Das Positive vorab: Das Leistungsniveau der Schiedsrichter ist - in der Gesamtschau betrachtet - absolut in Ordnung. Doch neben zahlreichen starken Darbietungen traten einige Unparteiische mit ernüchternd schwachen Auftritten in Erscheinung. Allen voran Christian Dingert, Deniz Aytekin und Thorsten Kinhöfer. Die Liga-Neulinge dagegen wussten bislang zu gefallen.
Dingert am Ende: Trotz aller Kritik können die Schiedsrichter der Bundesliga nach acht Spieltagen einen Rückgang der Fehlerquote gegenüber der Vorsaison für sich verbuchen. Standen für die Referees zum gleichen Zeitpunkt der letzten Spielzeit noch 67 Fehlentscheidungen zu Buche, so sind es jetzt nur 57. Die Quote sank damit von 0,93 auf 0,79 Fehlern pro Match. Die Durchschnittsnote liegt - wie in der Saison 2011/12 nach dem 8. Spieltag - bei 2,99.
Auffallend dabei ist, dass die Schere zwischen Gut und Schlecht immer weiter auseinanderklafft. Die Spreu trennt sich vom Weizen: Während beispielsweise der junge Marco Fritz bei seinen bisherigen vier Auftritten vollkommen fehlerlos blieb und zusehends zu einem echten Top-Mann heranreift, ist Christian Dingert derzeit weit von der Bundesligatauglichkeit entfernt. Bei seinen drei Spielleitungen hinterließ er jedes Mal einen schwachen Eindruck und liegt mit einer Durchschnittsnote von 4,3 am Ende des Klassements.
In der Partie zwischen dem FC Bayern und dem VfL Wolfsburg (5. Spieltag) wirkte Dingert dabei bemerkenswert unsicher und offenbarte große Schwächen in der Zweikampfbewertung. Da er sich letzten Endes nur eine klare Fehlentscheidung zu Schulden kommen ließ (unterlassene Gelbe Karte gegen Fagner), stand für ihn immerhin noch die SPOX-Note 4,0 zu Buche.
Mit einer glatten 5,0 wurde hingegen seine Leitung des Spiels zwischen Gladbach und dem 1. FC Nürnberg (3. Spieltag) bewertet. Auch hier machte Dingert einen auffallend nervösen Eindruck und lag gleich dreimal daneben: Nachdem er den Borussen zunächst einen Strafstoß verweigert hatte (Foulspiel Simons an de Jong), übersah der 32-Jährige noch Kloses Handspiel und verzichtete fälschlicherweise auf die Ampelkarte gegen Gladbachs Daems.
Auch bei Dingerts bis dato letztem Auftritt stellte sich keine sichtbare Besserung ein. In der Partie zwischen Eintracht Frankfurt und Hannover 96 am zurückliegenden 8. Spieltag erlaubte er sich zwar nur eine klare Fehlentscheidung (Gelb gegen Huszti wegen vermeintlicher Schwalbe), zeigte aber erneut keinerlei Souveränität in der Beurteilung von Zweikämpfen. Auch die SPOX-Note 4,0 kann daher nicht über die ernüchternde Bilanz hinwegtäuschen: Christian Dingert ist in dieser Verfassung nicht erstligatauglich.
Problemschiri Aytekin: Den Vogel in Sachen Fehlentscheidungen schoss indes Deniz Aytekin ab. Ort des Geschehens war auch in seinem Fall der Borussia-Park, in dem am 5. Spieltag der HSV gastierte. In zahlreichen spielentscheidenden Szenen lag der Unparteiische aus Oberfranken dabei komplett daneben.
So erkannte er Stranzls Kopfballtreffer trotz eindeutigen Aufstützens an, um den Gladbacher Verteidiger im zweiten Spielabschnitt mit einer völlig überzogenen Roten Karte in die Kabine zu schicken. Der Platzverweis war dabei schon deshalb unberechtigt, weil Stranzl Ilicevic bei seinem vermeintlichen Foulspiel überhaupt nicht getroffen hatte.
Dass Gladbachs Xhaka in der Folge nicht die an sich verdiente Gelb-Rote Karte sah, fiel dann kaum mehr ins Gewicht. Aytekins Spielleitung war von Anfang bis Ende ein einziges großes Desaster und wurde folgerichtig mit der SPOX-Note 6 bewertet.
Für Aytekin war dies nicht das einzige Spiel, das von großer Kritik begleitet wurde. Auch im Nordderby zwischen Hannover 96 und Werder Bremen am 3. Spieltag stand der 34-jährige Unparteiische im Mittelpunkt der Diskussionen. Ausschlaggebend dafür war neben der zwar harten, aber absolut regelkonformen Ampelkarte gegen Hannovers Huszti vor allen Dingen das fälschliche Aberkennen des Bremer Treffers durch Lukimya wegen vermeintlichen Foulspiels.
Dabei hat es sich Aytekin selbst zuzuschreiben, dass er sowohl von Spielern als auch Zuschauern kritisch gesehen wird. Mit einer übertrieben strengen, phasenweise fast schulmeisterlichen Gestik versucht er sich Respekt zu verschaffen und vergisst dabei, dass gerade besonnenes und beschwichtigendes Auftreten, wie es ein Knut Kircher meisterhaft vorlebt, Wunder wirken kann.
Starke Neulinge: Es wäre gleichwohl verfehlt, vom Alter der Unparteiischen auf ihre Klasse zurückzuschließen. Zwar gibt es in der Tat ein Nachwuchsproblem im deutschen Schiedsrichterwesen. Einige junge Talente machen jedoch durchaus Hoffnung.
Hierzu zählen insbesondere die beiden Neulinge Daniel Siebert und Bastian Dankert, die mit der Spielzeit 2012/2013 zum Kreis der Erstligaschiedsrichter gestoßen sind. Beide haben bislang äußerst solide Leistungen abgeliefert und liegen im vorderen Feld der Schiedsrichtertabelle.
Die beiden Novizen erlaubten sich dabei bislang jeweils nur eine Fehlentscheidung, die dabei sogar noch vorrangig auf das Konto des Assistenten ging. So hätte es für Daniel Siebert bei seinem Premierenmatch zwischen Schalke und Augsburg am 2. Spieltag beinahe zu einer blitzsauberen Leistung gelangt, hätte er dem Ehrentreffer der Gäste durch Oehrl wegen dessen Abseitsstellung die Anerkennung verweigert.
Bastian Dankert blieb bei seiner Bundesliga-Premiere dagegen absolut fehlerlos. Die Partie zwischen der Düsseldorfer Fortuna und dem SC Freiburg am 4. Spieltag leitete er sicher und in wohltuend unaufgeregter Weise (SPOX-Note 2). Auch am Folgespieltag war Dankert im Einsatz.
Im Spiel zwischen dem FC Augsburg und Bayer Leverkusen wirkt er dabei über weite Strecken souverän, entschied nach Kießlings Kopfball aber fälschlicherweise auf Tor. Sowohl Dankert und Siebert machen bislang jedoch eine sehr gute Figur und scheinen schnell in der Bundesliga Fuß zu fassen.
Die Etablierten: Ganz vorne in unserer Schiedsrichtertabelle finden sich die etablierten Referees. Mit Dr. Felix Brych, Florian Meyer und Wolfgang Stark belegen drei deutsche Elite-UEFA-Schiedsrichter die vordersten Plätze. Gerade Meyer und Brych machten dabei bislang eine ausgesprochen gute Figur und überzeugten durch unaufgeregte Körpersprache und besonnenes Auftreten. Dr. Felix Brych lieferte zuletzt im Revierderby eine starke Leistung ab und hatte die Partie trotz phasenweise sehr großzügiger Regelauslegung jederzeit absolut im Griff (SPOX-Note 1,5).
In Sachen Körpersprache weist Wolfgang Stark dagegen nach wie vor Defizite auf. Trotz unübersehbarer Fortschritte neigt er immer wieder dazu, den selbstverliebten Matadoren zu geben und sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Bislang hat er sich jedoch keine einzige Fehlentscheidung erlaubt, weshalb er in unserer Tabelle mit einer Durchschnittsnote von 2,3 auf einem letztlich guten dritten Platz liegt.
Einen schwachen 17. Platz belegt mit Thorsten Kinhöfer ein weiterer Vertreter der alten Garde. Der Referee aus dem nordrhein-westfälischen Herne offenbarte gerade zu Saisonbeginn deutliche Schwächen.
In zwei aufeinanderfolgenden Spielen gelang ihm dabei das fragwürdige Kunststück, jeweils einen glasklaren Strafstoß nicht zu geben. So übersah er im Heimspiel der Frankfurter Eintracht gegen Bayer Leverkusen am 1. Spieltag eine für jedermann als solche erkennbare Notbremse von Bayer-Keeper Leno gegen Frankfurts Alex Meier.
Am 2. Spieltag dann verweigerte Kinhöfer dem FC Bayern einen Elfmeter, der nach Foulspiel von Stuttgarts Boka an Mandzukic zwingend gewesen wäre. Mit der Durchschnittsnote 3,8 liegt Kinhöfer augenblicklich nur knapp vor Deniz Aytekin.
Manuel Gräfe, Schiedsrichter des Jahres 2011 und damit auch einer der etablierten Referees, indes kam - genauso wie Dr. Jochen Drees - bislang zu keinem Einsatz in der Bundesliga. Beide Schiedsrichter fielen zuletzt verletzungsbedingt aus.
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