Da Silva: "Habe mir alles ganz anders vorgestellt"

Von Interview: Andreas Lehner
Antonio da Silva kam vor der Saison vom VfB Stuttgart zum Karlsruher SC
© Getty

Am vergangenen Wochenende drehte der KSC einen 0:2-Rückstand gegen den HSV noch in einen Sieg und landete damit einen wichtigen Dreier im Abstiegskampf. Am 20. Spieltag gilt es für die Badener gegen den 1. FC Köln (Sa., 15.15 Uhr im LIVE-TICKER und bei Premiere) nun, den Aufwärtstrend zu bestätigen.

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Im SPOX-Interview spricht Karlsruhes Mittelfeldspieler Antonio da Silva über die Lehren aus dem HSV-Spiel, seine Odysee durch Deutschland, sein erstes halbes Jahr in Karlsuhe und Anfeindungen der eigenen Fans.

SPOX: Herr da Silva, haben Sie keine Lust, deutsche Geschichte zu pauken?

Antonio Da Silva: Warum?

SPOX: Sie kamen mit 14 Jahren nach Deutschland. Ihr Kollege Cacau vom VfB Stuttgart hat gerade erst die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Kommt das für Sie auch in Frage?

Da Silva: Wir haben uns schon mal darüber unterhalten, als wir noch zusammen in Stuttgart gespielt haben. Aber bisher war es einfach noch nicht nötig, deutscher Staatsbürger zu werden. Wer weiß, was in meiner Karriere noch alles passiert. Wenn ich nach dem Ende meiner Laufbahn hier bleibe, kann ich das immer noch machen.

SPOX: Sie mussten Brasilien schon mit 14 Jahren verlassen. Wie hat Sie das geprägt?

Da Silva: Es ist natürlich schwierig, wenn man mitten in der Pubertät steckt, seine Freunde hinter sich lassen muss und in ein fremdes Land kommt. Aber Gott sei Dank kam ich dann sofort in die Schule. Da findet man schnell Anschluss, lernt die Sprache und neue Leute kennen.

SPOX: Welchen Einfluss hatte das neue Umfeld auf Ihre fußballerische Entwicklung?

Da Silva: Für mich als Brasilianer war das am Anfang nicht leicht. Aber ich habe schnell die deutsche Mentalität kennen gelernt und sie mit meinem brasilianischen Blut gepaart. Im Endeffekt hat mir das sicher geholfen, Profi zu werden. Für mich ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen.

SPOX: Ein Traum mit Verzögerung. Denn Ihr erster Anlauf im Profi-Bereich in Frankfurt war nicht von Erfolg gekrönt. Was lief damals falsch?

Da Silva: Ich war noch ziemlich jung und die Eintracht hatte große Ambitionen. Gaudino hatte zwar den Verein gerade verlassen, aber es waren schon noch viele Spieler da, die aufsteigen wollten. Da mussten sich die jungen erstmal hinter den erfahrenen Spielern anstellen.

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SPOX: Dann der Schritt zurück nach Wehen in die Regionalliga. Im Nachhinein sicher richtig, aber damals doch ein großes Risiko?

Da Silva: Was heißt Risiko? Ich kam bei der Eintracht ja nicht zum Einsatz. Und als junger Spieler muss man spielen, um sich weiterzuentwickeln. Und ich wusste, dass irgendwann die Chance wieder kommt, in der ersten oder zweiten Liga zu spielen.

SPOX: Nach vier Jahren bot Ihnen Mainz diese Chance.

Da Silva: Ich hatte Angebote von Hannover, Kaiserslautern und Mainz. Und ich habe mich für Mainz entschieden.

SPOX: Den Erfolgen mit Mainz folgte der Schritt nach Stuttgart. Aber nach einem Jahr mit vielen Spielen und der Meisterschaft kamen Sie nicht mehr so gut zu Recht. Warum?

Da Silva: Diese Frage kann ich mir auch nicht beantworten. Ich weiß bis heute nicht, warum ich keine Chance mehr bekommen habe. Der Trainer wollte eine Veränderung, aber warum konnte mir keiner erklären. Deshalb habe ich mich gefragt, ob das noch Sinn macht.

SPOX: Und sind dann nach Karlsruhe gegangen. Ist das jetzt Ihr neues Wehen?

Da Silva: So weit würde ich nicht gehen. Der KSC spielt immerhin erste Liga und hat letztes Jahr eine super Saison gespielt. Und ich war mir sicher, dass wir hier was reißen können. Das bin ich auch jetzt noch. Die Leute hier haben mir von Anfang an das Gefühl gegeben, mich unbedingt haben zu wollen und an mich zu glauben. Dieses Gefühl hatte ich in Stuttgart nicht mehr.

SPOX: Aber Ihre erste Halbserie war sicher nicht zufriedenstellend.

Da Silva: Auf keinen Fall. Es kam alles ganz anders, als ich mir das vorgestellt habe und als wir uns das alle vorgestellt haben. Ich wollte dem Verein das in mich gesetzte Vertrauen zurückgeben, aber das hat bisher nicht geklappt. Das macht einen schon nachdenklich. Aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass ich der Mannschaft und dem Verein weiterhelfen kann.

SPOX: Die Fans sehen das zum Teil anders und haben Sie zum Buhmann erklärt.

Da Silva: Es absolut verständlich, dass die Fans bei ausbleibendem Erfolg unzufrieden sind, aber mich als Sündenbock darzustellen, ist nicht in Ordnung.

SPOX: Wie geht man mit Pfiffen der eigenen Fans um?

Da Silva: Natürlich trifft einen das. Aber die Misere nur an einem Spieler festzumachen, ist schon hart. Man macht sich Gedanken, ob man irgendwas ändern muss. Am Ende kann man die Fans aber nur mit guten Leistungen auf seine Seite ziehen.

SPOX: Welche Rolle spielt ihre Vergangenheit beim VfB?

Da Silva: Die Rivalität zwischen Stuttgart und Karlsruhe war mir schon bewusst. Aber man sollte als Fan in erster Linie an die Mannschaft und den Verein denken, da bringt es nichts sich einen Einzelnen herauszugreifen.

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SPOX: Denken Sie an Abschied?

Da Silva: Natürlich macht man sich Gedanken, aber so weit will ich jetzt nicht gehen.

SPOX: Ihre Position hinter den Spitzen haben Sie aber an Rückkehrer Giovanni Federico verloren. In welcher Rolle sehen Sie sich jetzt?

Da Silva: Natürlich ist meine Lieblingsposition in der Raute hinter den Spitzen. Aber ich habe schon oft auf der linken Seite gespielt und auch dort gute Spiele abgeliefert.

SPOX: Haben Sie diesen Transfer als Vertrauensentzug empfunden?

Da Silva: Nein, um Gottes Willen. Giovanni hat in seiner Karriere schon oft gezeigt, dass er überragende Fähigkeiten hat und Tore schießen kann und wir können jeden Spieler brauchen, der uns weiterhelfen kann. Das hat man auch gegen den HSV gesehen.

SPOX: Gegen die Hamburger haben sie einen 0:2-Rückstand gedreht. Woher nimmt man nach dem schwachen Rückrundenstart den Glauben an die Wende?

Da Silva: Natürlich hat uns auch der schnelle Anschlusstreffer geholfen. Die Moral der Mannschaft ist intakt. Das war in Bochum schon so, obwohl da am Ende das Ergebnis nicht stimmte.

SPOX: Kann das ein Schlüsselspiel für die restliche Saison gewesen sein?

Da Silva: Jedes Spiel ist von enormer Wichtigkeit für uns. Der Sieg hat uns gut getan und Selbstvertrauen gegeben. Aber wir müssen jetzt auch in den kommenden Partien nachlegen. Dann war es ein Schlüsselspiel.

SPOX: Auch gegen Leverkusen hat der KSC schon mal einen 0:3-Rückstand gedreht. Danach gab es drei Niederlagen im Stück. Was müssen Sie jetzt anders bzw. besser machen?

Da Silva: Wie gesagt, es gilt für uns, nun auch gegen die kommenden Gegner da weiterzumachen, wo wir gegen den HSV aufgehört haben. Dazu gilt es, sich voll und ganz auf das nächste Spiel zu konzentrieren.

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