Carlos Valderrama war einst eine der schillerndsten Figuren des Weltfußballs. El Pibe war nicht nur stolzer Besitzer der bekanntesten Frisur der Welt, sondern ganz nebenbei ein weltklasse Fußballer in den 80er und 90er Jahren. Viel hörte man über den Kolumbianer zuletzt aber nicht mehr.
Im August 2009 sorgte Hertha BSC dafür, dass der Name des Südamerikaners zumindest hierzulande wieder einmal Erwähnung fand.
"Links wie rechts..."
Die Herthaner versuchten ihn zwar nicht in einer Verzweiflungsaktion als neuen Spielmacher zu rekrutieren, sie verpflichteten aber einen Mann, von dem jener Valderrama nur so schwärmt.
"Er ist ein echter Torjäger, schnell, technisch versiert, schießt genauso gut mit links wie rechts und ist enorm kopfballstark", so Valderrama über Gustavo Adrian Ramos Vasquez. Oder einfach nur Adrian Ramos, wie man ihn in der Bundesliga inzwischen kennt.
Kein Nachfolger von Alves und Co.
Die Beschreibung Valderramas war eine der wenigen Informationen, die man über den neuen Angreifer der Hertha damals hatte. Eigentlich hat sich dieser Zustand nicht wesentlich verändert, denn Ramos spricht ungern über sich selbst.
"Sein Vorteil ist, dass ihn hierzulande immer noch nur wenige kennen", sagt auch Hertha-Trainer Friedhelm Funkel über seinen 23 Jahre alten Angreifer.
Nach anfänglich durchwachsenen Leistungen schien er sogar prädestiniert für die lange Liste gescheiterter Hertha-Stürmer wie Alex Alves, Bryan Roy, Ali Daei, Luizao, Artur Wichniarek, Fredi Bobic oder Andre Lima zu sein. Aber Ramos hängte sich rein und ist nun eine der wenigen positiven Erscheinungen der Berliner in der laufenden Saison.
Lob von Funkel
Fast unauffällig spielte sich Ramos in die Stammelf der Hertha und ist dort inzwischen ein fester Bestandteil. 14 Mal spielte er in der Bundesliga, erzielte dabei fünf Tore. Auch zuletzt schwache Leistungen wie gegen Borussia Mönchengladbach und beim VfL Bochum werden ihm verziehen. "Gegen Hannover war er überragend", verteidigt ihn Funkel.
"Er ist trainingsfleißig und willig", sagt der Coach über Ramos. Überraschend ist die Beschreibung nicht. Der Kolumbianer lernte schon von Kindesbeinen an das Kämpfen. Sein Vater starb 1995, Ramos musste für die Familie sorgen, ohne dabei den Fußball aus den Augen zu verlieren. Als 2003 Kolumbien bei der U17-WM in Finnland bis ins Halbfinale vorstößt, ist Ramos mit dabei.
Fabregas, Gago und Ramos
Bei diesem Wettbewerb gehen die Sterne von Spielern wie Cesc Fabregas (heute FC Arsenal) oder Fernando Gago (Real Madrid) auf - und eben auch der von Ramos.
Drei Tore steuert er bei dem Turnier bei, über das in Kolumbien noch heute gesprochen wird. Es ist die goldene Generation der Südamerikaner. Aus dem damaligen Kader haben es beispielsweise Spieler wie Christian Zapata schon viel früher nach Europa geschafft. Der Verteidiger spielt aktuell bei Udinese Calcio und wird wohl bald zu Real Madrid wechseln.
Über Umwege gescoutet
Ramos' Wechsel nach Europa dauerte etwas länger. Zwei Mal lieh ihn Cali aus, zunächst nach Venezuela zum FC Trujaillanos und anschließend zum kolumbianischen Klub Santa Fe. Beide Male wurde er nicht glücklich. Als die Karriere auf der Kippe stand, schoss Ramos 2008 America bis ins Finale der kolumbianischen Meisterschaft.
Hertha-Scout Sven Kretschmer entdeckte in dieser Phase das Sturmjuwel und berichtete dem damaligen Trainer Lucien Favre von seinem Fund. Auch andere Klubs zeigten Interesse, doch das Rennen machte die Hertha. Erst Stunden vor Transferschluss ging der Wechsel über die Bühne. Hertha sicherte sich für 1,4 Millionen Euro 80 Prozent der Transferrechte,
Nachfolger von Pantelic und Woronin
"Er geht dahin, wo es weh tut", sagte Favre noch zu Amtszeiten über seinen neuen Schützling- Der Schweizer meinte damit sicherlich nicht den Abstiegskampf, in den Hertha geraten ist.
Doch Ramos ist keiner, der sich vor schweren Aufgaben drückt und wird deswegen sehr geschätzt. "Mal kommt er durch die Mitte, mal über außen. Sein Spiel ist unberechenbar", sagt Manager Michael Preetz.
Auch wenn es sicherlich einfachere Unterfangen gab als mit Marko Pantelic und Andrej Woronin gleich zwei beliebte Angreifer zu ersetzen, hat Ramos sich in die Herzen der leidenden Fans gespielt. Inzwischen erfährt er auch die Unterstützung von Theofanis Gekas, der zur Winterpause von Bayer Leverkusen verpflichtet wurde.Gutes Zusammenspiel mit Gekas
Mit dem Griechen versteht sich Ramos auf dem Platz schon verblüffend gut. "Gekas und ich haben einen unterschiedlichen Stil, aber ein Ziel. Mit jeder Minute, die wir gemeinsam auf dem Platz stehen, wird die Abstimmung besser", sagt Ramos, der endgültig in der Bundesliga angekommen ist.
Überraschend ist es nicht - schon gar nicht für den Mann mit der berühmtesten Frisur der Welt...