Vermouth: "Ein Tribut an Cruyff und Papa"

Von Interview: Philipp Dornhegge
Gil Vermouth wechselte im Sommer von Hapoel Tel Aviv zum 1. FC Kaiserslautern
© Imago

In Israel ein Star, in Deutschland noch weitgehend unbekannt: Trotzdem ist Gil Vermouth nach seinem Wechsel von Hapoel Tel Aviv die Spielmacherhoffnung des 1. FC Kaisersalutern. Nach einer Leistenoperation schuftet der 25-Jährige derzeit für sein Comeback. Im SPOX-Interview spricht der Israeli über die deutsche Mentalität, seine Spielweise und die Geschichte hinter seiner Trikotnummer 14.

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SPOX: Herr Vermouth, wie geht es Ihnen nach Ihrer langen Verletzungspause?

Gil Vermouth: Ich fühle mich sehr gut. Am Ende der letzten Saison musste ich mich an der Leiste operieren lassen. Danach hatte ich viel zu viel mit Ärzten zu tun. Zuletzt war ich drei Wochen in der Reha, und am Sonntag habe ich endlich die Erlaubnis bekommen, wieder ins Training einzusteigen.

SPOX: Wie lange wird es jetzt noch dauern, bis Sie fit genug sind, Ihr erstes Spiel für den FCK zu machen?

Vermouth: Das weiß ich nicht. Ich muss jetzt erstmal schauen, dass ich die Trainingseinheiten ohne Probleme überstehe und dass ich den Rückstand auf meine Kollegen aufhole. Alles Weitere entscheidet der Trainer.

SPOX: Haben Sie während Ihrer Pause Zeit, das Land schon ein bisschen kennenzulernen?

Vermouth: Das ganze Land natürlich nicht. (lacht) Aber ich war in Saarbrücken, Frankfurt, Mannheim. Ein paar Städte habe ich also schon gesehen.

SPOX: Was wussten Sie vorher über Deutschland?

Vermouth: Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich in Deutschland bin! Als ich mit 17 in mein erstes Profijahr gegangen bin, hatten wir mit Hapoel Haifa ein Trainingslager in Deutschland. Zuletzt habe ich mit Tel Aviv in der Champions League auf Schalke gespielt, davor in der Europa League in Hamburg.

SPOX: Aber hatten Sie bei diesen Besuchen Zeit, mit den Leuten in Kontakt zu treten?

Vermouth: Das nicht so sehr, das stimmt. Aber da bin ich auch jetzt noch etwas zurückhaltend. Das wird sicher kommen, wenn ich die Sprache besser beherrsche. Bisher habe ich vor allem mit den Leuten aus dem Verein zu tun.

SPOX: Sie sind also schon dabei, Deutsch zu lernen?

Vermouth: Ich habe diese Woche angefangen! Für mich gehört es einfach dazu, dass man die Sprache lernt, wenn man in ein fremdes Land kommt.

SPOX: Auch wenn Sie noch nicht viele Deutsche kennen: Haben Sie schon Unterschiede zu den Menschen in Israel feststellen können?

Vermouth: Die Mentalität ist schon sehr anders. Die Israelis sind sehr heißblütige Menschen, das könnte am heißeren Klima liegen. (lacht) In Deutschland erlebe ich die Leute als sehr entspannt, sehr höflich und sehr geduldig.

SPOX: Mit Itay Shechter ist ein zweiter Israeli mit Ihnen zum FCK gewechselt. Wie wichtig ist das für Sie?

Vermouth: Er ist schon eine wichtige Bezugsperson. Wir haben im letzten Jahr viel darüber geredet, dass wir gerne in eine europäische Topliga wechseln würden. Das war unser beider Wunsch. Dass wir jetzt auch noch beim gleichen Klub spielen, hätten wir uns kaum träumen lassen. Aber es hat uns beiden die Entscheidung zusätzlich erleichtert, in Kaiserslautern zu unterschreiben.

SPOX: Sie haben sich also viel ausgetauscht während der Verhandlungen?

Vermouth: Aber sicher! Itay ist ein sehr guter Freund, wir machen auch privat sehr viel gemeinsam. Als Stefan Kuntz in Israel war, haben wir uns ebenfalls immer gemeinsam mit ihm unterhalten.

SPOX: Ihre Freundschaft könnte für den FCK auch auf dem Platz ein Segen sein.

Vermouth: Das hoffe ich! Wir verstehen uns wirklich fast blind, deshalb wäre es schön, wenn wir so viele Spiele wie möglich gemeinsam auf dem Platz stehen könnten.

SPOX: Was erwartet der Trainer von Ihnen, welche Rolle werden Sie spielen?

Vermouth: Ich weiß, dass Kaiserslautern im letzten Jahr verschiedene Systeme gespielt hat, manchmal im 4-2-3-1 mit einem zentralen offensiven Mittelfeldspieler und manchmal im 4-2-2-2 ohne echte Zentrale. Mir ist beides recht, ich fühle mich in der Mitte genauso wohl wie auf dem Flügel. Ich will Marco Kurz zeigen, dass er auf mich zählen kann, damit er mich in der Startelf bringt. Egal auf welcher Position.

SPOX: Es gab Berichte, dass andere Teams wie Nürnberg oder Benfica Lissabon auch Interesse an Ihnen hatten. Warum haben Sie sich für den FCK entschieden?

Vermouth: Zunächst mal genießt die Bundesliga in Israel einen sehr guten Ruf, insofern lag darauf schon mal der Fokus. Dann muss ich sagen, dass sich kein Team so ernsthaft und vehement um mich bemüht hat wie Kaiserslautern. Und wie erwähnt: Als klar war, dass auch Itay ein Angebot vom FCK hat, fiel mir die Entscheidung sehr leicht. Zumal der Mythos Betzenberg auch in meiner Heimat gut bekannt ist.

SPOX: Trotz dieses Mythos' hatte Kaiserslautern in der Vergangenheit finanzielle Probleme und spielte zeitweise in der 2. Liga. Was für eine Platzierung erwarten Sie in Ihrem ersten Jahr?

Vermouth: Es gibt 18 Teams in der Bundesliga, oder? (lacht) Alles von Platz 12 aufwärts wäre eine gute Saison.

SPOX: Wenn es doch eng werden sollte, könnte Ihre Erfahrung aus Israel dann weiterhelfen? Sie kennen sich aus Ihrem ersten Profijahr bei Haifa mit dem Abstiegskampf aus.

Vermouth: Ohne Frage wird es eine schwere Saison, darüber ist sich hier jeder im Klaren. Ob meine Erfahrung wichtig sein könnte: vielleicht. Aber für mich ist die Bundesliga ein neues Abenteuer, da muss ich mich auch erstmal zurecht finden. Das Entscheidende, egal wie die Saison läuft, ist aus meiner Sicht, dass wir nicht verkrampfen. Fußball soll doch Spaß machen, genau wie das Leben Spaß machen soll. Wenn wir zu verbissen sind, stehen wir uns nur selbst im Weg.

SPOX: Apropos Lockerheit: Nachdem Sie Ihre Mitspieler inzwischen ganz gut kennen gelernt haben, mit wem werden Sie auf dem Platz am meisten Spaß haben?

Vermouth: Wir verstehen uns alle sehr gut, die Mannschaft ist wie ein großer Freundeskreis. Aber klar: Mit Itay bin ich noch vertrauter. Und ich freue mich auf Ivo Ilicevic. Ein super Fußballer.

SPOX: Da können Sie aber wohl mithalten. Es heißt, dass Sie in Ihrer Heimat als der "Iniesta Israels" verehrt werden. Was sagen Sie dazu?

Vermouth: Wow, das höre ich zum ersten Mal. Das ist natürlich ein riesen Kompliment, aber ich würde mich niemals auf eine Stufe mit einem so großen Spieler stellen wollen. Von der Spielweise ähneln wir uns vielleicht: Ich sehe mich als ballsicheren Spieler mit gutem Tempodribbling. Ich setze gerne meine Mitspieler ein, treffe ab und an aber auch selbst das Tor. Trotzdem bewege ich mich nicht auf dem Niveau eines Iniesta.

SPOX: Die Bundesliga ist neu für Sie, aber Europa kennen Sie aus Ihrer Zeit in Gent. Was ist schief gelaufen, dass Sie nach nur einem Jahr zurück nach Tel Aviv wechselten?

Vermouth: Da gibt es mehrere Gründe. Ich bin nach Belgien gegangen, weil der damalige Präsident mich unbedingt verpflichten wollte. Dann hat sich herausgestellt, dass der Trainer überhaupt keine Ahnung hatte, wer ich bin und was er mit mir anfangen soll. Das hat dazu geführt, dass ich manchmal spielen durfte, dann wieder nur auf der Bank saß. Mit damals 22 Jahren wusste ich damit nicht umzugehen. Und die belgische Liga ist ungefähr auf dem gleichen Niveau wie die israelische. Da habe ich mich schon gefragt: Was soll ich hier noch? Zumal Tel Aviv auch noch international spielte.

SPOX: Über Tel Aviv haben Sie sich in den letzten Jahren auch in der Nationalmannschaft Israels etabliert. Wird Ihnen der Wechsel nach Deutschland weitere Pluspunkte bringen?

Vermouth: Wann immer ein Israeli in eine gute europäische Liga wechselt, hilft ihm das in der Nationalmannschaft. Aber dieses Jahr sind so um die zehn Spieler nach Europa gekommen: Wir haben jetzt Israelis in Deutschland, in Frankreich, in Italien, in Belgien usw. Es bleibt also im Hinblick auf die Nationalmannschaft ein enges Rennen. (lacht)

SPOX: In Kaiserslautern tragen Sie, wie zuvor in Tel Aviv, die Nummer 14 auf dem Trikot. Hat diese Nummer eine spezielle Bedeutung für Sie?

Vermouth: Mein Vater war früher ein riesiger Johan-Cruyff-Fan. Für ihn war er der beste Fußballer aller Zeiten. Deshalb habe ich, als ich zum Fußball kam, die 14 als Nummer gewählt - und dabei ist es bis heute geblieben. Es ist also quasi gleichzeitig ein Tribut an Johan Cruyff und an meinen Vater. (lacht)

Der 1. FC Kaiserslautern im Steckbrief

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