Neuer Geist, neue Position, neuer Robben

Von Fatih Demireli
Arjen Robben erzielte in der laufenden Saison noch kein Pflichtspiel-Tor
© Getty

Der FC Bayern begrüßt in der neuen Saison einen Neuzugang namens Arjen Robben. Der Niederländer tritt mit einer positiven Gangart auf, die Robben neuen Glanz verleiht. Der Wandel des Bayen-Stars hat Gründe.

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Der deutsche Fußball hat in der vergangenen Woche einen herben Verlust einstecken müssen.

Gefürchtet als sicherste Elfmeternation in der Fußball-Welt, verlor Deutschland diesen Status, weil die deutsche Europapokal-Vertretung zwischen Dienstag und Donnerstag vier Strafstöße in Folge nicht verwerten konnte.

Arjen Robben war nicht unter den Unglücksraben, auch wenn sein Klub, der FC Bayern München, zu den Pechvögeln gehörte. Stattdessen scheiterte Mario Mandzukic in der Schlussminute gegen den FC Valencia, so dass es beim Auftaktspiel der Champions League "nur" beim 2:1 blieb.

Robben stand zum Zeitpunkt der Ausführung auf dem Platz, stand aber als Schütze nicht zur Disposition. "Franck (Ribery, d. Red.) stand ursprünglich auf dem Zettel", klärt Robben auf. Weil der Franzose aber schon zur Halbzeit ausgewechselt wurde, übernahm Mandzukic - und scheiterte.

Für Mandzukic dürfte das Elfmeter-Kapitel beim FC Bayern vorerst beendet sein. "Vielleicht schießt Herrmann Gerland", witzelt Robben. Sicher ist nur, dass der Niederländer nicht schießen wird. Zumindest nicht in absehbarer Zeit. "Ich glaube, das ist im Moment ganz gut für mich", sagt er.

Zu tief sitzen noch die Stacheln der verschossenen Elfmeter in der Vorsaison. Robben verschoss im entscheidenden Meisterschaftsspiel in Dortmund. Robben verschoss im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea. Und heimste Pfiffe und heftige Kritik ein, deren Wunden noch nicht geheilt sind.

"Dann schieße ich wieder Elfmeter"

"Das mit den verschossenen Elfmetern war einfach Mist", sagt Robben. "Wenn die volle Unterstützung da ist und ich schießen soll, werde ich es natürlich machen."

Getreu dieser Aussage kann es nicht mehr lange dauern, bis Robben wieder am Punkt steht, denn der Offensivspieler ist auf dem besten Wege dorthin zurück, wo er einst war: Der unantastbare Superstar des FC Bayern, der nicht nur stark aufspielt, sondern auch große Beliebtheit genießt. Sowohl bei Fans, als auch in der Mannschaft.

Vieles davon war abhanden gekommen in den letzten Monaten. Schlagzeilen über Robben waren fast nur negativ behaftet. Der von Verletzungen gebeutelte Niederländer steckte in der Klemme, weil die Top-Leistungen aus seiner Einstandssaison ausfielen, aber die Nebenkriegsschauplätze zur Gewohnheit wurden.

"Letztes Jahr gab einige schwierige Situationen für mich persönlich. Das Schlimmste war die Verletzung, aber es sind auch andere Dinge vorgefallen - ich will nicht mehr zurückblicken", sagt Robben.

Hier die Egoismus-Vorwürfe, da eine Rangelei mit Franck Ribery. Hier eine Verletzung, dort öffentlich gemachte Abwanderungsgedanken. Dass der FC Bayern in dieser Phase den Vertrag mit Robben verlängerte, überraschte den einen oder anderen, zumal die Gespräche lange zäh verliefen.

Als zum krönenden Abschluss Robben noch von den eigenen Zuschauern mit Pfiffen zur Europameisterschaft verabschiedet wurde, schien das Tischtuch zerschnitten. Als Robben im Sommer die Vorbereitung auf die Saison aufnahm, wurde jeder Schritt, jede Gestik, jede Mimik beobachtet. Wie gibt sich Robben? Wie verhält er sich? Ist er noch der Alte oder gibt's ein Robben-Update?

Aufbau-Arbeit um Robben

Dieses gab es. "Ich habe so etwas selten erlebt bei einem Spieler erlebt, mit welcher Intensität er die Einheiten und jede Übung angeht", lobte Matthias Sammer im Trentino-Trainingslager. Der neue Sport-Vorstand des FC Bayern führte viele Gespräche mit dem Spieler, den er unter dem Typus "Individualist" kennzeichnete.

Sammer baute Robben und um ihn herum ein Schutzschild auf. "Wir müssen ihn schützen", sagte der Sportchef und kümmerte sich höchstpersönlich um die Betreuung der Nummer 10.

Die Aufbau-Arbeit hat sich gelohnt. Die Wahrnehmung um Robben ist auf und neben dem Platz eine andere, auch wenn Robben sicherlich noch Luft nach oben hat und noch ohne Pflichtspiel-Tor ist. Es ist vielmehr die positivere Gangart des 28-Jährigen, die den Unterschied ausmacht.

Robben selbst kann auf der persönlichen Schiene keinen Unterschied feststellen. "Ich bin keine andere Person geworden, ich ändere auch nichts", sagt er.

Dass er anders wirkt, habe andere Gründe: "Eine Sache ist tatsächlich anders: Ich bin fit und habe das erste Mal in meinen drei Jahren beim FC Bayern eine Saisonvorbereitung komplett mitmachen können. Ich fühle mich viel stärker als vor der vergangenen Saison. Deshalb habe ich viel Vertrauen in mich und große Lust auf die nächsten Monate. Es fühlt sich alles sehr gut an."

"Ein gewisser Egoismus gehört dazu"

Die Fitness wirkt sich dahingehend aus, dass Robben weitere Wege geht, sich deutlich mehr zum Wohle der Mannschaftsleistung unterordnet. Beim Spiel gegen den Ball ist Robben aktiver als in der vergangenen Spielzeit. Dass Valencia und Schalke, die Härtetest-Gegner Bayerns, kaum einen Stich gegen den Rekordmeister setzen konnten, lag auch daran, dass Robben und Co. defensive Kompaktheit bewerkstelligten.

Ganz verzichten will er auf seine "Ego-Ausflüge" aber nicht. "Ein gewisser Egoismus gehört zu meinem Spiel, im positiven Sinne", so Robben. Das soll er auch nicht. "Individualisten wie ihn brauchen wir", sagt Sammer immer wieder. Robben pflichtet bei: "Das ist meine Stärke. Mein Spiel ist es anzugreifen, mit dem Ball nach vorn zu gehen, meine Schnelligkeit auszunutzen, zu dribbeln. Das muss und werde ich wieder viel mehr machen."

Fraglich ist nur noch auf der welcher Seite. Angefreundet hat sich Robben zuletzt mit der linken Außenbahn, bedingt auch durch die Ausfälle Franck Ribery, der bisher nur 73 Bundesliga-Minuten verbuchen konnte. Ob auf Schalke oder in der zweiten Halbzeit gegen Valencia: Robben wusste auf der linken Seite zu überzeugen.

Bei Bayern und bei Louis auf links

Auch Louis van Gaal, der ihn einst als Rechtsaußen zum FC Bayern holte, stellte Robben in der WM-Qualifikation gegen die Türkei auf der linken Seite auf, wo er in sehr gutes Spiel ablieferte.

"Generell fühle ich mich auf rechts schon noch einen Tick wohler", sagt Robben. Weil er dort immer wieder in die Mitte ziehen und mit seinem starken linken Fuß zum Abschluss kommen kann. Aber Robben kann variieren. "Ich glaube, ich war gegen Schalke überall: links, rechts und in der Mitte. Es ist einfach wichtig, in der Offensive Freiheiten auf dem Platz zu haben."

Diese Freiheiten bekommt er. Trainer Jupp Heynckes setzt auf Robben, auch wenn er ihn rausrotieren wird, wenn Englische Wochen anstehen. "Mal ein Spiel pausieren, ist kein Problem", sagt Robben. Aber: "Wenn du viele Spiele hintereinander machst, wirst du noch stärker. Ich bin daher nicht so ein Fan vom Rotieren."

Erwischen wird es ihn trotzdem - auch mal freiwillig, wie zuletzt vor dem Mainz-Spiel. Jupp Heynckes berichtet: "Er hat zu mir gesagt: ‚Trainer, ich fühle mich nicht gut. Wir haben eine so gute Mannschaft, da ist es besser, wenn einer spielt, der fit ist'. Das zeigt den Geist der Mannschaft." Vor allem zeigt es den neuen Geist Robbens.

Der Steckbrief zu Arjen Robben

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