Die "Blick"-Kollegen wollten alles wissen. Bis ins Detail. Verständlich, schließlich bekommt man als Reporter der Schweizer Nationalmannschaft nicht alle Tage die Möglichkeit, mit einem Champions-League-Sieger zu sprechen, und das auch noch exklusiv.
Xherdan Shaqiri gab brav Auskunft. In erster Linie interessierten sich die Journalisten für den Party-Marathon des Triple-Gewinners. Shaqiri hatte etwas Mühe, sich zu konzentrieren und kam etwas durcheinander mit den Feier- und Schlafzeiten. Am Ende einigte man sich auf zwei Stunden Bettruhe zwischen DFB-Pokal-Rausch in Berlin und Rathausempfang in München.
Quantensprung problemlos geschafft
Shaqiri ist in seinem Heimatland (er kam als Sohn kosovarisch-albanischer Eltern früh in die Schweiz) schon ein Nationalheld, seit sein Wechsel vom FC Basel zum FC Bayern feststeht. Das war im Januar 2012. Mit dem Gewinn des Triples nimmt der Stolz der Schweizer ähnliche Ausmaße an wie der der Österreicher durch David Alaba.
Zumal Shaqiri einen gewichtigen Anteil an der geschichtsträchtigen Saison des FC Bayern hat. 38 Mal kam er in Pflichtspielen zum Einsatz. "Darauf kann ich stolz sein", sagt Shaqiri. Acht Tore hat der 21-Jährige in Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal geschossen und 13 vorbereitet.
"Was Xherdan in seiner ersten Saison bei Bayern geleistet, ist aller Ehren wert. Bei dieser Konkurrenz sind 38 Einsätze keine Selbstverständlichkeit", sagte sein Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld.
Shaqiri hat den Quantensprung zum FC Bayern weitgehend problemlos geschafft. Für seinen ehemaligen Trainer in Basel, Heiko Vogel, keine Überraschung.
"Shaq bringt viel Talent für eine große Karriere mit. Ich habe ihn als selbstbewussten, neugierigen und geradlinigen Menschen kennen- und schätzengelernt. Mir hat sein Selbstverständnis, Fußball zu spielen, imponiert", sagte Vogel "t-online".
Sehnsucht nach Hause
Dabei hatte Shaqiri in den ersten Monaten bei Bayern starkes Heimweh. "Mir hat meine Familie gefehlt. Ich war es nicht gewohnt, von ihr getrennt zu leben. Aber mein Bruder ist eigentlich immer bei mir, was mir sehr gut tut. Und meine ganze Familie hat mich in München oft besucht."
Auswirkungen auf seine Leistungen hatte die anfängliche Sehnsucht nach Hause nicht. Jupp Heynckes attestierte ihm "hoch professionelle Arbeit", in jedem Training, in jedem Spiel. Shaqiri hat konstant abgeliefert und sich in der Gunst der Bayern-Fans weit nach oben gespielt.
Shaqiris Saison hat aber auch einen gewissen Makel. Von 38 Spielen stand er "nur" 17 Mal in der Startelf, in der Champions League nur einmal, beim eher bedeutungslosen 4:1 gegen BATE Borissow. In den sieben K.o.-Spielen ab dem Achtelfinale kam er bei zwei Einwechslungen gegen Juventus und Barcelona auf ganze drei Minuten Einsatzzeit.
Shaqiris Anspruch ist höher. "Es ist doch klar, dass ich mehr spielen will. Ich hoffe in der nächsten Saison auf mehr Einsätze in der Startelf. Es ist mein Ziel, mich in der Mannschaft festzuspielen", sagte er dem "Blick".
Hitzfeld: Shaqiri profitiert von Guardiola
Dass mit Mario Götze ein weiterer Konkurrent um einen Platz im offensiven Mittelfeld dazukommt, stört Shaqiri keineswegs. "Ich habe vor niemandem Angst. Als ich bei Bayern unterschrieben habe, waren ja Ribery, Robben, Müller und Kroos schon da. Götze ist ein toller Spieler, er wird uns noch besser machen."
Profitieren könnte Shaqiri von dem Mann, der am kommenden Montag alles beim FC Bayern in den Schatten stellen wird: Pep Guardiola. Am 24. Juni wird der neue Trainer den Medien vorgestellt, zwei Tage später wird er sein erstes Training leiten.
Da wird Shaqiri noch fehlen, er hat durch das WM-Quali-Spiel mit der Schweiz gegen Zypern (1:0) ein paar Tage länger Urlaub. Er setzt darauf, dass "bei Guardiola alle Spieler wieder bei Null beginnen".
Ottmar Hitzfeld glaubt, dass sich Shaqiris Chancen bei Guardiola verbessert haben. "Xherdan wird profitieren. Guardiola zeigte schon in Barcelona, dass Körpergröße für ihn kein Kriterium ist. Er setzte auf viele kleine Spieler wie Xavi, Iniesta oder Messi. Xherdan bringt alles mit, was Guardiola will."
Vielseitig einsetzbar
In seiner ersten Bayern-Saison kam Shaqiri überwiegend über die linke Seite als erster Backup für Ribery.
An dem Franzosen, der als einer der Favoriten auf den Weltfußballer-Titel zählt, kommt Shaqiri nicht vorbei.
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Für ihn spricht, dass er sich auf jeder Position im Mittelfeld wohlfühlt. Für die Schweiz spielte er zuletzt rechts, weil die Mitte mit Inler, Behrami und Dzemaili zu ist. "Ich spiele dort, wo ich gebraucht werde, auch wenn ich zugebe, dass ich am liebsten auf der Zehner-Position spielen würde", sagte Shaqiri.
Ob es im System Guardiola diese Position bei Bayern überhaupt noch geben wird, ist völlig unklar. Bevorzugt Guardiola in München das Barca-System mit nur einem Sechser, wäre eine zusätzliche Position im Offensivbereich zu besetzen.
Heiko Vogel ist sich sicher, dass sich Shaqiri langfristig durchsetzen wird. "Bleibt Shaq geduldig, dann definitiv ja. Er ist noch sehr jung und sollte das Privileg genießen, bei diesem Verein spielen und lernen zu dürfen."
Xherdan Shaqiri im Steckbrief