Es waren Kleinigkeiten, die die Stimmung kippen ließen und zu lautstarken Auseinandersetzungen führten. Jermaine Jones jedoch wusste sich nicht anders zu helfen.
"Normalerweise lasse ich die ganzen Aggressionen beim Fußball raus. Nachdem ich aber Woche für Woche nicht spielen konnte, musste ich die Aggressionen zuhause abbauen", sagt Jones mit einem Lächeln, das als Entschuldigung für seine Ehefrau verstanden werden sollte.
"Ich habe mich häufiger mit ihr gestritten, manchmal ging es explosiv zur Sache. Sie ist daher sehr froh, dass ich wieder spielen kann."
Einer der wenigen Lichtblicke
15 Monate musste Jones auf sein Bundesliga-Comeback warten. 15 Monate, in denen er sich wegen eines Haarrisses im linken Schienbein drei Operationen unterziehen musste, sich mit Schalke-Trainer Felix Magath über die richtigen Behandlungsmethoden stritt und die WM-Teilnahme mit den USA verpasste.
Ursprünglich lautete die Diagnose: zwei bis drei Monate Pause.
Doch nach einem äußert komplizierten Heilungsverlauf meldete sich Jones in diesem Sommer wieder einsatzbereit - und gehört seit Saisonbeginn trotz der fehlenden Spielpraxis zur Stammelf. Mehr noch: Jones ist in einer sonst enttäuschenden Mannschaft einer der wenigen Lichtblicke.
Dem 28-Jährigen fehlt aufgrund der langen Pause zwar noch die Spritzigkeit und die Sicherheit im Stellungsspiel, um im defensiven Mittelfeld so dominant aufzutreten wie in der starken Saison 2008/09, als sogar Manchester United auf ihn aufmerksam wurde.
Bereits bei den ersten beiden Bundesliga-Spielen in diesem Jahr war aber bereits ersichtlich, wie wertvoll Jones sein kann. "Wir hätten Jermaine schon in der vergangenen Saison gut gebrauchen können", sagt Magath.
Schalkes Antwort auf van Bommel/Schweinsteiger
Jones kommt demnach auch beim Freitagsspiel in Hoffenheim (20.15 Uhr im LIVE-TICKER) eine Schlüsselrolle zu: Einerseits soll er mit seiner Dobermann-Bissigkeit den Spielaufbau des Tabellenführers humorlos zerstören, andererseits muss er die eigene Offensive mit ankurbeln. Kein anderer Schalker verkörpert diese außergewöhnliche Kombination aus Aggressivität und Dynamik.
Seine Konkurrenten hingegen sind zu durchschnittlich (Kluge), verfügen über wenig Erfahrung (Moritz, Schmitz), waren lange verletzt (Pliatsikas) oder sind gleichfalls blutjung und haben ihre Stärken in der Abwehr (Matip, Papadopoulos).
Jones' Fähigkeiten hingegen passen perfekt zum weniger körperbetonten, dafür aber technisch wesentlich anspruchsvolleren Spielstil von Ivan Rakitic. Beide zusammen könnten sich zumindest perspektivisch zu Schalkes Antwort auf Bayerns Erfolgsduo Mark van Bommel/Bastian Schweinsteiger entwickeln: eine Doppelsechs von internationaler Klasse.
Magath bietet Tausch Jones/Misimovic an
"Ich bin überzeugt: Wenn ich topfit bin, dann gibt es keinen, der mich verdrängen kann", sagte Jones bereits im April. Wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, als er noch nicht einmal joggen konnte.
"In der ganzen Liga sehe ich vielleicht zwei, drei Leute, die mit mir auf meiner Position konkurrieren können. Das weiß ich. Und ich bin sicher, der Trainer weiß das auch."
Umso erstaunlicher, dass Magath nach dem Ende der Wechselfrist freimütig zugab, dem VfL Wolfsburg Jones als Tauschobjekt angeboten zu haben, damit im Gegenzug Zvjezdan Misimovic nach Schalke wechselt. Wolfsburg lehnte ab.
Wechsel zum US-Verband umstritten
Doch was bleibt, ist ein Eindruck, der sich in den letzten Monaten verfestigt hat: das angespannte Verhältnis Magath/Jones. Angefangen hatte es letztes Jahr, als Jones frustriert bekannt gab, zum US-Verband zu wechseln, weil er beim DFB keine Lobby hätte. "Man muss beim DFB immer die Klappe halten, alles befürworten und kuschen. Ich bin ein charakterstarker Kerl, der das ein oder andere anspricht", sagte er damals.
Magath bewertete Jones' Entscheidung hingegen als unüberlegt und voreilig: "Für den Spieler hat diese Wahl Nachteile. Er wird für seine Länderspiele um die halbe Welt reisen müssen. Das steckt man vielleicht zwei, drei Mal weg, aber auf Dauer bleibt davon etwas in den Kleidern hängen. Er wird mehr auf sich achten müssen, mehr Regeneration benötigen."
Jones: "Wir haben alle Fehler gemacht"
Daraufhin folgte die lange Verletzungspause, in der Jones nach eigenen Angaben mehrere Monate lang keinen Kontakt zu Magath oder dessen Trainerstab hatte. "So läuft eben das Profi-Geschäft. Abgesehen von meiner Familie stand ich praktisch alleine da. Wenn man fit ist, wird man gebraucht. Wenn man nicht fit ist, wird man ausgetauscht", klagte Jones noch im April.
Dass es zwischendurch zu einer Auseinandersetzung zwischen Magath und Jones kam, wie das Aufbauprogramm auszusehen hätte, ist ein offenes Geheimnis. So soll Jones unter anderem Vorbehalte gehegt haben, mit Schalkes Konditionstrainer und dem Magath-Vertrauten Werner Leuthard zu arbeiten.
Jones über seinen Ausfall: "Ich gebe da niemandem eine Schuld. Aber wir haben alle Fehler gemacht."
Bankrolle kein Grund zur Klage
Mittlerweile wirkt der früher so impulsive Jones wesentlich geduldiger. Er hätte zwar nie an das Karriereende gedacht, doch angesichts der schwerwiegenden Verletzung scheint er in sich gegangen und eine neue Mitte gefunden zu haben.
Früher betonte er fast schon reflexartig, wie unverzichtbar er doch sei und über welchen Marktwert er verfüge - nun sagt er Sätze wie: "Ich versuche Gas zu geben. Wenn ich nicht spiele, bin ich aber nicht beleidigt."Jones scheint seine Aggressionen tatsächlich abgebaut zu haben.
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