"Es pendelt sich alles ein"

Von Interview: Stefan Rommel
Jan Kirchhoff kam aus Mainz zu den Bayern und will trotz der Konkurrenz viel Spielzeit bekommen
© getty

Im Hype um die spektakulären Zugänge Mario Götze, Thiago Alcantara und Pep Guradiola ging Jan Kirchhoffs Verpflichtung bei den Bayern beinahe unter. Nach einer langen Verletzungspause hat sich Kirchhoff in der Vorbereitung Stück für Stück an und in die Mannschaft gekämpft - was ihm so schnell nicht jeder zugetraut hätte. Er selbst ganz offenbar auch nicht.

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SPOX: Herr Kirchhoff, bei Ihrer Vorstellung vor einigen Wochen haben Sie als erstes Ziel angegeben, wieder völlig gesund zu werden. Wie geht es Ihnen?

Jan Kirchhoff: Mir geht es sehr gut. Ich hatte zu Beginn der Vorbereitung ein paar Probleme, weil ich so lange raus war nach meiner Verletzung. Aber ich finde von Tag zu Tag besser rein, der Verein stellt top Trainingsbedingungen zur Verfügung, so dass ich mich Stück für Stück zurückarbeiten kann.

SPOX: Hätten Sie gedacht, dass Sie so schnell wieder Anschluss finden?

Kirchhoff: Ich hatte es zumindest gehofft. Bislang läuft es jedenfalls ziemlich gut.

SPOX: Das ist Ihre Wahrnehmung. Was sagt das Trainerteam?

Kirchhoff: Ich hatte einen gewissen Trainingsrückstand und es gibt immer noch viel Potenzial, um mich weiter zu verbessern. Wir arbeiten täglich daran, mich an das Tempo und die Konstanz des Vereins heranzuführen. Daran muss und werde ich noch arbeiten. Hier gibt es schließlich Top-Leute, mit denen ich das angehen kann.

SPOX: Im allgemeinen Trubel um ein paar spektakuläre Verpflichtungen sind Sie beinahe untergegangen. Welches Gefühl vermittelt Ihnen Ihr Trainer?

Kirchhoff: Dass ich ein Teil der Mannschaft bin, dass jeder Einzelne wichtig ist für seinen Bereich. Ich bin angekommen in der Gemeinschaft der Mannschaft. Alles ist gut.

SPOX: Wie waren die ersten Wochen in München und bei den Bayern?

Kirchhoff: Sehr spannend. Ich merke, wie ich mich immer mehr an das Tempo gewöhne und meine Eingliederung innerhalb der Mannschaft voranschreitet. Es pendelt sich gerade alles ein, ich fühle mich immer wohler. Es macht wahnsinnig Spaß, diese Entwicklung für mich selbst mitzuerleben.

SPOX: Ist es so, wie Sie es sich vorgestellt hatten?

Kirchhoff: Man kann sich vieles vorstellen und ausmalen. Aber wenn man es dann in der Realität erlebt, ist es doch noch ein Stück schöner.

SPOX: Wie laufen eigentlich Pep Guardiolas Ansprachen in der Kabine ab?

Kirchhoff: Seine Besprechungen bereitet er gezielt vor und weiß somit, was genau er uns vermitteln will. Die hält er dann komplett auf Deutsch ab, was schon sehr gut uns sehr verständlich ist. Und wenn er dann mal ins Englische ausweicht, benutzt er Wörter, die jeder versteht. Dazu ist er sehr umgänglich. Wenn wir also Fragen haben, können wir jederzeit einfach nachfragen. Er will, dass jeder versteht, was er meint und fragt deshalb auch oft selbst nach. Und zur Not erklärt er so lange, bis wir alles drin haben.

SPOX: Und wie läuft es in der kurzen Halbzeitpause ab, wenn er sich nicht gezielt vorbereiten kann? Schauen Sie zum Beispiel Videosequenzen der ersten 45 Minuten an?

Kirchhoff: Auch das ist kein Problem. Sein Deutsch und die Taktiktafel reichen aus. Videos werden in der Kabine nicht gezeigt.

SPOX: Bekommen Sie als Zugang unvoreingenommen die Veränderungen innerhalb der Mannschaft mit und wie sich das Team noch austarieren muss?

Kirchhoff: Es dauert Zeit, sich an die neuen Abläufe zu gewöhnen. Aber die Mannschaft hat eine super Grundlage, jeder ist offen und zugänglich für die Neuerungen, die gefordert werden. Jeder will sich verbessern, es entsteht kein Unmut oder ähnliches. Die taktische Ausbildung und das Können der einzelnen Spieler sind auf dem höchsten Level angesiedelt. Es sind Nuancen, die umgestellt werden. Das benötigt natürlich seine Zeit, um perfekt zu funktionieren. Aber die Grundlagen sind längst fest verankert. Wir sind gut gewappnet für die kommenden Aufgaben.

SPOX: Gibt es so etwas wie eine oberste Prämisse, die der Trainer immer setzt?

Kirchhoff: Es gibt einige, die Arbeit gegen den Ball oder das Verschieben. Aber keine speziell hervorgehobene Vorgabe.

SPOX: Sie spielten bei Ihren Einsätzen auf der Position vor der Abwehr. Ist das eine langfristig angelegte Lösung oder vom Trainer übergangsweise gewählt, um Ihnen im Mittelfeld mehr Spielanteile und Aktionen zu gewähren, um schneller Ihren Rhythmus zu finden?

Kirchhoff: Das kann ich schwer einschätzen. Auf jeden Fall macht es mir auf dieser Position sehr großen Spaß zu spielen, ich fühle mich da sehr wohl. Und der Trainer traut es mir offenbar zu, diese Position alleine vor der Abwehr zu bekleiden. Ich freue mich über jede Einsatzminute, die ich mit den Spielern auf diesem Niveau absolvieren kann. Wenn der Trainer mich dort aufstellt, freue ich mich und bin zufrieden.

SPOX: Bisher wurden Sie für jeweils rund 20 Minuten eingewechselt. Haben Sie sich ein zeitliches Ziel gesetzt, um in Sachen Stammplatz in der Innenverteidigung oder im Mittelfeld anzugreifen?

Kirchhoff: Da das schwer einzugrenzen ist, gibt es so ein selbst definiertes Ziel für mich nicht. Manchmal bekommt man erst eine halbe Woche später mit, was für einen Schritt man gemacht hat. Für mich gilt jetzt, mich zu stabilisieren und weiter körperlich zuzulegen, um noch aggressiver spielen zu können. Und das muss ich.

SPOX: Können Sie denn abgesehen von Ihren Kurzeinsätzen einordnen, wo Sie derzeit stehen?

Kirchhoff: Es wird noch eine Weile dauern, bis ich sehen kann, wo die Reise hingeht. Aber nicht nur ich bin da sehr entspannt.

Jan Kirchhoff im Steckbrief