlebt eine der schwersten Phasen seiner Karriere. Vier Jahre lang hatte er das schnellste Auto, gewann Rennen um Rennen. Jetzt kämpft er, damit er mit Daniel Ricciardo mithält. Dass Vettel mit seinem Teamkollegen ringen muss, ist Rennsportnormalität. Bei beiden Rennen, in denen beide ohne Probleme ins Ziel kamen, zweimal den Kürzeren zu ziehen, ist dagegen für das Ausnahmetalent demotivierend.
Zumal der Australier sich rasend schnell an sein neues Arbeitsumfeld gewöhnt hat und seinen Vorgänger Mark Webber in den Schatten stellt. Der 24-Jährige überzeugt wie schon bei Toro Rosso im Qualifying, doch auch im Rennen setzt die Frohnatur ihren guten Grundspeed derzeit überzeugend um. "Ich genieße es. Es ist schön im Weltmeisterteam zu sein und ich fühle mich bei den Leuten um mich herum sehr wohl", lächelte Ricciardo nach seinem vierten Rennen im großen Team.
Anpassungsschwierigkeiten hat nur der deutsche Teamkollege. "Er muss hart an sich arbeiten", schätzte Niki Lauda ein: "Er ist sehr verwöhnt aus der Vergangenheit. Er hat mit dem Auto das Fahren verlernt. Ricciardo kannte das Auto nicht, er nimmt es jetzt einfach und fährt damit. Das ist sein Vorteil."
"Sebastian ist sehr, sehr sensibel"
Sogar Red Bull bestätigte die Kritik, wenn auch in einer zurückhaltenden Variante. "Wir wissen, dass Sebastian sehr, sehr sensibel ist, wenn es darum geht, wie das Auto einlenkt", erklärte Teamchef Christian Horner: "Im Moment hat er nicht das Gefühl, das er braucht. Er kann das Auto und die Reifen nicht so lesen, wie er es gewohnt ist. "
Doch bis Vettel seinen Fahrstil angepasst hat, macht er unliebsame Erfahrungen. Wie in Malaysia 2013 wies ihn sein Team schon in Bahrain darauf hin, dass der eigene Teamkollege schneller ist. Er fügte sich und machte Platz.
In China bekam er dieselbe Anweisung in Runde 25, doch dieses Mal gab er sich nicht so einfach geschlagen. Erst fragte Vettel, warum er Ricciardo vorbeilassen soll. Die Begründung, der Teamkollege habe frischere Reifen derselben Mischung genügte ihm nicht. "Pech gehabt", funkte der Heppenheimer und machte sich daran, seinen Platz hart zu verteidigen.
Vettel nimmt den Kampf nur kurz auf
"Ich habe es zuerst nicht verstanden", verteidigte sich Vettel später. Der Weltmeister war wütend und entschlossen, nicht klein beizugeben und zeigte das mit seiner Fahrweise. Fast eine ganze Runde lang machte er keinen Zentimeter Platz und kostete damit Ricciardo letztlich die Sekunde, die ihm für einen finalen Angriff auf Fernando Alonso und das Podium fehlte.
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Schließlich nahm Vettel doch Turn 1 ganz weit. Waren weitere Anweisungen des Teams eingegangen? Hatte der Weltmeister Platz gemacht? "Ich kann nicht sagen, ob er einfach zu spät gebremst hat und deshalb zu weit in die Kurve gefahren ist oder freiwillig zur Seite fuhr", sagte Sunnyboy Ricciardo. Vettel bestand darauf, als Teamplayer gehandelt zu haben. Dazu passt, dass er wenig später zu seinem nächsten Boxenstopp reinkommen wollte.
Das Team hatte sein Aushängeschild zur Stallorder mit der Erklärung überredet, Ricciardo sei auf einer anderen Strategie unterwegs. "Es war nicht einfach für ihn", sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko später: "Vor allem, weil wir später die beiden Strategien wieder angleichen mussten." Vettels Wunsch wurde abgelehnt.
Red Bull verweigert dritten Stopp
Statt einem neuen Reifensatz und drei Stopps blieb Vettel bei zwei - wie Ricciardo. Der Australier nahm ihm daraufhin 20,7 Sekunden bis zur Ziellinie ab. "Wir hatten einfach keine vernünftige Lücke nach hinten", verteidigte Horner die Entscheidung: "Uns wurde klar, dass er sich aufgrund unseres fehlenden Tempos auf den Geraden selbst mit frischen Reifen beim Überholen schwertun würde."
Bis die Formel 1 beim Spanien-GP am 11. Mai zum Europaauftakt antritt, geht es für das Weltmeisterteam plötzlich nicht mehr darum, zu Mercedes aufzuschließen. Es geht darum, die wiedererstarkte Scuderia abzuwehren. "Natürlich hat Ferrari einen deutlichen Fortschritt gemacht. Das kommt wohl hauptsächlich vom Benzin. Wir hoffen demnächst auch eins zu bekommen, das sich leistungssteigernd auswirkt", sagte Marko.
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Kritik an den eigenen Fahrern ist für Red Bull unnötig, Kritik am Auto braucht nur Sebastian Vettel: "Generell kann man das Fahren nicht verlernen, aber im Moment komme ich mit dem Bock noch nicht so ganz klar", erklärte Vettel seine Probleme nach dem Rennen in Bahrain. Für Ziehvater Marko ist der Grund dafür schon geklärt: Renault.
"Sebastian hat mehr Probleme mit dem Motor-Mapping. Daniel hat Glück, dass sein Mapping konstanter ist - das müssen wir an Vettels Auto auch hinbekommen", sagte Marko schon nach dem Qualifying. Der Weltmeister braucht keine Ausreden für seine Leistungen. Es gibt Gründe.
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