Dzeko: "Über meine Zukunft entscheide nur ich"

Christoph Köchy
27. April 201015:05
Edin Dzekos Vertrag beim VfL Wolfsburg ist noch bis Juni 2013 datiertGetty
Werbung

Mit 27 Toren in 46 Pflichtspielen ist Edin Dzeko nicht nur beim VfL Wolfsburg in aller Munde. Der Bosnier hat sich mit seinem Toren in der Bundesliga und in der Champions League in die Wunschlisten europäischer Topklubs geschossen. Für die festgeschriebene Ablösesumme von 40 Millonen Euro darf er Wolfsburg zum Saisonende verlassen. Im Interview mit SPOX spricht der 24-Jährige offen über seine Zukunftsplanungen.

SPOX: Edin Dzeko, in der vergangenen Woche gab es die Meldung: 'Dzeko schenkt Taxi-Fahrer, der ihn früher in Sarajewo immer zum Training fuhr, ein Auto.' Wie kam es dazu?

Edin Dzeko: (lacht) Wie es zu dieser Sache kam? Ganz ehrlich: Gar nicht! An der Geschichte stimmt gar nichts. Als junger Spieler hatte ich gar nicht so viel Geld, dass ich jeden Tag mit dem Taxi zum Training hätte fahren können. Mein Taxi war immer mein Vater.

SPOX: Also hat sich das einfach nur jemand ausgedacht?

Dzeko: Es gibt viele dieser Geschichten. Immer wieder lese ich Dinge über mich, die ich selbst noch gar nicht wusste. Manchmal ist es unglaublich, was geschrieben wird. Dabei müssten mich die Leute ja einfach nur fragen.

SPOX: Wie heimatverbunden sind Sie?

Dzeko: Meine Heimat ist natürlich Sarajewo, da hängt mein Herz dran. Ich bin nun aber auch schon drei Jahre in Wolfsburg und fühle mich wirklich wohl hier. Man kann sagen, dass hier mein zweites Zuhause ist.

SPOX: Was müsste geschehen, dass Sie nächste Saison noch in Wolfsburg spielen?

Dzeko: Dass ich mit den anderen Angeboten unzufrieden bin. So weit denke ich aber noch nicht. Wir haben noch zwei Spiele. Nach der Saison werde ich über meine Zukunft sprechen.

SPOX: Wer sind die wichtigsten Menschen in Ihrem Leben und beziehen Sie die in den Entscheidungsprozess um Ihre sportliche Zukunft mit ein?

Dzeko: Die wichtigsten Menschen sind meine Eltern und meine Schwester in Bosnien, mit denen ich sehr oft telefoniere. Darüber hinaus gibt es hier mittlerweile viele gute Freunde, aber die Familie steht an erster Stelle. Mit ihr bespreche ich alle meine Pläne.

SPOX: Könnte der neue Trainer Ihre Entscheidung noch beeinflussen? Mit Gerard Houllier soll ja ein Coach mit sehr gutem Ruf kommen.

Dzeko: Es standen schon einige Namen in den Zeitungen. Noch ist nicht bekannt, wer Trainer wird, aber das spielt bei meinen Überlegungen auch eine untergeordnete Rolle.

SPOX: Wie ist das, wenn man weiß: Ich habe eine festgeschriebene Ablösesumme von 40 Millionen im Vertrag stehen und wenn irgendein Verein kommt, der das zahlt, bin ich weg - ist man damit überhaupt noch Herr seiner eigenen Zukunft?

Dzeko: Über meine Zukunft entscheide nur ich. Ich wechsle ja nicht irgendwohin, nur weil jemand die Millionen hinblättert. Wenn ich mit dem Angebot oder dem entsprechenden Verein nicht zufrieden bin, dann unterschreibe ich dort nicht. So einfach ist das. Die Entscheidung liegt allein bei mir.

SPOX: Wieso ist der AC Milan eigentlich Ihr Traumverein?

Dzeko: Das ist einfach seit Kindertagen mein Lieblingsverein.

SPOX: Rein sportlich gibt es aber bessere Vereine, die mit Ihnen in Verbindung gebracht wurden, als Milan.

Dzeko: Der AC Milan ist ja auch nur mein Lieblingsverein und deshalb werde ich oft von den Medien mit ihm in Verbindung gebracht. Das bedeutet aber nicht, dass ich nächste Saison auch dort spiele.

SPOX: Es gibt mittlerweile attraktivere Ligen als die Serie A, oder?

Dzeko: Was die Atmosphäre in den Stadien angeht, muss sich die Bundesliga vor niemandem verstecken, auch vor England oder Spanien nicht.

SPOX: Ist Fußball-Profi für Sie ein Job, mit dem Sie Geld verdienen und reich werden können - oder macht es neben dem Geld ganz einfach Spaß, zu spielen?

Dzeko: Geld ist bestimmt nicht das Entscheidende. Fußball muss auch immer Spaß machen - und Tore schießen macht sehr viel Spaß, glauben Sie mir! Aber neben dem Platz wird mir zu viel über meine Zukunft spekuliert. Wenn ich sage, dass ich noch nicht weiß, ob ich hier bleibe oder wechsle, dann ist das so. Jeder Fußballer träumt davon, bei einem großen Verein zu spielen. Ich hatte hier jetzt drei tolle Jahre und momentan ist eben noch nicht klar, wie es weitergeht. Wenn es etwas Neues gibt, werde ich es sagen.

Lesen Sie auf Seite 2: Der Vergleich mit Rooney und Co., Felix Magath und Pfiffe

SPOX: Lorenz-Günther Köstner hat nach dem Spiel in Mainz über Sie gesagt: 'Er ist der kommende Weltfußballer.' Hat Ihnen das geschmeichelt oder Sie eher beschämt?

Dzeko: So eine Aussage motiviert mich. Sie ist Ansporn, weiter an mir zu arbeiten und mich jeden Tag zu verbessern. Ich bin ja immer noch jung und man weiß nie, was in der Zukunft passiert.

SPOX: Sehen Sie sich schon als 'kompletten Stürmer' an oder gibt es noch etwas, dass Sie verbessern können?

Dzeko: Alles. Ich kann mich in allen Bereichen verbessern. Schlechter werde ich wohl eher nicht, insofern muss ich nur weiter arbeiten und dann kommt das von allein. Es gibt keinen kompletten Spieler. Es gibt bei jedem Fußballer auf der Welt Dinge, die man noch perfektionieren kann.

SPOX: Mit 45 Toren haben Sie in den letzten zwei Jahren eine Quote von 0,73 Toren pro Ligaspiel. Cristiano Ronaldo hat 36 Tore zu verbuchen (0,67) und Wayne Rooney 38 (0,64). Nur Lionel Messi (0,84) und Gonzalo Higuain (0,79) sind besser als Sie. Willkommen im Konzert der Großen.

Dzeko: Ach, wissen Sie, ich denke nicht so viel über Statistiken nach. Mir ist wichtig, dass ich Tore schieße und damit der Mannschaft helfe, Siege zu erringen. Trotzdem ist das in gewisser Weise auch eine Bestätigung, denn Statistiken lügen nicht.

SPOX: Trotz Ihrer Tore läuft es beim VfL Wolfsburg in dieser Saison nicht wirklich rund. Die Gründe?

Dzeko: Letztes Jahr hat einfach alles geklappt. Zwar hatten wir am Anfang auch ein paar schlechte Spiele, aber in der Rückrunde hat einfach alles funktioniert. So etwas passiert aber nicht jedes Jahr. Wir haben zwar auch in dieser Rückrunde sehr gute Spiele gemacht, aber das reichte nicht, um ganz oben mitzuspielen. Wir haben einfach zu viele Punkte zuhause verschenkt, dort acht Mal verloren, das ist viel zu viel.

SPOX: Und dabei auch immer viele Gegentore kassiert.

Dzeko: Ja, das stimmt. Auswärts war es eigentlich in Ordnung, aber unsere Heimbilanz ist einfach eine Katastrophe. Wenn du so oft zuhause verlierst, ist es schwer, oben dranzubleiben.

SPOX: Wie sehr hat es weh getan, erst so knapp aus der Champions League auszuscheiden und dann gegen Fulham auch aus der Europa League?

Dzeko: Das Aus in der Champions League war bitter, denn wir hatten alles selbst in der Hand und haben dann die beiden letzten Spiele unnötig verloren - selber schuld. In der Europa League waren es bis zum Heimspiel gegen Fulham gute Auftritte. Wir haben in London mit dem 1:2 ein ordentliches Ergebnis erzielt. Aber dann kassierst du im Rückspiel nach 20 Sekunden das Gegentor. Wir hatten dann zwar noch 90 Minuten Zeit, aber es ist schwer, so etwas wegzustecken und das Spiel dann noch einmal umzubiegen.

SPOX: In Mainz wurden Sie neulich gnadenlos ausgepfiffen - Sie haben mit zwei Toren geantwortet und dann die Hände-an-die-Ohrmuschel-Geste gemacht.

Dzeko: Dass ich dort von Anfang an ausgepfiffen wurde, war nicht schön. Ich wollte unbedingt treffen, um zu hören, wie laut die Fans dann noch sind. Aber böse gemeint war das eigentlich nicht.

SPOX: Wie ist das, wenn einen das ganze Stadion auspfeift? Ist das nicht eher ein Ansporn?

Dzeko: Genau so sehe ich das auch. Es war ein Fehler der Fans, mich auszupfeifen, denn die Pfiffe haben mich noch mehr motiviert. Wer weiß, vielleicht hätten wir ohne Pfiffe 0:0 gespielt, aber so wurde ich gereizt und habe dann meine Antwort in Toren gegeben.

SPOX: Wer war eigentlich der Trainer, der Sie am meisten beeinflusst hat?

Dzeko: Ganz klar Felix Magath. Er hat mir die Chance gegeben, in der Bundesliga zu spielen und immer wieder mit mir gearbeitet, um mich zu verbessern. Die zwei Jahre unter Magath waren großartig, fast unglaublich, was wir in dieser Zeit geleistet haben. Er hat jeden Spieler individuell und die Mannschaft als Ganzes kontinuierlich verbessert. Dafür kann ich nur dankbar sein.

SPOX: Auf unserem Portal gibt es montags immer die Alternative Liste des Spieltags und letztes Jahr haben wir darin aufgenommen, dass Ihre Homepage nicht erreichbar war. Dort stand in schlechtem Englisch: "Edin Dzeko is not pay a web hosting". Was war da los?

Dzeko: Ach, was soll ich dazu sagen? Daran stimmt dann wohl genauso viel wie an der Geschichte mit dem Taxifahrer.

Mit Gerard Houllier zum VfL Wolfsburg? Ziege ist interessiert