So lief die Hinrunde
Werder hat nach der schlechten vorigen Saison den Anschluss nach oben wiederhergestellt. Im Sommer hatte Geschäftsführer Klaus Allofs eine Zweiklassengesellschaft in der Bundesliga prophezeit, entweder spiele man oben mit oder gegen den Abstieg. Bremen hat sich für die entspannte Variante entschieden und ist oben dabei.
Trainer Thomas Schaaf hat seiner Mannschaft einen neuen, alten Kurs verordnet, ist wieder zur Raute im Mittelfeld zurückgekehrt und liegt damit bisher auch richtig. Werder hat bei lediglich acht Heimspielen schon 21 Punkte geholt und ist damit im Schnitt die beste Heimmannschaft der Liga. Dem steht allerdings eine gruselige Auswärtsbilanz von nur acht Punkten aus neun Spielen und 22 Gegentoren gegenüber.
Die Mannschaft lieferte einige sehr ansehnliche Spiele ab, um dann nur eine Woche später völlig aus dem Ruder zu laufen. Fast scheint es, als wäre das Team zu schnell satt, gebe sich mit einem guten Spiel bereits zufrieden.
Ebenfalls ungewöhnlich: Mit Wiese, Arnautovic, Hunt (alle glatt Rot), sowie Sokratis (Gelb-Rot) flogen bereits vier Spieler vom Platz.
Trainer Schaaf: "Im optimalen Fall hätte mehr rausspringen können. Wir dürfen aber nicht vergessen, wie die letzte Saison verlaufen ist. Da ist viel Selbstverständnis in unserem Spiel verloren gegangen. Dass wir jetzt wieder auf einem erfolgreichen Weg sind, ist die wichtigste Erkenntnis."
Allerdings: Im Testspiel gegen Zweitligist Hansa Rostock setzte es eine 0:3-Niederlage, die vor allem bei Geschäftsführer Klaus Allofs für richtig schlechte Laune sorgte.
Das war gut
Die Grüppchenbildung innerhalb der Mannschaft wurde eingedämmt. Die Abläufe zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen funktionieren wieder besser, wenngleich auch nicht immer reibungslos.
Wichtige Spieler wie Clemens Fritz oder mit Abstrichen Aaron Hunt haben aus ihrem Leistungsloch gefunden, Marko Arnautovic zeigt mittlerweile zumindest in einigen Spielen sein großes Potenzial. Über allen spielerischen oder mannschaftstaktischen Verbesserungen stehen aber die Personalien Naldo und Claudio Pizarro.
Naldo ist Bremens überragender Abwehrspieler, an seiner Seite richten sich teilweise fahrige Kollegen wie Andreas Wolf oder Sebastian Prödl auf. Die starken Leistungen des Brasilianers nach langer Verletzungspause übertünchten so manche Defensivschwäche.
Pizarro ist mit zwölf Treffern und 17 Scorerpunkten die Allzweckwaffe im Sturm und auch im fortgeschrittenen Alter der wichtigste Einzelspieler im Kollektiv. Einen längeren Ausfall des Peruaners könnte die Mannschaft wohl nur schwer verkraften.
Trainer Schaaf versucht immer wieder, jungen Spielern aus der eigenen U 23 Einsatzzeiten zu geben - was in den letzten Jahren nur bedingt so war. Die Problemstellen hinten links und rechts konnten mit guten Transfers (Sokratis, Schmitz, Ignjovski) geschlossen werden.
Das muss besser werden
Die Auswärtsschwäche ist frappierend, dazu kommt, dass Werder gegen die Großen der Liga regelmäßig böse unter die Räder kommt. In diesen Spielen klaffen Anspruch (zumindest einiger Spieler) und Realität doch enorm weit auseinander.
Kaum zu erklären ist, dass sich die Mannschaft in den Auswärtsspielen wie schon seit gefühlten Ewigkeiten immer wieder nach demselben Muster auskontern lässt und bisweilen amateurhafte Fehler macht. Der Mannschaft fehlt es dann an Standfestigkeit, die Aufgabenverteilung innerhalb des Teams passt nicht mehr. Stattdessen lässt sie sich zu leicht vorführen und letztlich auch abschießen.
Hinter Pizarro kommt zu wenig, Rosenberg (fünf Tore) und Hunt (drei) sind dabei noch Bremens torgefährlichsten Spieler. Ein zweiter Stürmer neben dem Peruaner hat sich immer noch nicht etabliert. Ein Problem stellt oft auch die Kreativzentrale dar. Marko Marin ist nicht der Spieler fürs Zentrum hinter den Spitzen, Zugang Mehmet Ekici blieb bisher weit hinter den Erwartungen zurück.
Die Disziplinlosigkeiten sollten schnell abgestellt werden, die damit verbundenen langen Sperren haben der Mannschaft und dem jeweiligen Spieler in seiner Entwicklung (Arnautovic, Hunt) ziemlich geschadet.
Spieler im Fokus
Mehmet Ekici ist bisher nicht in Bremen angekommen. Der Regisseur war erst verletzt, fand dann nicht zu seiner Form. Für die relativ teure Ablöse hatten sich die Verantwortlichen mehr versprochen.
Immerhin ist der Spieler selbstkritisch genug, seine bisherigen Leistungen auch richtig einzuordnen. "Es war vieles neu für mich. Kollegen, Spielsystem, Laufwege. Dazu kam eine Verletzung in einer wichtigen Phase der Vorbereitung. Aber darauf will ich jetzt nichts mehr schieben. Ich bin lange genug bei Werder, um jetzt voll anzugreifen", sagte er vor einigen Wochen.
Ekici hat die Vorbereitung ohne größere Probleme absolviert und soll jetzt die bestimmende Figur in der Offensivzentrale werden.
Prognose
Werder liegt derzeit auf Rang fünf - sollte das bis zum Saisonende so bleiben, wären die Verantwortlichen recht zufrieden. Dafür muss die Mannschaft aber schnell ihre Inkonstanz ablegen und von langwierigen Verletzungen wichtiger Spieler verschont bleiben.
Der Druck von hinten (Leverkusen, Hannover, Stuttgart) ist nicht besonders groß, den Konkurrenten, die derzeit hinter Werder liegen, fehlt es ebenfalls an Konstanz. Nach oben dürfte allerdings nur bei einem wirklich optimalen Saisonverlauf noch etwas gehen.
Dafür sind die Champions-League-Plätze ein gutes Stück entfernt und vor allen Dingen die Mannschaften davor bisher zu ausgeglichen, als dass eine längere Schwächephase zu erwarten wäre.
Werder Bremen: Der Kader