SPOX: Seit einem Jahr sind Sie Teil der Bundesliga-Geschichte. Bei Ihrem Debüt in Dortmund waren Sie der drittjüngste Torwart jemals. Wissen Sie, wie die zwei jüngsten heißen?
Patrick Rakovsky: Eine schwere Frage, das ist doch zu lange her für mich. Vom jüngsten weiß ich gar nichts und vom zweitjüngsten nur, dass er mal bei Dortmund gespielt hat.
SPOX: Der jüngste war Düsseldorfs Frank Kirn, der zweitjüngste Eike Immel. Letzterer vielleicht bekannt von seiner Teilnahme beim Dschungel-Camp?
Rakovsky: Wirklich? Ich wusste gar nicht, dass ein ehemaliger Torwart mitgemacht hat. Hoffentlich lande ich selbst nie da. (lacht)
SPOX: Sie kamen in Dortmund als No-Name zum Einsatz und überzeugten. An was erinnern Sie sich, wenn Sie an den dritten Spieltag der Vorsaison denken?
Rakovsky: Dass ein Traum in Erfüllung ging. Als ehemaliger Schalker dachte man häufig daran, wie geil es wäre, mal in Dortmund aufzulaufen und gut zu spielen. Damals waren im Stadion sogar einige Schalke-Fans, die mich sehr nett begrüßt haben.
SPOX: Stimmt es, dass Ihnen Torwarttrainer Adam Matysek im Vorfeld extra das Handy abgenommen hat?
Rakovsky: Ja, damit ich mich nicht zu sehr ablenke. Beim Abendessen kam Adam Matysek zu mir und sagte, dass ich die letzte SMS schreiben und ihm das Handy übergeben soll. Ich war kurz überrascht, aber dann wurde mir schnell klar, dass es total Sinn macht.
SPOX: Wegen Raphael Schäfers Verletzung wurden Sie nach dem Dortmund-Spiel auch gegen Augsburg aufgestellt, doch dann erlitten Sie eine Fingerverletzung und warten seitdem auf weitere Bundesliga-Spiele. Verfluchten Sie das Schicksal?
Rakovsky: Ich sehe es anders: Ich bin froh, dass ich überhaupt zwei Spiele bekommen habe. Jetzt trainiere ich, biete mich an und warte, ob sich wieder eine Möglichkeit ergibt. Die Situation ist für einen jungen Torwart wie mich ohnehin perfekt: Raphael Schäfer spielt, Alexander Stephan und ich sitzen abwechselnd auf der Bank - und ich kann im Training von beiden viel lernen. Besser kann es für mich derzeit nicht sein.
SPOX: Was hat sich seit dem Sommer 2011 für Sie persönlich verändert? Werden Sie häufiger erkannt?
Rakovsky: Früher als Kind dachte ich, dass es toll wäre, auf der Straße erkannt zu werden und um Fotos gebeten zu werden. Mittlerweile finde ich es viel schöner, in einer ruhigen Stadt wie Nürnberg zu leben, wo man entspannt spazieren gehen kann. In München oder Gelsenkirchen läuft es bestimmt anders.
SPOX: Sie gingen im Sommer 2011 zum 1. FC Nürnberg, nachdem Sie auf Schalke keine Perspektive sahen. Wie enttäuschend war es, den Heimatverein verlassen zu müssen?
Rakovsky: Enttäuschend würde ich nicht sagen, ich sehe es eher professionell. Natürlich fand ich es schade, weil ich auf Schalke so viel erlebt und super Leute kennengelernt habe. Andererseits muss man als Profi dort hingehen, wo man unterstützt wird. Und Nürnberg bietet mir das perfekte Umfeld.
SPOX: Ihr Wechsel sorgte auf Schalke für Aufregung: Viele im Klub hätten Sie gerne behalten, aber Felix Magath verzichtete damals auf ein Gespräch mit Ihnen. Was ist passiert?
Rakovsky: Ich hatte frühzeitig Schalke darauf hingewiesen, dass mein Vertrag im Sommer ausläuft und ich mich gerne unterhalten möchte. Daraufhin hieß es, dass der Verein auf mich zukommen wird. Das geschah nicht, daher musste ich irgendwann anfangen, mich umzuschauen.
SPOX: Sie unterrichteten Schalke von Ihrer Unterschrift in Nürnberg, woraufhin Magath den U-19-Trainer Norbert Elgert vor dem entscheidenden Spiel in Leverkusen anwies, Sie nicht mehr einzusetzen. Ersatzmann Lukas Raeder patzte, Schalke verlor - und verpasste so die Teilnahme an den deutschen A-Jugend-Meisterschaften.
Rakovsky: Ich hatte erst im Bus auf dem Weg nach Leverkusen erfahren, dass ich nicht spielen darf. Natürlich war ich im ersten Moment sauer, trotzdem musste ich damit klarkommen. Mir war es wichtig, dass ich in der schwierigen Situation für Lukas ein guter Teamkollege bin und ihn unterstütze.
SPOX: Sie und Raeder, der mittlerweile bei den Bayern spielt, absolvierten die legendäre Torwartschule des in Rente gegangenen Lothar Matuschak. Was machte Matuschak so besonders?
Rakovsky: Seine menschliche Art. Er ist ziemlich locker und kann extrem gut mit jungen Menschen umgehen. Gleichzeitig ist er kompetent und besitzt ein gutes Auge. Ich habe die Geschichte gehört, dass Schalke in der B-Jugend Manuel Neuer wegschicken wollte. Lothar Matuschak bestand dennoch darauf, dass Neuer bleibt.
SPOX: Wie sicher waren Sie, dass Sie ebenfalls die Qualität für die Bundesliga besitzen?
Rakovsky: Das war immer schwierig, sich selbst richtig einzuschätzen. Marc-Andre ter Stegen kannte ich von vielen Jugendspielen gegeneinander und wusste, dass er vielleicht ein bisschen weiter war als ich. Aber als ich sah, wie er Mönchengladbach vor dem Abstieg gerettet hat, dachte ich, dass der Schritt dahin nicht mehr so groß ist. Das hat mich gepusht.
SPOX: Ter Stegen und Leverkusens Bernd Leno sind ein Jahr älter als Sie und konkurrieren in allen DFB-Nachwuchsmannschaften um die Nummer eins. Beide gelten nicht als die besten Freunde. Sie sind in einer ähnlichen Konkurrenzsituation mit dem gleichaltrigen Kölner Timo Horn. Wie ist ihr Verhältnis?
Rakovsky: Ich habe mitbekommen, dass ter Stegen und Leno zwei unterschiedliche Charaktere sind. Bei Timo und mir ist es allerdings das komplette Gegenteil. Wir kennen uns seit der U 15 und verstehen uns super. Wir sind bei fast jedem Lehrgang in einem Zimmer, reden viel und machen uns vor jedem Spiel Mut. Timo war früher immer der Stammtorwart und ich wünschte ihm viel Glück. In der U 19, als ich unter Horst Hrubesch zur Nummer eins wurde, drückte mir im Gegenzug Timo die Daumen. Wir sind ein starkes Duo.
Patrick Rakovsky im Steckbrief