Boris Notzon: Die Kandidatenliste für die Finke-Nachfolge beim 1. FC Köln ist so lange wie prominent. Zu den etwas unbekannteren Varianten zählt Boris Notzon, Chef der Scouting-Abteilung und des SportsLabs. Der 32-Jährige wäre eine vermeintlich "kleine Lösung", doch einiges spricht für ihn: Er kennt die vereinsinternen Strukturen, hat mit Transfers wie dem von Geromel Kompetenz bewiesen und dürfte wesentlich kostengünstiger sein als die anderen Kandidaten. Mit dem Aufbau des SportsLabs zeigte er, dass er eine Vision verfolgen und in die Tat umsetzen kann. Und: Geschäftsführer Horstmann, der mächtige Verwaltungsrat-Boss Wolf und auch Trainer Solbakken schätzen Notzon. Nur ein Beispiel: Notzon begleitete Solbakken Mitte Februar zu einem zweieinhalbstündigen Fachgespräch mit Barca-Coach Guardiola. Das größte Gegenargument: Notzon ist erst 32 Jahre jung und bringt keine Erfahrung im "Front Office" mit. Bislang hielt er sich im Hintergrund und legte keinen Wert auf gestiegene Aufmerksamkeit. Entsprechend viel Mut müsste der FC aufbringen, einen Nobody als neuen Manager vorzustellen.
Andreas Rettig: Der derzeitige (Noch-)Augsburg-Manager ist beim FC kein unbeschriebenes Blatt. Zwischen 2002 und 2005 war Rettig als Sportmanager in der Domstadt tätig. So gesehen kennt der 48-Jährige die internen Gepflogenheiten des Vereins. Nach sechs Jahren in Bayern und dem erfolgreichen Aufstieg in die Bundesliga hat Rettig das Ende seines Engagements in Augsburg bereits angekündigt. Mit seiner Frau geht es für den gebürtigen Leverkusener zurück ins Rheinland, in Köln hat er bereits eine Wohnung. Allerdings: Nach "Kicker"-Informationen wird Rettig auch mit der DFL in Verbindung gebracht. Der "Bild am Sonntag" wollte er nicht mehr verraten als das obligatorische "mich interessiert nur Augsburg."
Bodo Illgner: Unter den gehandelten Kandidaten ist der Weltmeister von 1990 der Unerfahrenste. Erst jüngst absolvierte Illgner in Madrid die Managerprüfung, Referenzen hat er nicht. Gerade in der jetzigen Situation ohne Präsident und einer unklaren Linie in der sportlichen Leitung ist ein Engagement des Neulings deshalb eher unwahrscheinlich. Was für Illgner spricht, wären elf Jahre Verbundenheit mit dem Klub. Zwischen 1985 und 1996 stand Illgner in Köln zwischen den Pfosten, bei den Fans wäre er als Persönlichkeit sicher gern gesehen. Der "Kölner Stadt-Anzeiger" fragte schon mal nach und Illgner signalisierte Bereitschaft: "Ich habe im Dezember in Madrid meinen Manager-Schein gemacht. Es gab noch keine Gespräche mit dem FC, aber wenn es eine Möglichkeit gibt, ist das natürlich interessant. Ich bin gesprächsbereit."
Dietmar Beiersdorfer: Einer, der weiß, worum es in der Bundesliga geht, ist Dietmar Beiersdorfer. Der 48-Jährige war zuletzt bei Großkonzern Red Bull für den Bereich Fußball, und damit unter anderem für RB Salzburg und RB Leipzig, zuständig, ehe er Anfang April des vergangenen Jahres beurlaubt wurde. Beiersdorfer hat jahrelange Bundesliga-Erfahrung, von 2002 bis 2009 fungierte er als Sportchef beim Hamburger SV. Auch er schnürte während seiner Zeit als Aktiver seine Schuhe für den FC. Eine echte Alternative also, zumal mit Beiersdorfer bereits im Vorfeld der Finke-Verpflichtung verhandelt worden war.
Frank Schaefer: Neben Boris Notzon gilt auch eine zweite interne Lösung als möglich. Frank Schaefer, aktuell Nachwuchskoordinator der Kölner, kennt sich im Verein hervorragend aus und genießt dank jahrelanger Arbeit in der Jugendabteilung und mit der zweiten Mannschaft sowohl bei den Fans als auch in der Führungsetage hohes Ansehen. Schaefer, der zwischen 2010 und 2011 in 22 Bundesliga-Spielen auf der FC-Trainerbank Platz nahm, gilt als Teamplayer, Reibereien zwischen Sportdirektor und Stale Solbakken wären wohl kein Thema mehr. Vom Typ her könnte sich Schaefer ähnlich wie Leverkusen-Manager Michael Reschke eher im Hintergrund aufhalten und dort für eine neue Struktur sorgen.
Carsten Vagn Jensen: Ebenfalls zu den unbekannteren Namen gehört Carsten Vagn Jensen. Der 49-Jährige bekleidet beim FC Kopenhagen derzeit das Traineramt und das des Sportdirektors in Personalunion, nachdem Solbakken-Nachfolger Roland Nilsson Anfang Januar nach nur sechsmonatiger Amtszeit von seinen Aufgaben als Übungsleiter entbunden wurde. Fünf Jahre lang arbeiteten Jensen und Solbakken gemeinsam in Kopenhagen und heimsten in der dänischen Hauptstadt fünf Meistertitel, den Gewinn der Royal League und den dänischen Pokal ein. So gesehen eine äußerst vielversprechende Variante. Jensens Manko: In der Bundesliga kennt er sich nicht aus und auch bei den Fans müsste er sich seinen Kredit erst noch verdienen.
Andreas Müller: Seit seiner Beurlaubung im Frühling 2009 ist es ruhig geworden um den früheren Schalke-Manager. Als Assauer-Nachfolger hatte Müller drei Jahre lang die Fäden in der Hand, ehe er sein Zukunftskonzept intern nicht mehr vermarkten konnte und folglich vom Hof gejagt wurde. Sein letztes Jahr auf Schalke verlief für Königsblau mit Platz acht am Ende enttäuschend, Müllers Zeit insgesamt kann aber durchaus als Erfolg gewertet werden. 2006 landete S04 am Ende auf Platz 4, im Jahr darauf folgte die Vize-Meisterschaft hinter dem VfB Stuttgart, 2008 schloss man am Ende auf Rang drei ab. Müller weiß, wie ein Bundesligist zu führen ist, zu Köln hat der gebürtige Schwabe jedoch keine engere Verbindung.
Dieter Hoeneß: Bleibt noch einer, der den Kölner Wagen mit seiner geballten Erfahrung aus dem Schlamm ziehen könnte. Dieter Hoeneß hat jahrelange Engagements in Stuttgart, Berlin und Wolfsburg vorzuweisen. Er kennt das Geschäft, dem 59-Jährigen macht keiner etwas vor. Schwierig dürfte da die Konstellation mit dem aus der Finke-Posse weiter gestärkten Solbakken sein. Den nächsten Trainer-Sportdirektor-Konfliktherd wird man sich in der Domstadt gerne ersparen wollen.
Der Kader des 1. FC Köln