Die "Fans" drehen durch: Im Rahmen der Hannoveraner Frustbewältigung war die Busblockade nach der Pokalpleite in Elversberg noch das Harmloseste, was die 96-Anhänger veranstaltet haben. Die ging nämlich ziemlich friedlich und vernünftig vonstatten, ganz im Gegensatz zum Aufstand kurz zuvor im Stadion. Dort randalierten einige Chaoten, beleidigten die Spieler aufs Übelste und zündeten Rauchbomben.
Sollte es am Samstag gegen Frankfurt die nächste Pleite geben, befürchten einige Spieler schon mehr als bloße Beleidigungen. Sergio Pinto wurde es bereits am Wochenende zu bunt: "Alles was Recht ist, aber die Fans sollen damit aufhören, uns zu beleidigen. Ich bin auch persönlich beleidigt worden, das geht nicht."
Klubboss Martin Kind sprach von einem Imageschaden für den Verein, mit dem man auch viele Sponsoren vergraulen könne. Der Graben zwischen Klub und Fans ist schon vor der Saison groß. In der aktuellen Situation kaum hilfreich.
Slomka vs. Schmadtke vs. Kind: Dass Trainer Mirko Slomka ausgerechnet nach dem Pokal-Aus wieder einmal seine Forderung nach Verstärkungen bekräftige, weil die Mannschaft nicht die nötige Qualität habe, kam beim Vorstand nicht gut an: "Das kann er ja bei einer Niederlage gegen Frankfurt machen, aber doch nicht, wenn man gegen einen Viertligisten ausscheidet", sagte Kind.
Zwar rechtfertigte sich Slomka inzwischen, seine Aussage habe sich nur auf die Bundesliga bezogen, doch dem ohnehin leicht angespannten Verhältnis zu Sportdirektor Jörg Schmadtke hilft die ständige Kritik an der Transferpolitik wohl auch nicht weiter.
"Wir arbeiten daran, den Klub gemeinsam nach vorne zu bringen, aber wir stehen nicht auf dem Marktplatz und demonstrieren Verbundenheit", beantwortet Schmadtke jedenfalls die permanenten Fragen um den angeblichen Dauerzwist schon ziemlich genervt. Und auch Kind flüchtet sich auf der Suche nach Lösungen immer häufiger in Sarkasmus: "Ich könnte Klaus Allofs fragen, ob er zu uns kommt. Aber das macht er nicht, er ist ja vernünftig."
Slomka unter Druck: Die Mannschaft wirkt verkrampft, taktisch ohne klare Handschrift und die Binsenweisheit will es so: Der Trainer ist immer das schwächste Glied. Und wenn es bei einem Klub so läuft wie derzeit bei 96, dann gerät automatisch der Übungsleiter unter Druck. Hannover war schon in den vergangenen Jahren kaum für seine kontinuierliche Arbeit bekannt, und so kann es nicht verwundern, dass selbst in seriösen Medien schon über die Trennung von Slomka spekuliert wird.
Nach einem Krisengipfel am Sonntagabend sagte Kind in Richtung Trainer: "Sollten wir gegen Frankfurt wieder verlieren, wird die Problematik deutlich an Dynamik gewinnen." Bezeichnend: Ein Wettanbieter veröffentlichte am Montag die Quoten auf Trainerentlassungen in der Bundesliga. Rauswurf-Kandidat Nummer eins in der leicht makaberen Liste ist demnach: Mirko Slomka.
Und was macht Hoffnung? Das Hickhack um Mohammed Abdellaoue hat endlich ein Ende. Am Dienstagvormittag meldete 96 Vollzug und holte den Stürmer sofort nach Niedersachsen.
Dessen norwegischer Klub Valerenga IF hatte zuletzt den Preis immer weiter nach oben treiben wollen, weil der 24-Jährige eine überragende Saison spielt - und weil man auch im hohen Norden mitbekommen hatte, wie dringend Hannover einen Knipser braucht.
Zuletzt war von einer Ablösesumme zwischen 600.000 und 700.000 Euro die Rede. Die Verpflichtung von Abdellaoue war eines der wenigen Dinge, bei denen sich Slomka, Schmadtke und Kind einig waren.
"Einige Spieler sind nicht in Form. Das hat uns schon überrascht", hatte Slomka erläutert, wie sehr man nach dem gebürtigen Osloer lechzte. "Es fehlt mir an Entschlossenheit und einer leistungsfördernden Atmosphäre auf dem Platz. Kritisch, aber positiv." Schon gegen Frankfurt soll Abdellaoue den Umschwung einleiten.
Hannover 96: Der niedersächsische Klub im Steckbrief