Nicht nur Johan Audel betritt in Deutschland neues Terrain, auch andersherum ist dies der Fall: Der Stürmer ist außerhalb Frankreichs weitestgehend unbekannt, die Fans des VfB Stuttgart suchen fieberhaft nach Informationen, um ihren Neuzugang einschätzen zu können.
Nicht einmal das Videoportal "Youtube" gibt mehr als zwei, drei kurze Sequenzen her.
Geboren am 12.12.1983 und auch fußballerisch ausgebildet in Nizza an der Côte d'Azur, zog es Johan Audel schon früh in den Norden. Mit lediglich zwanzig Jahren wechselte der Sohn karibischer Einwanderer der Insel Martinique 2004 zum OSC Lille. Bei den Nordfranzosen wollte ihm allerdings zunächst nicht der Durchbruch gelingen, 15 Spiele und zwei Tore standen am Ende zu Buche.
Durchbruch erst in Valenciennes
Nach einem einjährigen Leihgeschäft beim französischen Zweitligisten FC Lorient (30 Spiele, acht Tore) kehrte Audel zurück nach Lille, absolvierte aber lediglich vier Spiele für den OSC. Auf sich aufmerksam machte der 26-Jährige dann nach seinem Wechsel zum FC Valenciennes. 77 Spiele und 23 Tore kann der Linksfuß nach drei Jahren Ligue 1 vorweisen.
Der Transfer nach Stuttgart ging letztendlich schnell über die Bühne, zuvor hat Audel auch mit einem Wechsel in die Premier League nach Fulham kokettiert.
VfB-Sportdirektor Fredi Bobic sieht in ihm einen Wunschspieler: "Johan passt mit seinen Fähigkeiten sehr gut in unser Anforderungsprofil. Wir sind davon überzeugt, dass er sich schnell beim VfB und in der Bundesliga zurechtfinden wird".
Erfahrung und Explosivität
Doch was ist das Anforderungsprofil? Die vorherigen Wunschkandidaten Andre Ayew (20, Olympique Marseille) und Ibrahima Traore (22, FC Augsburg) konnten letztendlich nicht verpflichtet werden - beide sind ausgemachte Flügelspieler. Außerdem sind sie auch noch jünger, Audel ist mit 26 Jahren und schon über 96 Einsätzen in der Ligue 1 durchaus ein erfahrener Mann.
Vielleicht auch ein Kriterium, immerhin sind dem VfB mit Jens Lehmann und Sami Khedira erfahrene Leistungsträger verloren gegangen.
Der Neuzugang aus Valenciennes trumpfte zuletzt im 4-3-3 als Flügelstürmer auf. Seine großen Stärken sind seine Explosivität, sein Antritt und seine Schnelligkeit. All das kann Audel als Flügelstürmer voll entfalten. Er hat zwar in der letzten Saison auch schon im 4-4-2-System als Stürmer im Zentrum agiert, allerdings beraubt man ihn hier seiner Qualitäten.
VfB-Trainer Christian Gross hat mit der Verpflichtung von Johan Audel also wohl eine Flügelposition für die neue Saison besetzt. Im von ihm favorisierten 4-4-2-System mit Doppelsechs dürfte der Linksfuß dann auch auf der linken Seite agieren. Von da aus soll er sowohl die Stürmer mit Flanken füttern, als auch selbst den Abschluss suchen. Im Sturmzentrum werden mit Cacau, der gesetzt sein dürfte, Pavel Pogrebnyak und Ciprian Marica drei Kandidaten um zwei Positionen streiten.
"Johan ist physisch stark und sucht den Weg in den Sechzehner", sagte Christian Gross bei der Vorstellung der neuen Nummer elf des VfB. Außerdem setzt der Trainer auf die Torgefahr des Neuzugangs.
"Wer wäre besser geeignet als Stuttgart?"
In Valenciennes war Audel Leistungsträger und Sympathieträger. Allerdings wollte er den nächsten Schritt machen, sich weiterentwickeln. "Ja, ich habe schon gegen Ende der vergangenen Saison meinen Wunsch geäußert, Valenciennes zu verlassen", bestätigte Audel im Interview mit "L'Equipe".
Der 26-Jährige ist allerdings kein Problemfall, hält sich an die Regeln. Sein Abschied aus Valenciennes war dementsprechend harmonisch, von seiner Seite aber auch Seitens der Fans. In einem abschließenden Interview auf der Vereinshomepage betont der Stürmer: "Ich hatte drei super Jahre, Valenciennes wird immer in meinem Herzen bleiben. Aber nach drei guten Spielzeiten möchte ich etwas anderes entdecken. Wer wäre dafür besser geeignet als Stuttgart?"
Dementsprechend motiviert geht Audel an die neue Herausforderung ran. Bei seinem ersten Pressegespräch in Diensten des VfB betonte der französische Flügelspieler, dass er hoffe, mit dem Team eine gute Saison zu spielen und möglichst viele erfolgreiche Spiele in allen Wettbewerben abzuliefern.
Seine einzige, von den Fans und den Verantwortlichen in Valenciennes immer wieder beklagte Schwäche, ist seine Anfälligkeit für kleinere Verletzungen. Viele, oft muskuläre, Probleme zwangen den schnellen Offensiv-Allrounder immer wieder zu Pausen und brachten ihn öfter aus dem Rhythmus. In Valenciennes sieht man hierin allerdings auch den Hauptgrund, warum man den Neu-Schwaben überhaupt so lange halten konnte.
Kann er diese Probleme in Stuttgart überwinden und seine Stärken einbringen, könnten Gross und Bobic einen wahren Glücksgriff getätigt haben, der mit seinem explosiven Antritt die Bundesliga bereichern kann.