Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge schließt große Investitionen in den Kader des FC Bayern München aus. Doch was passiert im Tor? Die aktuelle Nummer eins Jörg Butt machte sich vermehrt angreifbar. Beckenbauer verrät die Pläne.
Die Fans von Real Madrid machen schwere Zeiten durch. Barcelona verteilte beim 2:0 im Clasico erneut ein paar Backpfeifen, die vierte Niederlage in Folge gegen den Erzfeind kam auch trotz vier Gegentoren weniger als beim letzten Mal einer Demütigung gleich.
Die Anhänger sind zwiegespalten. Die moderate Fraktion fordert weitere Stars. Der Boss hat's ja. "Game over. Florentino, please insert coin", schrieb ein geistreicher "Marca"-Leser. Die Stänkerer schießen sich auf die Mannschaft ein. "Außer Casillas könnt ihr alle gehen", wurde zum Gassenhauer in den Straßen ums Bernabeu nach dem Clasico.
Auch bei Manchester United wird ein personeller Umbruch erwartet. "Es gibt nicht viele, auf die sich Ferguson verlassen kann: Rooney, Nani, van der Sar. Der Rest ist austauschbar", schrieb die "Sun" nach dem Champions-League-Aus gegen den FC Bayern.
"Müssen nicht groß nachbessern"
Die Torhüter sind heilig bei den Weltklubs in Spanien und England. Beim einzigen Weltklub in Deutschland sind die heiligen Zeiten zwischen den Pfosten passe. Michael Rensing scheiterte kläglich bei dem Versuch, Oliver Kahn adäquat zu ersetzen. Jörg Butt konnte das Vakuum im Bayern-Tor füllen, doch auch der 35-Jährige ist kein Keeper mit Weltklasse-Format.
Der aktuelle Bayern-Kader ist gut besetzt und muss nur in Nuancen verbessert werden. Mit Breno kommt ein großes Innenverteidigertalent zurück, wenngleich seine Rekonvaleszenz nach dem Kreuzbandriss Fragen aufwirft. Toni Kroos hat sich in Leverkusen weiterentwickelt und soll das Offensivspiel der Bayern variantenreicher machen. Louis van Gaal verriet am Samstag in Leverkusen, dass er Kroos als Zehner einplant.
"Ich denke, wir haben eine Mannschaft auf einem hohen Niveau, in der man nicht groß nachbessern muss", sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge der "Welt". 50 Millionen Euro hat der Halbfinal-Einzug in der Königsklasse in die bayrische Kriegskasse gespült.
Rummenigge schloss Reinvestitionen aber aus. "Unser Ziel ist es immer, mindestens eine schwarze Null zu schreiben. Das haben wir durch den Halbfinal-Einzug in der Champions League und den Einzug ins DFB-Pokalfinale geschafft. Wir arbeiten profitabel, aber wir haben einen Kader, der hohe Gehälter hat, die muss man auch erst mal erwirtschaften. Und wir haben in den letzten drei Jahren sehr viel Geld in die Hand genommen."
Kahn vermisst Topniveau im Tor
Laut Sportdirektor Christian Nerlinger soll aber auf jeden Fall ein Linksverteidiger kommen. Bleibt die Baustelle im Tor. Butt liegt in der Bundesliga-Statistik der vereitelten Großchancen unter den Top 3. Den hohen Ansprüchen des FC Bayern genügt er aber nicht. Vor dem Viertelfinal-Rückspiel im Old Trafford forderte Kahn im "Kicker" von Butt "absolutes Topniveau" ein. "Jeder kleinste Fehler kann jetzt Titel kosten", so Kahn.
Butt wurde bei Gibsons Führungstor auf dem falschen Fuß erwischt. Ein Flatterball, den die Butt-Advokaten aber nicht als entlastendes Material anführen können. Butt spekulierte mit einem Schuss ins andere Eck. In Florenz ging ebenfalls das erste Gegentor auf Butts Konto, als er den 30-Meter-Schuss von Marchionni nicht unter Kontrolle bringen konnte.
Es sind die Fehler in den von Kahn angesprochenen entscheidenden Spielen, die Butt angreifbar machen. Die Bayern stärken ihrer Nummer eins dennoch demonstrativ den Rücken. Butts Vertrag wurde um ein weiteres Jahr verlängert. Die offizielle Version lautet: Butt steht auch 2010/11 im Tor.
Beckenbauer verrät Bayern-Pläne
Doch das scheinbar uneingeschränkte Vertrauen in Butt bröckelt. Franz Beckenbauer sagte in "Bild": "Man wird sich auch um einen Torhüter bemühen. Butt spielt eine starke Saison, aber er ist nicht die Zukunft."
Objekt der Begierde ist nach wie vor Manuel Neuer. Mal disktutieren die Bayern den Namen Neuer öffentlich offensiv, mal hinter vorgehaltener Hand. Spätestens 2011 soll der Schalker an die Isar kommen. Die Bayern würden ihn aber gerne schon zur nächsten Saison unter Vertrag nehmen.
Die FIFA-Statuten schränken den Handlungsspielraum ein. Neuer ist noch bis 2012 an Schalke gebunden, offiziell darf kein Klub mit ihm verhandeln, ehe die verbleibende Vertragslaufzeit weniger als ein Jahr beträgt.
Kandidaten aus dem Ausland
Die Bayern haben den Korridor nach geeigneten Kandidaten erweitert. Hartnäckig hält sich der Name Samir Handanovic von Udinese Calcio. Mit in der Verlosung sind Michel Vorm (FC Utrecht), Diego Lopez (FC Villarreal) und Sergio Romero (AZ Alkmaar).
Die Philosophie des Vereins verbietet jedoch die Anstellung eines ausländischen Torhüters. Der Belgier Jean-Marie Pfaff war in den 80er Jahren die Ausnahme. "Bayern will immer den deutschen Nationaltorwart stellen", sagt Kahn.
Der dreimalige Welttorhüter würde mit der Tradition brechen, um auch im Tor Topniveau zu erreichen: "Bayern hat die höchsten Ziele. Wenn du die erreichen willst, brauchst du einen der besten Torhüter der Welt. Die besten sind Buffon, Casillas und van der Sar."
Butt hat Spaß
Butt stellt Kahn lediglich das Prädikat "solide" aus. Der Bayern-Keeper kann sich damit durchaus anfreunden. "Ich bin statistisch der beste deutsche Torhüter, stehe im Halbfinale der Champions League. Das wird bei Bayern als solide gesehen. Eine Herausforderung, die Spaß macht", entgegnete Butt.
Unter van Gaal wurde Butt erst zur Nummer eins, weil Rensing das in ihn gesetzte Vertrauen nicht rechtfertigen konnte. Dem Coach schwebt ein FC Bayern mit den besten Spielern auf allen Positionen vor.
Alex Ferguson drohte vor der Saison 2000/01 mit Rücktritt, sollte es Manchester United nicht gelingen, Kahn, Buffon oder Fabien Barthez zu verpflichten. Noch hat van Gaal kein Ultimatum gestellt. Er kann sich auch auf viele Spieler verlassen. Aber der Torhüter ist austauschbar.
FC Bayern München: Kader, Ergebnisse, Termine