Die Sphinx der Bundesliga

Von Haruka Gruber
Ryan Babel schaut unzufrieden drein
© Getty

Die Bundesligisten bereiten sich auf die Rückrunde vor. In den Tagen vor dem Start in die zweite Saisonhälfte beleuchtet SPOX alle 18 Klubs. Dieses Mal: 1899 Hoffenheim.

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So lief die Vorrunde

17 Spiele lang hatte Hoffenheim Zeit, sich der Bundesliga zu offenbaren. Statt Antworten zu geben, warf die Mannschaft jedoch stetig neue Fragen auf: Warum fand sie schleppend in die Saison? Warum explodierte sie plötzlich und gewann vier von fünf Partien? Warum brach sie daraufhin genauso unvermittelt wieder ein und gewann nur noch eine von den folgenden neun Partien?

Die Seltsamkeit der Hoffenheimer ließ sich am besten an den Aussagen des im Sommer verpflichteten Trainers Holger Stanislawski illustrieren: In der Hochphase kritisierte er über die Maßen seine Spieler, in der Tiefphase nahm er sie unverhältnismäßig stark in Schutz - nur um nach weiteren Wochen der Stagnation wieder auf sie zu schimpfen.

Das war gut

Stanislawski zeigte Erfindergeist und führte in Hoffenheim das radikale 4-2-4-0 ein. Die perfekte Grundordnung für eine Mannschaft, in der die meisten Offensivspieler ohnehin den Positionswechsel bevorzugen. So zeigte 1899 in den Anfangswochen neben den Bayern den schönsten Fußball - unberechenbar und technisch auf höchstem Niveau. Was lediglich fehlte, war die Effizienz im Abschluss.

Die Spielanlage erwies sich als ideal für die Neuzugänge: Die variablen Daniel Williams und Fabian Johnson kamen zentral wie auch auf beiden Flügeln offensiv wie defensiv zum Einsatz, wovon vor allem Johnson profitierte (7 Assists). Auch Knowledge Musona gefiel als Belebung auf beiden Flügeln.

Und: In der schwierigen Endphase der Hinrunde traten zwei Spieler hervor. Vedad Ibisevic verhinderte nach seiner Genesung mit fünf Toren in sechs Startelf-Einsätzen ein Abrutschen des Vereins in das untere Tabellendrittel. Außerdem erbrachte der erst 19-jährige Däne Jannik Vestergaard den Beweis der Bundesliga-Tauglichkeit.

Das muss besser werden

Hoffenheim ist die Sphinx der Liga - und sich offenbar selbst ein Rätsel. Die Qualität der Mannschaft mag offensichtlich sein, die zwischenmenschlichen Sorgen sind es jedoch auch. Gylfi Sigurdssons überraschende Flucht und Stanislawskis kühle Verabschiedung bedürfen genauso einer Erklärung wie das fehlende Selbstvertrauen bei Kapitän Andreas Beck und dem anfangs noch überragenden Sebastian Rudy.

Genauso auffällig: Die Stagnation vieler Talente wie Isaac Vorsah, Peniel Mlapa, der erwähnte Rudy und Sven Schipplock. Denis Thomalla, seit zwei Jahren als die größte Offensivhoffnung gepriesen, wird die Rückrunde komplett nur bei der zweiten Mannschaft verbringen.

Wenig förderlich, dass während der Hinrunde Gerüchte aufkamen, wonach die Zusammenarbeit zwischen Stanislawski und Manager Ernst Tanner angespannt verlaufen würde. Dies wurde von beiden vehement dementiert, doch was in Erinnerung bleibt, sind die unterschiedlichen Aussagen zu den verschiedensten Themen: Stanislawski plädierte für eine sofortige Verpflichtung von 1860-Stürmer Kevin Volland, Tanner war dagegen. Stanislawski sprach über die Vorzüge von Tobias Weis, Tanner teilte diesem die Trennung im Sommer mit. Stanislawski kritisierte das Verhalten der Fans, Tanner nahm diese in Schutz.

Spieler im Fokus

Ryan Babel. Hoffenheim gleich Babel, Babel gleich Hoffenheim: Der Niederländer ist die Verkörperung aller positiven und negativen Eigenschaften des Teams, denn seine fußballerische Begabung geht einher mit einer für einen Spieler seiner Kategorie unerhörten Inkonstanz.

Stanislawski versuchte anfangs mit viel Lob ("Auf Augenhöhe mit Ribery und Robben"), zu ihm durchzudringen, nun folgte vor dem Rückründen-Start die rhetorische Kehrtwende: "Ihm packe ich mehr auf die Schultern als den anderen. Bei seinen Qualitäten muss er diese Last auch tragen können."

Prognose

Ein Rückstand von 4 Punkten zum ersten Europa-League-Platz, ein Vorsprung von 6 Punkten zum Relegationsplatz: Hoffenheim wird auch die Rückrunde über im nichtssagenden Mittelfeld verweilen.

Die Mannschaft gehört gemessen am Talent ins obere Drittel, wenig erbaulich ist hingegen aber, dass 1899 aufgrund von Sperren, Verletzungen und des Afrika Cups nur mit einem gelernten Innenverteidiger (Vestergaard) in die Rückrunde geht.

Für die Stimmung innerhalb des Teams von großem Belang wird es außerdem sein, inwiefern Tanner die offenen Personalien zu klären bereit ist. Die ab Sommer vertragslosen Sejad Salihovic und Weis äußerten ihren Unmut über die Handhabe des Vereins.

Beide sind sportlich von großem Wert, aber beide sind auch kostspielig. Die Pro- und Contra-Argumente halten sich die Waage - wie bei so vielem in Hoffenheim.

1899 Hoffenheim: Der Kader im Überblick