Sergio da Silva Pinto hat mit Hannover 96 schon so ziemlich alles erlebt. Im Interview spricht er über Hannovers rasanten Aufstieg, das Duo Slomka/Schmadtke und unmündige Spieler.
SPOX: Herr da Silva Pinto, erläutern Sie doch bitte, warum seit ein paar Wochen Ihren vollständigen Namen auf dem Trikot stehen haben.
Sergio da Silva Pinto: Das ist schnell erzählt. Ich heiße von Geburt an Sergio da Silva Pinto, so steht es natürlich auch in meinem Pass. Ich habe vor einigen Jahren in Aachen schon mal den Versuch unternehmen, dass mein Trikot mit diesem Namen beflockt wird. Das ging wegen der Länge nicht. Nachdem ich meine bisherige Lebensgefährtin Alex nun in der Sommerpause geheiratet habe, fand ich das den richtigen Anlass, einen neuen Versuch zu starten. Also habe ich bei 96 gefragt und sie haben mir das Okay gegeben.
SPOX: Sie sind ein Mann der klaren Worte, die meisten Bundesligisten lassen besonders ihre jungen Spieler aber schon in frühen Jahren ein Mediencoaching durchlaufen. Wie finden Sie das?
Da Silva Pinto: Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Für manche ist das sicherlich eine sinnvolle Unterstützung, andere können das auch ohne externe Hilfe.
SPOX: Ist die diplomatische Art sehr vieler Profis überhaupt noch gehaltvoll oder in erster Linie Einheitsbrei?
Da Silva Pinto: Ich finde Meinung immer wichtig, wenn sie fundiert ist. Es geht doch auch immer darum, wie authentisch man ist.
SPOX: Ihre Mannschaft ist sehr überzeugend in die neue Saison gestartet, 96 geht im offensiven Umkehrspiel offenbar noch mehr Risiko. Wie hält man gerade als defensiver Mittelfeldspieler die Balance zwischen Wagnis und Vernunft?
Da Silva Pinto: Dazu sind Absprachen auf dem Platz und natürlich eine hohe Laufbereitschaft notwendig. Diese Abläufe müssen Automatismen werden. Mit einem Blick muss ich verstehen, was mein Mitspieler gerade vorhat.
SPOX: Wie genau schauen die Trainingsinhalte aus, mit denen sich der Hochgeschwindigkeitsfußball in dieser Präzision erreichen lässt?
Da Silva Pinto: Das würde jetzt sicherlich zu weit führen, unsere Trainingspläne detailliert zu betrachten. Die Fitness ist selbstverständlich ein wesentlicher Faktor, aber auch der Wille, ständig Höchstleistungen bei hoher Intensität bringen zu wollen.
SPOX: Sie sind seit fünf Jahren in Hannover, haben auch die ganz schweren Momente miterlebt. Hätten Sie der Mannschaft und dem Klub eine derartige Entwicklung zugetraut?
Da Silva Pinto: Diese Entwicklung ist sicherlich außergewöhnlich, aber ich habe daran geglaubt, dass hier mehr möglich ist als gegen den Abstieg zu spielen. Der Klub hat die richtigen Personalentscheidungen getroffen. Und ich sehe unsere Entwicklung auch noch nicht als abgeschlossen.
SPOX: Wie eng ist das alles mit den Namen Mirko Slomka und Jörg Schmadtke verbunden?
Da Silva Pinto: Natürlich eng. Jörg Schmadtke hat mit viel Weitsicht und Kompetenz eine Mannschaft zusammengestellt, die der Trainer durch seine tägliche Arbeit auf dem Trainingsplatz weiterentwickelt. Der Manager und der Trainer, gemeinsam mit unserem Präsidenten Martin Kind, haben wesentlichen Anteil an unserem Erfolg.
spoxSPOX:Was halten Sie von dem Grundsatz, dass jeder irgendwie ersetzbar sei?
Da Silva Pinto: Trifft ganz bestimmt häufig zu.
SPOX: Entwickelt sich Hannover nach zwei ohnehin schon erfolgreichen Jahren derzeit zum ernsthaften Champions-League-Anwärter?
Da Silva Pinto: Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Für uns geht es darum, die zwei sehr guten Saisons erneut zu bestätigen. Ich schließe aber im Fußball nichts aus, und es ist immer gut, sich ehrgeizige Ziele zu setzen.
SPOX: Leon Andreasen und Artur Sobiech sind aus den unterschiedlichsten Gründen lange Zeit quasi unterm Radar geflogen und starten plötzlich ziemlich durch. Gibt es noch mehr unentdecktes Potenzial im Kader?
Da Silva Pinto: Wir haben nun einen Kader mit vielen Alternativen. Auf jeder Position gibt es Konkurrenzkampf, davon profitiert selbstverständlich die ganze Mannschaft. Leon und Artur konnten sich zuletzt in den Vordergrund spielen. Aber das muss man im nächsten Spiel wieder unter Beweis stellen.
SPOX: Nächsten Sommer läuft Ihr Vertrag aus, mit dem von 96 angebotenen Einjahresvertrag waren Sie nicht einverstanden. Wie ist der Stand der Verhandlungen?
Da Silva Pinto: Im Moment führen wir keine Verhandlungen.
SPOX: Sind die kleineren Differenzen von damals zwischen der Klubführung und Ihnen ausgeräumt?
Da Silva Pinto: Differenzen ist das falsche Wort, wir hatten unterschiedliche Auffassungen über das Gesamtpaket.
SPOX: Auch die Vertragsverlängerung von Mirko Slomka ist noch nicht beschlossen. Machen Sie Ihren Verbleib in Hannover von dem des Trainers abhängig?
Da Silva Pinto: Unser Trainer macht nach meiner Auffassung einen perfekten Job. Von daher wäre es wäre für alle hier bei 96 gut, wenn er bleiben würde.
SPOX: Was ist für Sie die wichtigste Komponente im Hinblick auf eine mögliche Verlängerung: Die Laufzeit des Kontrakts, die Perspektive der Mannschaft, die Gesamtsituation im und um den Verein?
Da Silva Pinto: Da gib es keine Prioritäten. Die von Ihnen angesprochenen Punkte sind alle wichtig. Wie sagt man immer so schön: das Paket muss stimmen.
SPOX: Ärgern Sie sich ein bisschen, dass Sie Ihre erfolgreichste Zeit als Profi erst im Herbst Ihrer Karriere erleben?
Da Silva Pinto: Nein, ich bin niemand der zurückschaut. Ich bin sicher, dass ich noch erfolgreiche Jahre im Profifußball vor mir habe. Ich hege keinen Groll.
SPOX: Auch wenn es noch ein paar Jahre hin ist - aber wie könnte die Zeit nach dem aktiven Profisport bei Ihnen aussehen?
Da Silva Pinto: Das wird man sehen. Im Fußball zu bleiben und meine Erfahrung einzubringen, in welcher Funktion auch immer, ist sicherlich interessant. Ich werde das zu gegebener Zeit entscheiden. Jetzt ist es aber noch deutlich zu früh dafür.