"Schürrle muss zeigen, dass er ein Big Player ist"

SPOX
14. Juni 201315:51
Andre Schürrle (r.) und sein neuer Trainer Jose Mourinho beim Abschiedsspiel von Michael Ballackgetty
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Andre Schürrle wechselt zum FC Chelsea, Bayer Leverkusen holt dafür Heung-Min Son vom HSV. Der richtige Schritt des Nationalspielers? Und die richtige Entscheidung von Bayer? Im Panel beziehen die drei SPOX-Redakteure Fatih Demireli, Stefan Rommel und Andreas Lehner sowie mySPOX-Chef Patrick Völkner Stellung.

Ist ein Stammplatz für Schürrle bei Chelsea illusorisch?

Fatih Demireli (SPOX-Leverkusen-Reporter): Bitter für Schürrle ist, dass Chelsea plötzlich aufgefallen ist, dass Kevin de Bruyne eigentlich ein ganz guter Kicker ist und dieser gehalten werden sollte. Ein Konkurrent mehr für Schürrle, aber ich bin mir sicher, dass die Bundesliga keinen zweiten Marko Marin nach England schickt. Wir haben handfeste Faktoren, die uns Hinweise geben: Wir kennen das Chelsea der letzten Saison, wir kennen Mourinhos Idee vom Fußballspielen und wir kennen Schürrle selbst. Alle drei Indikatoren können im Einklang sehr gut funktionieren.

Stefan Rommel (SPOX-Nationalmannschafts-Reporter): Wodurch definiert sich ein Stammplatz? Andre Schürrle wird sich in London an ziemlich andere Gegebenheiten gewöhnen erst müssen. Vielleicht wird es zu Beginn etwas holprig, auf mittelfristige Sicht hat er aber einige Qualitäten, die Chelsea besser machen können. Viel hängt davon ab, wie Mourinho mit ihm plant - schließlich war Chelsea schon weit vor der Rückkehr des Portugiesen an die Bridge an Schürrle dran.

Andreas Lehner (SPOX-Fußball-Chef): Hazard, Oscar, Mata: Die Konkurrenz an offensivstarken Dribblern ist groß. Dazu noch Allzweckwaffe Ramires, der wuchtige Moses und Rückkehrer de Bruyne. Schürrle wird richtig zu knabbern haben. Seine Waffen sind die Schnelligkeit und der Torabschluss, mit diesen Alleinstellungsmerkmalen muss er arbeiten. Das reicht in meinen Augen nicht für die erste Reihe, Schürrle wird bei Chelsea zum Ergänzungsspieler.

Patrick Völkner (mySPOX-Chef): Ein Verein, bei dem sich nicht einmal Marko Marin auf Anhieb durchsetzen kann, ist auch für einen Schürrle zu groß. Im Ernst: Die Blues haben so viel Qualität im Offensivbereich, dass es für Schürrle eng wird. An einen Stammplatz ist da erst einmal nicht zu denken. Er muss sich wahrscheinlich über Kurzeinsätze beweisen und so Stück für die Stück die Gunst des Special One erkämpfen.

Frage 1: Ist ein Stammplatz für Schürrle bei Chelsea illusorisch?

Frage 2: Passt Schürrles Spielweise nach England?

Frage 3: Wird Schürrle überschätzt?

Frage 4: Ist Son der richtige Nachfolger Schürrles in Leverkusen?

Frage 5: Wer profitiert bei Bayer vom Schürrle-Abgang?

Passt Schürrles Spielweise nach England?

Fatih Demireli (SPOX-Leverkusen-Reporter): Viel wichtiger ist für mich die Frage, ob seine Spielweise zu Mourinho passt und die Frage ist eindeutig zu beantworten: Ja! Das ist für mich die halbe Miete. Ansonsten sehe ich wenige Hindernisse. Das Klischee, dass beispielweise die Zweikämpfe in der Premier League härter als anderswo geführt werden, ist für mich zu oberflächlich und für einen Spieler, der in den letzten Spielzeiten zu den Besten der Bundesliga gehörte, ohnehin kein Kriterium.

Stefan Rommel (SPOX-Nationalmannschafts-Reporter): Schnell, dynamisch, zielgerichtet: Er bringt einige Attribute mit, die die Premier League gerne auch für sich beansprucht. Die ihm oft vorgeworfene Eindimensionalität in seinem Spiel würde sogar ganz gut zur Premier League jenseits der Top Five passen. Da liebt man es auch eher schnörkellos.

Andreas Lehner (SPOX-Fußball-Chef): Auf jeden Fall. Schürrle braucht Platz für sein Spiel. In England ist da deutlich mehr vorhanden als in Deutschland oder Italien. An seiner Robustheit wird er arbeiten müssen, aber das kriegt er hin.

Patrick Völkner (mySPOX-Chef): Schürrles Spiel strahlt Dynamik aus und passt damit gut zum Fußball auf der Insel. Durch seine Schusskraft ist er immer für das eine oder andere spektakuläre Tor gut, mit dem er die Herzen der Fans für sich gewinnen kann. Andererseits galt Schürrle in Leverkusen nicht gerade als Inbegriff des leidenschaftlichen Fighters, der sich voll und ganz mit dem eigenen Klub identifiziert. Da wird er schwer an sich arbeiten müssen.

Frage 1: Ist ein Stammplatz für Schürrle bei Chelsea illusorisch?

Frage 2: Passt Schürrles Spielweise nach England?

Frage 3: Wird Schürrle überschätzt?

Frage 4: Ist Son der richtige Nachfolger Schürrles in Leverkusen?

Frage 5: Wer profitiert bei Bayer vom Schürrle-Abgang?

Wird Schürrle überschätzt?

Fatih Demireli (SPOX-Leverkusen-Reporter): Nein. Er ist aber ein Spieler, der noch die eine oder andere Entwicklungsstufe gehen muss - und das nicht nur fußballerisch. In Mainz und Leverkusen war er konkurrenzlos und konnte quasi in Ruhe die Karriereleiter aufsteigen, ohne großen Druck zu verspüren. Das wird bei Chelsea nicht so einfach, zumal dort die Qualität alleine nicht zählt. Jetzt muss Schürrle zeigen, dass er ein Big Player ist.

Stefan Rommel (SPOX-Nationalmannschafts-Reporter): Ist die Frage nicht eher: Überschätzt er sich? Die Engländer sind sehr angetan von dem, was in Deutschland in den letzten Jahren an Nachwuchsspielern zum Vorschein kam und schauen manchmal neidisch zu uns rüber. Chelseas Intention ist klar. Aber was erhofft sich Schürrle? Er kennt bisher nur den Weg bergauf. Es werden Rückschläge kommen und bisher hat er noch nicht bewiesen (beweisen müssen), dass er damit umgehen kann. In einem großen Klub kann es sehr schnell gehen, dass man längere Zeit weg vom Fenster ist. Auch Marko Marin musste das leidvoll erfahren.

Andreas Lehner (SPOX-Fußball-Chef): Er ist sicher nicht so weit wie Müller, Reus, Götze oder Özil, die in einem ähnlichen Alter sind. Schürrle hat die Anlagen, um ein außergewöhnlicher Spieler zu werden. In Leverkusen stockte seine Entwicklung ein wenig, bei Chelsea wird sein Talent auf die ultimative Probe gestellt. Mit Mourinho hat er aber einen Trainer, der ihn besser machen kann.

Patrick Völkner (mySPOX-Chef): Ganz klare Antwort: Jein! Schürrle hat im Offensivspiel große Qualitäten, die er aber nur phasenweise abrufen kann. Es gibt immer mal wieder einen Abschnitt in der Saison, in dem er kaum auffällt und nur selten überzeugen kann. In dem einen oder anderen Spiel kann er ganz groß auftrumpfen, auf die gesamte Spielzeit gesehen ist er dann doch bestenfalls oberer Durchschnitt.

Frage 1: Ist ein Stammplatz für Schürrle bei Chelsea illusorisch?

Frage 2: Passt Schürrles Spielweise nach England?

Frage 3: Wird Schürrle überschätzt?

Frage 4: Ist Son der richtige Nachfolger Schürrles in Leverkusen?

Frage 5: Wer profitiert bei Bayer vom Schürrle-Abgang?

Ist Son der richtige Nachfolger Schürrles in Leverkusen?

Fatih Demireli (SPOX-Leverkusen-Reporter): Ich bin nicht von allen Zweifeln befreit. Ich halte Son für einen starken Fußballer, den ich beim Hamburger SV mitunter sogar bewundert habe, aber er muss sich umstellen: hin zu einem Systemspieler, weg vom Freigeist. Dazu wird er eher links spielen müssen, was er in Hamburg zwar sicher immer wieder mal praktiziert hat, aber es ist nicht seine Paraderolle.

Stefan Rommel (SPOX-Nationalmannschafts-Reporter): Qualitativ ja - aber die Mentalität passt noch nicht. In Hamburg war Son gemäß seiner Position und Aufgabenstellung kein großer Faktor im Defensivverhalten. Offensiv bringt er einiges mit, aber er gönnt sich zwischen seinen Highlights immer wieder zu viele Auszeiten und war nicht immer mannschaftsdienlich. Auch wegen der zusätzlichen Belastung in der Champions League muss er schnell konstanter werden.

Andreas Lehner (SPOX-Fußball-Chef): Son passt auf jeden Fall perfekt ins Leverkusener Beuteschema. Er ist noch jünger als Schürrle, hat enormes Potential und kann mehrere Position in der Offensive spielen. Was er Schürrle voraushat: Sein Abschluss ist mit links und rechts herausragend. Bayer hat mit diesem Transfer ganz viel richtig gemacht.

Patrick Völkner (mySPOX-Chef): Logisch - oder hieß es bei Schürrles Verpflichtung nicht seinerzeit "Son Spieler haben wir gebraucht"?... Vom Spielertypus gesehen ist Heung-Ming Son jedenfalls fast die logische Nachfolge für Schürrle. Ein dynamischer Flügelspieler, der ab und an sogar mal für einen Treffer gut ist. 20 Buden in 73 Partien, das ist ähnlich durchschnittlich wie bei Schürrle. Also die perfekte Nachfolgelösung.

Frage 1: Ist ein Stammplatz für Schürrle bei Chelsea illusorisch?

Frage 2: Passt Schürrles Spielweise nach England?

Frage 3: Wird Schürrle überschätzt?

Frage 4: Ist Son der richtige Nachfolger Schürrles in Leverkusen?

Frage 5: Wer profitiert bei Bayer vom Schürrle-Abgang?

Wer profitiert bei Bayer vom Schürrle-Abgang?

Fatih Demireli (SPOX-Leverkusen-Reporter): Sidney Sam. Wenn ich mal Stefan Kießling außen vor lassen darf, könnte er Leverkusens neues Aushängeschild bzw. das Gesicht des Offensivspiels werden, das noch mehr ins Rampenlicht gerückt wird - auch im Hinblick auf die Nationalmannschaft. Ansonsten sehe ich keine Gewinner. Schürrles Weggang birgt einen immensen Qualitätsverlust für Bayer, der sicher Einfluss haben wird.

Stefan Rommel (SPOX-Nationalmannschafts-Reporter): Da sehe ich keinen. Mit Abstrichen vielleicht Sidney Sam, der dauerhafter zum Einsatz kommen könnte. Aber vielleicht steckt in Arkadiusz Milik, den ich viel öfter spielen sehen möchte, ja auch ein verkappter Flügelspieler.

Andreas Lehner (SPOX-Fußball-Chef): Finanziell war der Schürrle-Son-Tausch ein gutes Geschäft und nach dem Hickhack mit dem BVB ist der Transfer von Son zumindest nicht schlecht fürs Selbstwertgefühl bei Bayer. Sportlich wird Sidney Sam noch mehr Verantwortung übernehmen müssen und mehr in den Fokus rücken. Er war bei der USA-Reise der Nationalmannschaft dabei. Sein Anspruch muss sein, auf Dauer zum Team zu gehören - und dort vielleicht Schürrle zu verdrängen.

Patrick Völkner (mySPOX-Chef): Die Fans, die sich jetzt nicht mehr über ihn ärgern müssen. In der Vergangenheit hat sich doch immer mal wieder Unmut über Schürrle unter den Bayer-Anhängern breit gemacht, die ihm mangelnde Einstellung und fehlenden Einsatz vorwarfen. Genau das wird bei Son nicht der Fall sein. Der Junge wird kämpfen bis zum Schluss, auch wenn ihm ganz sicher nicht alles gelingen wird.

Frage 1: Ist ein Stammplatz für Schürrle bei Chelsea illusorisch?

Frage 2: Passt Schürrles Spielweise nach England?

Frage 3: Wird Schürrle überschätzt?

Frage 4: Ist Son der richtige Nachfolger Schürrles in Leverkusen?

Frage 5: Wer profitiert bei Bayer vom Schürrle-Abgang?