Frage: Herr Neustädter, kann man von einem hart erkämpften Sieg gegen den Tabellenführer sprechen?
Neustädter: Das kann man schon so sagen. Dortmund hat in Halbzeit zwei sehr viel Druck gemacht. Nichtsdestotrotz haben wir gut dagegengehalten. Die Konter hätten wir etwas besser ausspielen können. Aber das interessiert hinterher keinen mehr. Wir sind froh, dass wir die drei Punkte geholt haben. Es tut sehr gut, dass wir den letzten Platz verlassen haben.
Frage: Wie wichtig ist es für die Psyche, nicht mehr Letzter zu sein?
Neustädter: Für den Kopf ist das sehr wichtig. Wir haben über mehrere Spieltage hinweg unten gestanden. Drei Spieltage vor Schluss sind wir wieder im Rennen. Natürlich sind wir abhängig von der Konkurrenz, aber normalerweise hat uns das nicht zu interessieren. Wenn wir noch sieben Punkte holen, dann kommen wir mindestens auf den Relegationsplatz.
Frage: So ganz nebenbei hat Gladbach auch das Meisterrennen nochmal spannend gemacht.
Neustädter: Nein, das denke ich nicht. Ich sehe Dortmund als Meister!
Frage: In den Spielen unter Michael Frontzeck hat Gladbach sehr oft gut mitgehalten, aber unnötig Punkte hergeschenkt. Seit Lucien Favre am Ruder ist, hat man den Eindruck, dass konzentrierter zu Werke gegangen wird.
Neustädter: Man hat in den letzten Heimspielen gesehen, dass wir sehr konzentriert sind - auch nach der Pause. Diesmal war es auch besser als gegen Köln, denn wir haben nicht direkt ein Tor kassiert.
Frage: Dennoch muss man zugeben, dass Dortmund zahlreiche Großchancen liegen gelassen hat.
Neustädter: Natürlich haben wir ein paar Chancen zugelassen. Aber das ist normal. Dortmund hat eine hohe spielerische Klasse. Es wird bei uns von Woche zu Woche besser. Dabei war klar, dass wir etwas Zeit benötigen, um die Philosophie des Trainers umzusetzen. Mittlerweile macht sich Favres Philosophie bezahlt.
Frage: Stichwort Philosophie: Favre hat laut Aussage einiger Spieler eine ganz andere Spielauffassung als sein Vorgänger. Während Frontzeck mehr auf Zweikämpfe Wert legte, achtet Favre mehr auf die Technik. Wie wird das im Training und in der taktischen Besprechung erarbeitet?
Neustädter: Ein Aspekt ist beispielsweise, dass ein Sechser sich immer fallen lässt. In der Zone vor der Abwehr versuchen wir Überzahl zu schaffen, so dass wir auch spielerisch agieren können. Schließlich können wir ja nicht immer nur lange Bälle nach vorne schlagen.
Frage: Wie weit ist die Mannschaft schon hinsichtlich der Umsetzung seiner taktischen Vorgaben?
Neustädter: Die Mannschaft wird von Spiel zu Spiel sicherer. Wir trauen uns alle mehr zu. Der Trainer betont auch immer wieder, dass wir von hinten heraus mehr Fußball spielen müssen. Dabei muss es egal sein, gegen welchen Gegner es geht. Insgesamt schauen wir weniger auf den Gegner, sondern versuchen unser eigenes Spiel stärker durchzubringen.
Frage: Welche Bedeutung hatte der Trainerwechsel für Sie persönlich? In der Hinrunde unter Frontzeck waren Sie meistens Ersatz. Lucien Favre hält hingegen große Stücke auf Sie.
Neustädter: Was soll ich dazu sagen? Auf diese Frage kann ich eigentlich keine Antwort geben. Unter Frontzeck hatte ich bereits Einsätze in der Rückrunde und mache jetzt weiter meine Spiele.
Frage: Der Klassenerhalt nimmt immer realistischere Züge an. In der Euphorie vergisst man da schnell, dass das Restprogramm knüppelhart ist. Mit Hannover wartet auswärts direkt die nächste Spitzenmannschaft.
Neustädter: Das stimmt, aber heute war es auch hart. Wir haben ein gutes Gefühl und werden uns jetzt erst einmal ausruhen. Wir müssen das Spiel gegen Hannover genauso angehen wie die Spiele in München und Mainz. Man hat heute gesehen, dass jeder Gegner zu schlagen ist, wenn man als Mannschaft gut funktioniert, hinten die Räume zumacht und sich vorne Chancen erspielt.
Roman Neustädter im Steckbrief