Die jungen Wilden mit Lukas Podolski als Anführer sind die Zukunft des 1. FC Köln, die Ära von Milivoje Novakovic am Geißbockheim scheint dagegen abzulaufen. Den Ex-Kapitän und Torjäger a.D. hatte Trainer Zvonimir Soldo vor seinem abermaligen "Schicksalsspiel" gegen den FC St. Pauli mutigerweise erstmals draußen gelassen.
Dass beim 1:0 (1:0) der erste Saisonsieg der Rheinländer in der Fußball-Bundesliga, die beste erste Halbzeit seit langem und eine starke Leistung von Lukas Podolski folgten, war sicher kein Zufall. Und so könnte Novakovics Verbannung mehr als ein Denkzettel werden.
Vor allem Podolski blühte fünf Tage nach seiner Länderspiel-Gala im selben Stadion gegen Aserbaidschan (6:1) sichtlich auf. Viele Beobachter hatten Neid und Missgunst zwischen den Platzhirschen und Novakovic als "Hemmschuh" für Podolski ausgemacht, als alleinige Spitze und mit der Kapitänsbinde am Arm wirkte der 81-malige Nationalspieler plötzlich wie befreit.
Podolski als Leader
"Ich habe mir die Rolle als Kapitän zugetraut", sagte der 25-Jährige, der sofort ein Lob für die nachrückenden Talente aussprach: "Die Jungen haben Dampf gebracht und Druck gemacht." Das erste Bundesliga-Tor von U21-Nationalspieler Taner Yalcin (17.) bereitete der vielleicht neue Anführer mit einem fulminanten 30-Meter-Schuss an den Pfosten vor.
Den 19 Jahre alten Christian Clemens nahm er vor dessen überraschendem Bundesliga-Debüt in der Startelf symbolisch an der Hand. "Spiel dein Spiel, denk nicht nach", habe er dem Youngster geraten: "Und das hat er gut gemacht."
Auch vor den nach zwei Niederlagen zum Start schon wieder in die Kritik geratenen Soldo stellte sich "Poldi" mit ungewohnt deutlichen Worten. "Es ist zu billig, alles immer auf den Trainer zu schieben", sagte er: "Wir sitzen schließlich alle im selben Boot."
Podolski, den der Druck in der ersten Saison nach der vielumjubelten Rückkehr von Bayern München zu erdrücken schien, gefiel sich sichtlich in der Rolle des Leitwolfs und Führungsspielers. Eine Aufgabe, die Novakovic trotz 52 Ligatoren in vier Jahren nie erfüllt hatte. Die Analyse Yalcins sprach Bände. "Das neue System mit einer Spitze finde ich gut", sagte der 20-Jährige, der nach dem Tor ein Herz formte, "als Dank an meine Mutter".
Novakovic auf dem Abstellgleis?
Ob der 31 Jahre alte Novakovic, den nach dem Spiel kein Medienvertreter zu Gesicht bekam, noch eine Chance auf eine Rückkehr ins Team hat, wollte Soldo nicht beurteilen. "Wir haben erst den 3. Spieltag. Jeder kann sich bis zum Ende der Saison beweisen", meinte der Kroate nur, ließ aber durchblicken, dass es ihm durchaus um "einen Systemwechsel" gegangen sei und stellte danach unmissverständlich klar: "Der Weg mit jungen Spielern ist unser Weg in dieser Saison."
Noch nicht vollzogen ist der Umbruch auf der Torwart-Position. Dass man ihn dort ruhig auch hätte wagen können, bewies am Sonntag der an St. Pauli ausgeliehene Thomas Kessler. Der 24-Jährige war in seinem vierten Bundesliga-Spiel bester Gäste-Spieler und strahlte mehr Sicherheit aus als Platzhirsch Faryd Mondragon (39) auf der Gegenseite.
"Das war ein hochemotionales Spiel", sagte der gebürtige Kölner: "Es ist komisch, als Torwart der gegnerischen Mannschaft herzukommen, wenn man zehn Jahre in diesem Klub gespielt und selbst bei den ganzen Bekloppten in der Kurve gestanden hat." Trotzdem verhinderte er bei einem Podolski-Heber das Tor als Krönung der Leistung seines früheren Teamkollegen."Wir kennen uns eben gut, da habe ich geahnt, was er vorhat", sagte Kessler schmunzelnd.
Dennoch geht der Aufsteiger mit zwei unglücklichen 0:1-Niederlagen in Folge ins Stadtderby gegen den Hamburger SV am Samstag. "Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht daran gewöhnen, in Schönheit zu sterben", sagte Trainer Holger Stanislawski: "Schließlich wird das nächste Spiel ein ganz besonderes."