Irgendwie mutet es wie eine glückliche Fügung des Schicksals an. Dass sich die drei Macher des ungeahnten Höhenflugs von Eintracht Frankfurt um den Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen, Sportdirektor Bruno Hübner und Trainer Armin Veh so gut ergänzen würden, damit konnte man nicht unbedingt rechnen.
Es war ja beinahe schon Bruchhagens Lebenswerk, das da 2011 von einer hanebüchenen Rückrunde und dem bitteren Abstieg zwar nicht zerstört, aber um Jahre zurückgeworfen wurde. Die vom Verein damals vorgegebene Maßnahme, das Projekt "sofortiger Wiederaufstieg" mit der Installierung eines neuen Sportdirektors zu versehen, erforderte von Bruchhagen durch den sehr frühen Start der Zweitligasaison eine schnelle Entscheidung von großer Tragweite.Bruchhagen überraschte mit Hübner
Man wusste nicht, ob Bruchhagen den Schleier der Enttäuschung, der damals ganz Frankfurt einhüllte, schon abgelegt haben konnte, als er mit der Verpflichtung Hübners überraschte. Auch dessen spätere Ernennung von Veh erstaunte nicht weniger.
Hübner galt zwar als gut vernetzter Großeinkäufer, eine Aufgabe wie den überlebenswichtigen Wiederaufstieg bei einem Kaliber der Größe Eintracht Frankfurts zu meistern, wurde ihm jedoch noch nie gestellt. Nur Wochen vor seiner Unterschrift am Main stieg Hübner mit dem MSV Duisburg ab.
Dazu der knurrige Veh, der nach Ende seines missglückten Engagements beim Hamburger SV deutlich machte, "in Deutschland keinen anderen Verein als Trainer mehr zu übernehmen" und bereits zuvor beim VfL Wolfsburg keine glückliche Figur abgegeben hatte.
Wahrnehmung der Eintracht verändert sich
Dass daraus nun eine produktive Mischung der Kompetenzen resultierte, die konstruktiv in ein großes Ganzes fließt, zeigte bereits die unter dem Strich souveräne Rückkehr ins Oberhaus in der Vorsaison.
Auch der aktuelle Erfolg, der berechtige Hoffnungen auf eine Teilnahme am internationalen Wettbewerb weckt, fußt auf grandiosen Personalentscheidungen Hübners, für die Bruchhagen zuvor das Budget durchdrückte, um sie letztlich auch realisieren zu können. Der Trainer formte daraus ein ausbalanciertes Gebilde, dessen Naturell der Vehschen Vorgabe vom offensiven Konterfußball entspricht.
Durch die konstant guten Leistungen, die die Eintracht in dieser Spielzeit abruft, hat sich nicht nur der Respekt der Gegner potenziert. Auch die Wahrnehmung des Vereins innerhalb der Bundesliga veränderte sich, der Stempel mit der Aufschrift "Aufsteiger" ist gänzlich verblasst.
Risiken in der Planung der neuen Saison
"Wir haben unsere Jungfräulichkeit verloren", befand Veh in dieser Woche. Bei drei Spielen ohne Sieg und eigenes Tor wird nun, vor dem Auftaktspiel des 24. Spieltags gegen Borussia Mönchengladbach (20.15 Uhr im LIVE-TICKER), bereits genauer hingeschaut und der Anflug einer Mini-Krise ausgemacht - wohlgemerkt bei einem ehemaligen Zweitligisten, der derzeit auf einem Champions-League-Qualifikationsrang steht.
Eine Ergebniskrise allenfalls, die keinesfalls schwerer wiegt als die Risiken, die die Planung für die kommende Saison schon jetzt für die Eintracht-Troika bereithält.
Zahlreiche Spieler, allen voran Sebastian Rode und Sebastian Jung, haben durch bärenstarke Leistungen Begehrlichkeiten geweckt. Zudem läuft der Vertrag des Erfolgstrainers aus, der eine Verlängerung wiederum an eine gute Personalpolitik knüpft.
Vehs Verbleib eine Hängepartie?
Veh treibt der Ehrgeiz an, seine Mannschaft weiterentwickeln und diese punktuell - bei einer internationalen Teilnahme aber auch in der Breite - verstärken zu wollen. "Ich will und werde nicht wieder eine neue Mannschaft aufbauen", kündigte er bereits unmissverständlich an.
Kein Wunder, tat er dies doch bereits vor zwei Jahren nach dem Abstieg und im vergangenen Sommer ebenfalls. Sind Jung und Rode nicht zu halten, verkommt also auch der Verbleib Vehs zu einer Hängepartie.
Die Berater beider Spieler wählten in den letzten Monaten eine Verzögerungstaktik, die zwar nachvollziehbar erscheint, Frankfurts Höhenflug jedoch zum Fluch der guten Tat mutieren lässt.
Etat zur neuen Saison wird steigen
Bruchhagen überraschte im Falle von Rode durch sein Vorpreschen, der unter anderem vom FC Bayern München umworbene Mittelfeldspieler werde seinen Vertrag bis 2014 in jedem Falle erfüllen. Da hörte es sich schon mehr nach Bruchhagen an, als er vergangene Woche auf dem Sportkongress "Spobis" generös alimentierte Vereine wie Bayer Leverkusen angriff, die in der Lage seien, Rode und Jung zu locken: "Obwohl wir in traditionellen Einnahmesäulen - beim Marketing, bei den Zuschauern - mindestens gleichauf liegen, haben wir keine Chance mehr, diese Spieler zu halten."
Die neue Bestimmtheit dieser Aussage wird auch Veh zu Ohren gekommen sein, der natürlich weiß, dass sein Verein nicht in der Lage ist, umworbene Akteure mit einer neuen finanziellen Perspektive vom Verbleib zu überzeugen.
Bruchhagen ließ durchblicken, dass der Etat zur neuen Saison von rund 26 Millionen Euro auf 30 Millionen steigen dürfte. Für Hübner ein Mindestbetrag, der sich durch erhöhte Einnahmen bei den Fernsehgeldern noch vergrößern könnte. Und natürlich durch eine Qualifikation für Europa.
Potentielle Neuzugänge bereits kontaktiert
Bis die jedoch final feststeht, müssen die Entscheidungen in der Personalpolitik längst auf den Weg gebracht sein. Obwohl hinter Vehs Verbleib ein Fragezeichen steht, wurden erste Maßnahmen bereits ergriffen.
"Es ist sicherlich von Vorteil, nicht mehr so lange warten zu müssen wie im letzten Sommer bei der Zusammenstellung unserer Innenverteidigung", sagt Veh und verrät auch, schon bei potentiellen Neuzugängen vorstellig geworden zu sein.
"Für die neue Saison brauchen wir noch fünf bis sieben neue Spieler, wobei es sein kann, dass dann drei auch eher für die Breite sind. Wir haben klare Namen im Kopf", erzählt auch Hübner.
Vehs Stern glänzt wieder
Dass die ungeklärte Personalie Veh dabei kein Hindernis sein muss, beweist ein Blick auf die Vorgänge im Vorjahr. Auch damals stand noch nicht fest, ob Veh an Bord bleibt, dennoch wurden in Kevin Trapp und Stefan Aigner zwei Spieler verpflichtet, die nun zu unumstrittenen Leistungsträgern des Teams gehören.
Es erscheint zum aktuellen Zeitpunkt fragwürdig, dass sich Veh tatsächlich gegen eine erneute Unterschrift entscheiden wird. Seit der Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart 2007 glänzte der Stern des 52-Jährigen nicht mehr so sehr wie jetzt.
Und auch wenn der Abgang zweier Schlüsselspieler wie Jung und Rode schmerzen würde - die Entwicklung der Eintracht würde nicht an Perspektive verlieren. Vehs Zusammenarbeit mit Bruchhagen und Hübner erst recht nicht.
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