Papiss Demba Cisse: Der Held der Arbeit

Von Stefan Rommel
Papiss Demba Cisse (l.) hat Freiburg mit seinen acht Saisontoren ins Mittelfeld der Tabelle geschossen
© Getty

Sein Start war holprig, sein erstes Ausrufezeichen in der Bundesliga eher zweifelhafter Natur. Aber jetzt ist Papiss Demba Cisse einer der Senkrechtstarter der Saison. Seine Verpflichtung war ein Wagnis.

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Als er das erste Mal so richtig auffällig wurde, wollte er vor Scham fast im Boden versinken. Papiss Demba Cisse ist ein lieber Junge und ein Musterprofi. Das sagen alle, die mit ihm arbeiten oder ihn besser kennen.

"Er ist angenehm ruhig und sehr freundlich. Jeder in der Mannschaft und im Verein mag ihn sehr", sagt Manager Dirk Dufner.

Aber auch der ehrenwerteste Profi ist nicht gefeit vor Verfehlungen. Also schubste Cisse im Abstiegsduell gegen Hannover 96 zuerst einen Ball auf 50 Zentimetern Entfernung am leeren Tor vorbei und traf später doch noch per Kopf - ins eigene Tor. Endstand: 1:2. Cisse: Der Unglücksrabe.

Viele Tore

Das ist jetzt ein halbes Jahr her. Für den Senegalesen muss es sich wie eine Reminiszenz an eine längst vergessene Zeit anfühlen, auch wenn er zugibt: "Das zu verarbeiten, war nicht einfach. Diese Partie ist mir noch lange in Erinnerung geblieben."

Seitdem hat er aber auch die vielen schönen Dinge des Profi-Daseins genießen können. Den sportlichen Erfolg mit dem SC Freiburg, den Klassenerhalt und seinen ganz persönlichen Aufstieg zum derzeit gefährlichsten Angreifer der Liga.

Nicht nur eifrigen Statistikern fällt schnell auf, dass Cisse bis zum Gastspiel beim FC Bayern mit seinen acht Toren im Alleingang so erfolgreich war wie der gesamte FC Bayern München in dieser Saison. Nach dem 2:4 hat sich das zwar geändert, aber an Cisses toller Form ändert das nichts.

1,5 Millionen - ein Wagnis

Dabei sah es zunächst gar nicht danach aus, als würde Cisse beim SC Freiburg schon nach einem halben Jahr voll durchstarten können. Rund 1,5 Millionen soll er gekostet haben, transferiert an den FC Metz. Für ein Drittel aller Bundesligisten eine geradezu lächerliche Summe, für Freiburg ein großes Wagnis.

"Wenn die Transfersumme bei über einer Million liegt, muss der Schuss für einen Verein wie den SC Freiburg hundertprozentig passen", sagt Manager Dirk Dufner und selbst jetzt merkt man ihm dabei noch einen Rest Unbehagen an, der den Wechsel Cisses begleitete.

Die ersten Wochen und Monate gestalteten sich schwer. Cisse kam in der wegen der WM viel zu kurzen Winterpause, hatte kaum Zeit, sich zu akklimatisieren.

Wobei nicht die neuen Kollegen und das veränderte Umfeld die größten Sorgen bereiteten, sondern der enorm große Sprung aus den Tiefen der zweiten französischen Liga hinein ins grelle Licht der Bundesliga.

Sonderschichten, Sonderschichten, Sonderschichten

"Als ich nach Freiburg kam, war ich nicht so fit. Deshalb war mein Start auch nicht so wie ich ihn mir vorgestellt hatte", spricht Cisse heute offen über seinen holprigen Start. Im Trainingslager diesen Sommer schuftete Cisse dann so viel wie noch nie in seiner Karriere, machte etliche Sonderschichten.

Die Früchte der harten Arbeit erntet er jetzt. "Er hat im athletischen Bereich deutlich zugelegt", sagt sein Trainer Robin Dutt. "Früher war er schnell müde und dann unkonzentriert, konnte nicht über die volle Distanz spielen. Jetzt will er gar nicht mehr runter vom Platz."

"So einen hatten wir noch nie"

Kann er im Moment auch gar nicht. Freiburg spielt bevorzugt in einem 4-1-4-1-System, mit Cisse als Speerspitze. Er wirkt schlaksig, ist aber trotzdem gut am Ball, für Dutts Spielvorstellung ein entscheidender Faktor.

Cisse kann den Ball behaupten oder selbst den Abschluss suchen, ins Dribbling gehen oder einfach lossprinten. Er ist nur schwer auszurechnen und deshalb für den Gegner unangenehm zu verteidigen.

"So einen hatten wir hier noch nie: torgefährlich, technisch stark, mannschaftsdienlich, fleißig. Papiss macht viele Sonderschichten - und oft den Unterschied im Spiel. Dazu kann er in unterschiedlichen Systemen spielen. Das ist auch sehr wichtig für uns", sagt Dufner.

"Es besteht für mich als Stürmer überhaupt kein Anlass, hochnäsig zu sein oder mich als Held zu fühlen. Ich mache einfach das, was meine Position erfordert. Ich mache nur meine Arbeit", sagt Cisse.

"Ich sage mir vor jedem Spiel, dass ich ganz bestimmt ein, zwei Chancen bekommen werde. Auf die muss ich mich konzentrieren. Ich wiederhole für mich ständig: 'Ich muss ihn rein machen, ich muss ihn rein machen'."

Die Angebote werden kommen

Bis 2014 ist sein Arbeitspapier datiert, eine ungewöhnlich lange Laufzeit. Für beide Parteien im Winter aber die einzig akzeptable Lösung.

Freiburg war überzeugt von Cisses Qualitäten, immerhin hatte der Sport-Club den Angreifer im Sommertrainingslager der letzten Saison im Testspiel gegen Metz (1:2, ein Tor von Cisse) live erlebt und seitdem mehrere Male beobachten lassen.

Und Cisse froh über den Wechsel in eine der stärksten Ligen des Kontinents, wenngleich auch zu einem kleinen Klub. Nur wird es über kurz oder lang auch bei Cisse zu jenen Begehrlichkeiten kommen, die der Markt bei erfolgreichen Angreifern mit sich bringt.

"Wenn er so weiterspielt, wird es natürlich Angebote geben, aber wir haben mit ihm einen langfristigen Vertrag abgeschlossen und befassen uns erst mit Angeboten, wenn es soweit ist", sagt Dufner.

Trainer Dutt geht noch einen Schritt weiter. "Wir wollen ihn nicht verkaufen. Aber wenn, dann muss die Summe schwindelerregend sein."

"Die Kanone wäre der Traum"

Noch ist dem aber nicht so weit. Nach einem Viertel der Saison führt Cisse die Torschützenliste zwar an, an den Gewinn der Krone will er aber noch gar nicht so recht denken.

"Die Torjägerkanone wäre der absolute Traum. Aber wichtiger ist es, viele Punkte zu holen. Und das wird funktionieren, wenn ich weiter so treffe."

Dafür gibt es aber noch allerhand zu tun, weil von nichts auch nichts kommt. Mit Fleiß ist aber vieles möglich.

"Wer viel arbeitet, wird auch belohnt", ist sein Motto. "Und solange ich morgens noch aufstehen kann, kann ich auch arbeiten."

Papiss Demba Cisse im Steckbrief