Die Ausgangslage kann schöner nicht sein: Hoffenheim und Bayern marschieren im Gleichschritt auf den großen Kracher am kommenden Freitag in der Allianz Arena zu.
Das große Spiel schwebte schon am 15. Spieltag über beiden Mannschaften, deren Spiele gegen Bielefeld und in Leverkusen beinahe völlig in den Hintergrund rückten.
SPOX zeichnet das Fernduell des Samstags nach und gibt eine erste Einstimmung auf das Spiel des Jahres in sechs Tagen.
Der Spielverlauf: In Hoffenheim war schnell alles klar. Erstaunlich schnell. Bisher hatte es die Arminia immer mal wieder geschafft, die Großen zu ärgern und gegen Schalke, Stuttgart, Leverkusen, Berlin gepunktet.
Beim Aufsteiger war die Partie nach zehn Minuten praktisch schon durch. "Hier war von der ersten Minute an nichts zu holen", gab Bielefelds Thorben Marx offen zu. So konnte die TSG im zweiten Durchgang sogar Tempo rausnehmen und schon mal Kräfte sparen. Zur SPOX-Analyse
Eine zeitlang hatte Hoffenheim sogar fünf Punkte Vorsprung vor den Bayern und die Herbstmeisterschaft schon fast in der Tasche.
Die Münchener brauchten in Leverkusen 45 Minuten Anlaufzeit und waren zunächst darauf bedacht, Bayer den Zahn zu ziehen. Deshalb auch die defensivere Variante mit Andreas Ottl an Stelle von Tim Borowski als van-Bommel-Ersatz im zentralen Mittelfeld.
Der Plan ging komplett auf, nach dem Führungstreffer hatten die Bayern das Ding voll im Griff und spulten ihr Pensum souverän runter. Zur SPOX-Analyse
Die Formkurve: Neben der Hertha sind Hoffenheim und die Bayern die beiden Überflieger der Liga. Während sich der Aufsteiger aber schon seit dem ersten Spieltag in der Spitzengruppe der Tabelle verdingt, haben sich die Bayern peu a peu an die Spitze gepirscht, was die Münchener mit ihrem Lauf doppelt gefräßig und damit auch gefährlich macht.
Sehr auffällig bei den Bayern: Das Team ist körperlich in absolutem Top-Zustand. Während unter Ottmar Hitzfeld Ergebnisse in der Schlussphase nach Hause verwaltet wurden, können die Bayern unter Jürgen Klinsmann mittlerweile auch gegen Ende noch erheblich zulegen.
Die Personaldecke: Hoffenheim fehlten drei wichtige Stammspieler. Luis Gustavo (Gelb-Rot) und Sejad Salihovic (5. Gelbe) waren gesperrt, Chinedu Obasi wurde nach seiner Innenbanddehnung nicht rechtzeitig fit. Nächste Woche werden aber alle drei wieder dabei sein können.
Gegen Bielefeld bewies Hoffenheim eindrucksvoll, dass die TSG die nötige Breite im Kader besitzt und dass es innerhalb des Teams stimmt. "Wir haben eine tolle Moral. Jeder wird gebraucht und spürt das auch. Das ist ein kleines Geheimnis unseres Erfolgs", sagte Ralf Rangnick nach dem Spiel.
Die Bayern hatten die Ausfälle von Mark van Bommel (Grippe) und Martin Demichelis (Wadenverletzung) zu kompensieren. Ottl und Daniel van Buyten erledigten ihre Aufgabe souverän, van Buyten bekam sogar ein Sonderlob von Klinsmann.
Im Kracher am kommenden Freitag werden aber auch die Bayern wohl wieder in Bestbesetzung antreten können.
Die Zahlenspiele: Eine kleine Ansammlung der Superlative. Hoffenheim hat acht seiner letzten neun, die Bayern sieben ihrer letzten acht Spiele gewonnen.
Vor drei Jahren gelang es zuletzt einer Mannschaft, nach 15 Spieltagen schon 40 Tore erzielt zu haben (damals Werder Bremen) - einem Aufsteiger gelang das noch nie.Ibisevic' 17 Tore nach 15 Spieltagen hätten schon zweimal (88/89 Thomas Allofs und Roland Wohlfahrt, 95/96 Fredi Bobic) für die Torjägerkanone gereicht. Selbst Gerd Müller hatte bei seiner Rekordmarke 71/72 (40 Tore) nach 15 Spieltagen erst 13 Treffer auf dem Konto.
Die Fans dürfen sich am Freitag auf ein Torfestival freuen. Im Schnitt fielen bei Hoffenheim-Spielen bisher exakt vier Tore, bei den Spielen der Bayern nur unwesentlich weniger (3,73).
Die Meinungen zum Spiel:
Premiere-Experte Franz Beckenbauer: "Ich glaube, es wird ein knappes Ergebnis. Die Erfahrung spricht für den FC Bayern, sich vor dieser Kulisse zu bewähren. Ich wage zu bezweifeln, dass Hoffenheim über 90 Minuten Paroli bieten kann."
Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann: "Die Jungs haben Spaß und sie sind fit. Wir haben die letzten vier Monate hart gearbeitet, aber wir mussten warten, bis wir ins Rollen kommen. Jetzt können wir ein Spiel auch kontrollieren. Bei uns ist mittlerweile richtig Tempo drin. Wir können sogar noch einen Gang höher schalten. Ich freue mich auf das Spiel gegen Hoffenheim. Da treffen zwei Klasse-Mannschaften aufeinander. Ich habe von Anfang an gesagt, dass die Hoffenheimer eine gute Truppe zusammenhaben. Aber dass sie so in die Runde reinkommen, ist erstaunlich."
Bayern-Manager Uli Hoeneß: "Die Geschlossenheit, die spielerische Brillanz, das Zusammenspiel und das Herausspielen von Torchancen sind unsere Erfolgsfaktoren - und dann haben wir mit Franck (Ribery) einen Spieler, den die anderen nicht haben."
Hoffenheim-Trainer Ralf Rangnick: "Wir fahren nach München, um zu gewinnen. Wenn wir couragiert auftreten, haben wir sicher auch dort eine Chance. Die Herbstmeisterschaft interessiert uns aber nicht so sehr."
Hoffenheims Farncisco Copado: "Die Bayern können ruhig Herbstmeister werden, wenn wir dann deutscher Meister werden."
Der Ausblick: Zweiter gegen Erster gibt es ja öfter in einer Saison. Und trotzdem hat die Partie am kommenden Freitag eine ganz spezielle Qualität. Von einer Hoffenheimer Momentaufnahme kann man schon lange nicht mehr sprechen, der Aufsteiger etabliert sich als echter Meisterschaftskandidat.
Die Fans dürfen sich auf ein Spiel freuen, wie es es in der Bundesliga schon seit Jahren nicht mehr gab. In die Phalanx der ewigen Bayern-Rivalen Bremen, Schalke oder Leverkusen ist der Aufsteiger nach nur 15 Spielen eingedrungen. Noch nie gab es vor einer Premiere - beide Mannschaften treffen zum ersten Mal überhaupt aufeinander - so viel zu erzählen.
Die Partie hat schon jetzt im Vorfeld das Zeug zum Klassiker.