"Berthold! Ich heiße Berthold!!"

Von Oliver Kucharski
Wollte auf der PK auch mal ordentlich einen abbrennen: Schalke-Manager Andreas Müller
© Getty

Das Spiel der Spiele ist vorbei, doch Uli Hoeneß und Ralf Rangnick stänkern munter weiter um die Wette. Auch Andreas Müller wollte auf der Pressekonferenz mal einen waschechten Hoeneß hinlegen - scheiterte aber grandios.

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Der Beginn einer großen Liebe in München, ganz mieses Karma in Karlsruhe, absurd triste Wunderschuhe in Cottbus, bizarres Goaltending in Frankfurt und eine brandneue Folge von Stromberg: Das alles brachte der 16. Spieltag der Fußball-Bundesliga. Alle Einzelheiten in der Alternativen Liste.

Gestatten, Bayern! Oh, du schöne Bundesliga! Beim ersten großen Rendezvous der beiden besten Teams der Liga (der Welt? des Universums?) zeigten sich beide von ihrer sinnlichsten Seite: Hightech-Fußball auf der einen, Last-Minute-Siegtreffer auf der anderen Seite, und NATÜRLICH war das kein Bayern-Dusel sondern das logische Ergebnis von brutaler Arbeit, brechstangigen Erzwingens und ganz dollen Dranglaubens, und den schülerhaft naiven Hoffenheimern gehört daher das Compper-Zitat von vor wenigen Wochen bretthart um die Ohren gehauen: Es gibt offenbar immer noch Mannschaften, die nicht wissen was auf sie zukommt, wenn sie gegen den FC Bayern spielen.

Eine neue Liebe: Auch am Sonntag noch komplett mit Endorphinen durchflutet war folgerichtig Bayerns Uli Hoeneß, der im Doppelpass munter weiter Richtung Rangnick stänkerte: "Besserwisser! Verträgt die Höhenluft nicht! Immer nur im ersten Jahr super!" Und man sollte sich freuen mit Uli Hoeneß, hatte er doch viel zu lange niemanden zum Raufen, es fehlte ja schlicht an Gegnern, doch Hoffenheim und Rangnick haben Potential: Denn dieser hatte sich ja schon kurz nach dem Spiel öffentlich gewundert, "dass der Gegner ein ähnlich hohes Tempo ging." Und das hätten seinerzeit auch Christoph Daum und Willi Lemke nicht sticheliger hinbekommen.

Der wilde Bill: So leicht nichts aus der Ruhe (Ausnahme: Fehlentscheidungen! Schiedsrichter! Eigene Spieler!) bringt dagegen Jürgen Klopp. Das ziemlich lausige Nullnull seiner Dortmunder quittierte er mit einem tiefenentspannten: "Hey, drittes Mal hintereinander zu Null gespielt! Super!", und einzig die Kopflosigkeit seiner Spieler bereitete ihm etwas Kopfzerbrechen: Das ungeordnete Umpflügen der Bielefelder Alm quittierte er mit den Worten: "Es war sehr intensiv, aber zwischendurch war es ein bisschen wilder Bill." Und so unhübsch das Spiel, so hübsch war diese Formulierung.

Ohne Verben: Einen mentalen wilden Bill legte Gladbachs Meyer Hans im Interview nach dem Spiel hin: lästige Verben, überflüssige Nomen? Brauchte er nicht! Bei der PK referierte Meyer dann eine gute halbe Stunde - grammatikalisch korrekt zwar, jedoch ohne jeden Zynismus. Doch dann!, da!, endlich!, Hans Meyer wieder komplett geordnet: Was ihm denn Hoffnung auf Besserung mache, wurde er gefragt, und Meyer blaffte zurück: "Wer sagt, dass ich Hoffnung habe? Ich habe gar keine Hoffnung." Liebe Gladbacher Fans: Geht ruhig mal davon aus, dass das ironisch gemeint war.

Schlechtes Karma: Keine Hoffnung besteht indes für den Karlsruher Sturm, denn der ist schlimm verhext und hat ein ganz mieses Karma, anders ist ja nicht zu erklären, wie es die Karlsruher "Angreifer" schaffen, wirklich jede Hundertprozentige so verlässlich zu verballern, dass selbst ein Kevin Kuranyi vor Neid erblassen würde. Man möchte wirklich gerne mal wissen, was Edmond Kapllani und Joshua Kennedy in ihren früheren Leben so alles ausgefressen haben, dass sie mit Sturm-Krisen von solchen Cottbuser Ausmaßen gestraft sind.

Aufbauhilfe-Stopp: Dass es gegen Bremen dennoch zu einem Sieg langte, lag einerseits an Bremen und andererseits an Stefan Buck, der das Ding kurz vor Schluss doch noch versehentlich versenkte, was wiederum die Bremer arg auf die Palme brachte, die ja ihrerseits davon ausgegangen waren, der KSC halte sich an die hübsche Tradition, kriselnden Gegnern mit einem glücklichen Sieg Aufbauhilfe zu leisten, siehe Hannover, siehe Cottbus, siehe Gladbach, siehe Schalke. Da dies jedoch von den Genannten nicht nachhaltig gewürdigt wurde (Krisen-Rückfall!), beendete der KSC kurzerhand sein charitatives Engagement. Woraufhin Diego zum Werder-Würger wurde. Nicht schön!

Wunderschuhe, schwarz: Dabei kann alles so einfach sein. Der erste Schritt aus der Krise? Richtig: Die richtigen Schuhe! Dass diese nicht zwingend rosa sein müssen, bewies am Samstag Stuttgarts Roberto Hilbert: Weil die eigenen (silbergrauweißmetallic!) kaputt (oder dreckig?) waren, spielte er kurzerhand in den alten Tretern von Christian Träsch, der gegen Bremen mit eben diesen beim allerersten Versuch ein Tor erzielt hatte. Und siehe da: Auch Hilbert traf. Beim allerersten Versuch. Das muss an den Schuhen liegen. Dringend sollten sie nächste Woche nach Karlsruhe verliehen werden.

Kuranyi-Bashing: Apropos "Angreifer": Ein fester und beliebter Bestandteil einer jeden Alternativen Liste ist das gepflegte Kuranyi-Bashing. Doch was bitte tun, wenn Schalke-Trainer Fred Rutten partout nicht mitspielt und Kuranyi einfach auswechselt, noch ehe dieser wie üblich ein paar alternativlistenwürdige Großchancen verballert? Dann steht man auf dem Schlauch! Gottlob springt in solchen Zeiten Gerald Asamoah ein und erzielt ein Tor, und man muss das wirklich noch einmal so hinschreiben, damit man das komplett begreift: Gerald! Asamoah! erzielte! ein! Tor! Und auf irgendeine ganz fiese und hintergründige Weise geht selbst das noch als Kuranyi-Bashing durch. Muss ja.

Fashion Crimes: Auch von Liebling Nummer 2, dem sympathischen Sunnyboy Marko Pantelic aus Berlin, gibt es kaum etwas Nennenswertes zu berichten. Außer, dass er eine wirklich verheerende Mütze auf dem Kopf hatte, während er die ersten 71 Minuten des Spiels auf der Bank herumlümmelte. Als Pantelic der Bitte Favres, das grässliche Ding doch endlich abzusetzen, partout nicht nachkam, blieb Favre nur das letzte Mittel: die Einwechslung Pantelics. Also wärmte dieser sich auf (luschig!), kleidete sich um (trantütig!) und stolperte auf dem Platz herum (kapllaniesque)! Nicht mal das Last-Minute-Tor bekam er auf die Reihe. Total verschenkter Nachmittag.

Bizarres Goaltending: Garantiert NICHT in die Alternative Liste kommt man, wenn man als Frankfurter gegen Bochum oder als Bochumer gegen Frankfurt spielt. Derlei Partien können aus ästhetischen Gründen keine Beachtung finden. Als Herausforderung begriff das indes Bochums Keeper Daniel Fernandes, der sich aus purer Geltungssucht schon nach fünf Minuten eine astreine Rote Karte samt Elfer abholte. Und da auch Ersatz René Renno ähnlich überdreht agierte, seien beide hiermit das erste und letzte Mal in die Liste aufgenommen.

Stromberg-Ernie: Endlich auch mal einen waschechten Hoeneß hinlegen wollte Schalkes Andi Müller mit einer Wutrede: "Meisterschaft? Ihr seid doch wohl mit dem Hammer gekämmt! Ihr Spinner! Mit diesen Füßen aus Malta? Wie soll das denn gehen?? Verantwortlich?!? Ich??? Da lach ich mir doch den Arsch ab, lach ich mir doch, Freunde der Sonne!! Ich habe fertig!" So ungefähr hatte sich Müller das wohl in seinem Wutreden-Skript zurecht gebastelt. Allein: Es wurde nichts. Mit zittrigem Stimmchen und dramaturgisch stümperhaft gesetzten Pausen stammelte er mickrige Tirädchen ins Mikro und klang dabei so gar nicht nach Hoeneß. Eher nach Ernie "Berthold! Ich heiße Berthold!" Heisterkamp.

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