Jürgen Klinsmann hat von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht: Diesen Spieler wollte der Bayern-Trainer haben und sonst niemanden. Landon Donovan hatte also schon einen gehörigen Stein im Brett, bevor er im November nach München kam und sich zehn Tage lang im Bayern-Training auf Herz und Nieren prüfen ließ.
Manager Uli Hoeneß und Berater Paul Breitner mussten aber noch überzeugt werden, und so hockten sie sich bei schmuddeligem November-Wetter auf einen Balkon am Trainingsplatz und sahen sich unter Decken eingemummt das erste Trainingsspiel mit Donovan an.
Klinsmanns Intention des Trainingschecks: "Profis riechen doch sofort auf dem Trainingsplatz, ob er es drauf hat oder nicht. Deswegen habe ich ihm im Probetraining die Chance gegeben, sich zu zeigen und sich mit den anderen zu messen."
Starke Trainingseindrücke
Das Ende ist bekannt: Der 26-Jährige hat Vereinsführung, Trainer und Mitspieler restlos überzeugt und wird mindestens bis Mitte März im Aufgebot des FC Bayern stehen. Viele sehen ihn nach einer starken Rückrunden-Vorbereitung sogar schon als Stürmer zweieinhalb, weit vor Lukas Podolski und nur einen Hauch von Miroslav Klose entfernt.
"Er macht einen sehr positiven Eindruck", schwärmte Donovan-Fan Klinsmann dieser Tage. Nicht nur im Training, sondern auch in der Gruppe verhalte sich der Amerikaner vorbildlich. "Wie er kommuniziert, wie er mit anderen Spielern länger sitzen bleibt, wie er sich zurechtfindet" - das alles habe ihm und dem Rest des Bayern-Trosses in Dubai imponiert.
Und neben den zwischenmenschlichen Schmeicheleien scheint es auch sportlich zu klappen. Gerüchten zufolge wies Donovan in Dubai die besten Ausdauerwerte auf, weil er sich in der Weihnachtszeit eisern an Klinsmanns Home-Training-Vorgaben gehalten hatte und topfit im arabischen Fürstentum aufschlug.
Erstmal hinter Kloni
Nach fünf Testspielen stehen zwei Assists und vier Tore zu Buche. Den ersten Treffer beim 3:1-Sieg gegen Al Wheda kommentierte Klinsmann überschwänglich ("das Tor war wunderschön: die Ballkontrolle, die Annahme, der Drehschuss!") und auch seine beiden Kopfball-Tore beim 2:0 gegen Kaiserslautern beziehungsweise 5:0 gegen Mainz waren durchaus ansehnlich.
Trotz aller Lobeshymnen stellt Klinsmann aber auch klar: "Sich von heute auf morgen beim FC Bayern durchzusetzen - das ist kein einfaches Brot." Heißt in erster Konsequenz: An Klose und Luca Toni ist erstmal kein Vorbeikommen, dafür scheint sich Donovan aber die erste Joker-Rolle gesichert zu haben.
Der nahezu perfekt Deutsch sprechende Neuling sieht das ähnlich: "Es wird nicht leicht, weil Klose und Toni in guter Form sind. Mein Job ist es, dem Trainer die Entscheidung schwer zu machen." Er sagt aber auch: "Generell bin ich ein anderer Typ als die drei anderen."
Klinsi schwärmt - Skepsis in den USA
Seine Vorzüge ("Schnelligkeit, Eins-Gegen-Eins-Situationen, Zug zum Tor", Klinsmann) sind ideal für einen Joker, der noch mal reingeworfen wird, wenn sich das Spiel festgefahren hat. Außerdem gibt es Klinsmann die Alternative, Donovan bei Rückstand zusätzlich zu Klose und Toni als Halbstürmer oder Bindeglied zwischen Mittelfeld und Angriff zu bringen.
Kurzum: Der 26-Jährige hat in wenigen Wochen schon mehr erreicht, als ihm zugetraut wurde. Denn vor zwei Monaten war Skepsis noch die erste Emotion, die Donovans Wechsel zu den Bayern hervorrief - vor allem in den USA.
Drüben, auf der anderen Seite des großen Teichs, traut man Donovan nach zwei gescheiterten Anläufen bei Bayer Leverkusen (2001 und 2005) den großen Sprung offenbar nicht zu.
"Ein kleiner Fisch in einem großen Teich"
"Klar - er kann sich in Europa durchsetzen, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Bundesliga das richtige Pflaster für ihn ist. Er hat es dort zweimal versucht und ist gescheitert - warum also ein drittes Mal dorthin gehen?", gab ihm Steve Nicol, Trainer des MLS-Klubs New England Revolution, mit auf den Weg.
ESPN-Koryphäe Tommy Smyth meinte dazu: "Es ist nun mal so: In den USA ist er ein großer Fisch in einem kleinen Teich - in Deutschland nur ein kleiner Fisch in einem großen Teich."
Klaus Toppmöller, seinerzeit Trainer in Leverkusen, als Donovan von Bayer in die USA ausgeliehen war, sieht das im Gespräch mit SPOX anders.
"Landon war damals noch sehr jung und die Konkurrenz in Leverkusen stark. Die Einsatzzeiten, die man ihm versprochen hatte, hat man ihm nicht gegeben. Und da er unbedingt spielen wollte, war ein Wechsel zurück in die USA unausweichlich", meint der Ex-Bayer-Trainer über Donovans ersten Aufenthalt 2001.
"Klima und Heimweh"
Nach der WM 2002 habe er ihn sofort zurück nach Deutschland holen wollen, "ich bin ihm sogar noch bis nach Italien nachgereist, wo ein Länderspiel der USA stattfand". Donovan entschied sich jedoch für einen Verbleib in der MLS.
Auch sein zweiter Trip nach Leverkusen scheiterte. Nach nur sieben Spielen (zwei von Beginn an) floh der damals 23-Jährige 2005 abermals Hals über Kopf in sein Heimatland. Toppmöller: "Klima und Heimweh hätten sicherlich keine Rolle gespielt, wenn er Stammspieler gewesen wäre."
Der renommierte US-Blogger Joshua Mayers lässt deswegen kein gutes Haar an Donovan: "Es ist klar, dass er mental nicht ganz auf der Höhe war, um mit Widrigkeiten fertig zu werden. Er hatte die Kritik verdient. Seine Reaktion war die eines Teenagers. Da war es berechtigt, ihn entsprechend zu behandeln, bis er das Gegenteil beweist."
Bist Du ein Fighter? Bist Du ein Krieger?
Dafür ist er jetzt beim FC Bayern. "Ich will es hier schaffen", betont er bei jeder Gelegenheit. "Es war eine Lernphase für ihn. Er ist erwachsen geworden, er hat bewiesen, was er drauf hat. Er ist bereit, seine Qualitäten in Europa zu zeigen", sagt Klinsmann und fügt an:
"Am Ende ist es doch eine psychologische Frage. Hast du genug Selbstvertrauen? Bist du ein Fighter, ein Krieger, bist du hungrig genug?"
Glaubt man den ersten Eindrücken, dann ist Donovan jetzt endlich bereit für die Bundesliga.
Landon Donovan im Steckbrief