Nach dem missglückten Start in die Rückrunde waren beim FC Bayern München in den letzten Tagen ungewohnt kritische Töne zu vernehmen. Karl-Heinz Rummenigge kritisierte die Einstellung der Profis, Mario Gomez die generelle Spielanlage der Mannschaft.
Jetzt hat Trainer Jupp Heynckes auf die Aussagen für seine Verhältnisse recht deutlich reagiert. In einem Interview mit der "Bild" bemängelt Heynckes die Arbeitsauffassung einzelner Spieler.
Über die Schmerzgrenze hinweg gehen
"Die Mannschaft muss lernen und verstehen, dass es heute nicht genügt, überragende Fähigkeiten zu haben. Jeder muss bereit sein, wieder über die Schmerzgrenze hinweg zu gehen", sagte der 66-Jährige.
"Beim FC Bayern herrscht ein extremes Anspruchsniveau. Verlieren ist verpönt, ist nicht akzeptabel. Hier muss man sich jede Woche hoch motivieren und wirklich alles aus seinem Körper herausholen. Ich bin sicher, dass einige gedacht haben: ‚Das geht von selbst. Wir haben überragendes Können, überragende Einzelspieler.' Aber beim FC Bayern darf man sich nie zurücklehnen. Es ist meine Aufgabe, das den Spielern zu vermitteln. Nicht nur diese Woche, sondern bis Ende Mai."
Wird der FC Bayern deutscher Meister? Jetzt die Saison zu Ende tippen!
"Kinkerlitzchen, unprofessionell"
Aktionen wie die von Breno, der sich via Twitter über seinen Einsatz bei der zweiten Mannschaft beschwert hatte oder Anatolji Tymoschtschuk, der vor dem Gladbach-Spiel ein Bild aus der Bayernkabine gepostet hatte, seien dafür kontraproduktiv.
"Ich halte nichts von Verboten oder Strafen", so Heynckes. "Aber die Spieler wissen, dass sie das einschränken müssen. Es geht auch nicht, dass man vor einem Spiel Fotos macht oder machen lässt - wie Tymoschtschuk - und ins Netz stellt. Das sind Kinkerlitzchen, das ist unprofessionell."
In punkto Arbeitsauffassung deckt sich Heynckes' Meinung mit der von Rummenigge, der in der Stadionzeitung "Bayern-Magazin" schrieb: "Man konnte den Eindruck gewinnen, dass uns mit Leidenschaft, Biss, Aggressivität und Wille wichtige Attribute des Fußballs gefehlt haben."
Reaktion auf Gomez-Kritik
Am Mittwoch legte dann Gomez im Rahmen des Pressegesprächs an der Säbener Straße nach. "Unser Spiel ist brutal auf Ballbesitz ausgelegt. Wenn man aber 0:1 hinten liegt und der Gegner steht mit zehn Mann am eigenen Sechzehner, dann bringt einem der Ballbesitz an der Mittellinie nicht viel", sagte Gomez.
"Vielleicht müssen wir nach vorne mehr Risiko gehen, noch öfter den Abschluss suchen. Das haben wir nicht getan. Wir haben immer versucht zu spielen, zu spielen, zu spielen und sind nicht richtig vors Tor gekommen. Wir müssen nach Lösungen suchen. Es ist kein Zufall, dass wir in Spielen wie gegen Mainz, Dortmund und zweimal gegen Gladbach nicht mehr zurückkamen. Außer beim Spiel in Mainz hatte ich nicht das Gefühl, dass wir dazu noch Möglichkeiten haben."
Die indirekte Kritik am Spielsystem und damit auch an seiner Person konterte Heynckes prompt. "Ich erinnere daran, dass wir mit dem bisherigen System sehr gut und vor allem sehr erfolgreich gespielt haben."
Heynckes mahnt Defensivarbeit an
Generell habe die Mannschaft die Bereitschaft verloren, wieder konsequent in der Defensive zu arbeiten - wie im Frühherbst, als die Bayern acht Bundesligaspiele am Stück ungeschlagen und ohne Gegentor geblieben sind.
"Wir müssen die Fehlerquellen minimieren. Wir müssen cooler und konzentrierter sein im Abschluss. Entscheidend ist aber, dass die Mannschaft wieder mehr nach hinten arbeitet und robuster in die Zweikämpfe geht", so Heynckes.
Kein Bedarf an Wintertransfer
Trotz der Verletzung von Daniel van Buyten sieht der Trainer keine Veranlassung mehr, vor Ende der Wechselperiode am 31. Januar auf dem Transfermarkt tätig zu werden.
"Ich bin ich der Meinung, dass wir jetzt keinen Spieler verpflichten sollten. Ich habe noch nie erlebt, dass man im Winter richtig gute Transfers tätigt. Wir werden jetzt keinen Spieler mehr holen. Van Buytens Ausfall können wir kompensieren."
In erster Linie will Heynckes auf Jerome Boateng als Van-Buyten-Ersatz in der Innenverteidigung setzen. Dem Coach schweben aber auch andere Modelle vor.
"Auch Luiz Gustavo oder Anatolij Tymoschtschuk können diese Position spielen. Und - auch wenn Sie das jetzt überrascht - Breno. Er hat in der Vorbereitung gut trainiert, ist ein unbequemer Gegenspieler. Fragen Sie mal Mario Gomez."
Das ist Bayerns Kader