Hannover 96 hat Andreas Bergmann durch Mirko Slomka ersetzt. Im SPOX-Interview vermittelt Jan Schlaudraff erste Eindrücke des neuen Trainers und spricht über das Versagen der Mannschaft, die schwierige Zeit während seiner langen Verletzungspause sowie seine gescheiterte Nationalmannschaftskarriere.
SPOX: Jan Schlaudraff, wie waren die ersten Tage mit Mirko Slomka als neuen Coach?
Jan Schlaudraff: Der erste Eindruck ist sehr positiv. Der Trainer hat klare Vorstellungen und kommuniziert die auch deutlich. Man merkt schon, dass er im Training großen Wert auf Technik und Taktik legt. Ich denke, der Verein hat eine gute Wahl getroffen.
SPOX: Sportdirektor Jörg Schmadtke erweckte zuletzt eher den Eindruck, er sei sauer auf die Spieler. In dem Fall wäre Andreas Bergmann eher ein Bauernopfer. Wie beurteilen Sie die Serie der jüngsten Niederlagen? Kann man dem Ex-Trainer einen Vorwurf machen?
Schlaudraff: Nein. Der Trainer hat von Beginn an gute Arbeit geleistet, zuletzt blieben aber die positiven Ergebnisse aus, die wir uns alle erhofft haben. Das muss man nüchtern analysieren, in erster Linie aber müssen wir Spieler uns hinterfragen. Die letzten drei Bundesligaspiele waren einfach schlecht. Da hat Jörg Schmadtke Recht. Wir haben es nicht geschafft, die notwendigen Ergebnisse zu erzielen.
SPOX: Wie geht die Mannschaft damit um?
Schlaudraff: Jeder sollte selbstkritisch seine eigene Leistung hinterfragen und die notwendigen Lehren daraus ziehen. Nur so können wir dann auch als Mannschaft wieder ins Lot kommen.
SPOX: Mirko Slomka ist nun bereits der dritte Trainer in der laufenden Saison, die Mannschaft scheint also auf eine gewisse Art schwierig zu sein. Arnold Bruggink sagte sogar, er schäme sich für diese Entwicklung. Können Sie diese Scham nachempfinden?
Schlaudraff: Scham würde ich das nicht nennen. Aber wie schon gesagt: Wir Spieler müssen uns deutlich steigern. Nur reden hilft nicht.
SPOX: Ist die Mannschaft wirklich so schwierig?
Schlaudraff: Nein, die Mannschaft ist nicht schwierig. Wir wollen alle mehr erreichen, haben aber auch eine Menge Dinge und Ereignisse zu verarbeiten. Jetzt müssen wir den Abstieg verhindern, dann können wir uns für die kommende Saison neu positionieren.
SPOX: Viele fragen sich, welche Rolle Robert Enkes Selbstmord immer noch in den Köpfen spielt, in wie weit das die Spieler blockiert. Können Sie die Frage realistisch beantworten?
Schlaudraff: Der Tod von Robert hat uns alle tief schockiert und irgendwie aus der Bahn geworfen. Das müssen wir jetzt aber endgültig überwinden. Es geht nur noch um volle Konzentration auf den Klassenerhalt.
SPOX: Nicht gerade leicht hatte es auch Florian Fromlowitz, der als Torwart aber bisher ausgezeichnet gespielt hat.
Schlaudraff: Auf jeden Fall. Flo hat bislang einen sensationellen Job gemacht hat. Bereits vor der Tragödie um Robert hat er sich hervorragend und vorbildlich verhalten. Was er danach abgeliefert hat, kann man ihm gar nicht hoch genug anrechnen.
SPOX: Sie selbst haben nach langer Verletzung gerade erst wieder Fuß gefasst. Wie groß ist die Erleichterung?
Schlaudraff: Groß, weil ich einfach froh bin, wieder gesund zu sein. Ich hoffe, dass ich das auch bleibe.
SPOX: Die Ärzte haben Ihnen kurz vor Ende der Hinrunde Grünes Licht gegeben. Wie schätzen Sie selbst Ihren körperlichen Zustand ein?
Schlaudraff: Es ist klar, dass noch nicht alles wieder bei hundert Prozent ist. Aber mein Körper hat die Vorbereitung gut weggesteckt. Ich bin zuversichtlich, dass ich in diesem Jahr gesund bleibe.
SPOX: Wie steckt man eine so lange Verletzungsphase psychisch weg?
Schlaudraff: Schwer. Ich bin einfach froh, dass die Zeit, die sicherlich nicht einfach war, endlich vorbei ist. Ich war viel bei meiner Familie, dann in der Reha, dann wieder zuhause, und so weiter. Das war alles nicht so leicht für mich, aber jetzt ist es ja endlich vorbei.
SPOX: Haben die zahlreichen Verletzungen Ihre Persönlichkeit gestärkt?
Schlaudraff: Ob es meine Persönlichkeit gestärkt hat? Weiß ich nicht. Es ist ja jetzt schon das dritte Mal, dass ich durch eine solche Verletzungszeit durch musste. Mit Sicherheit sieht man die Dinge etwas anders. Ich habe einen professionellen Beruf ergriffen und da muss man eben hundert Prozent geben und die richtige Einstellung haben. Aber der Fußball ist nicht alles im Leben, es gibt auch viele andere schöne Dinge.
SPOX: Vor Ihrer Verletzung waren Sie mal im erweiterten Kreis der Nationalmannschaft.
Schlaudraff: Das ist ja schon verjährt! (lacht) War das noch in diesem Jahrtausend?
SPOX: Also gibt es keinerlei Gedanken mehr in diese Richtung?
Schlaudraff: Nein, überhaupt nicht. Das ist drei oder vier Jahre her. Ich will jetzt gesund bleiben und mit der Mannschaft die Klasse frühzeitig sichern. Dann ist alles gut.