Keine Philosophie, kaum Punkte, kein System: Für Trainer Thorsten Fink ist die Zeit beim Hamburger SV nach nur fünf Spieltagen abgelaufen. Am Montagabend trennte sich der selbst ernannte Europacup-Anwärter nach dem Fehlstart von seinem Coach.
Mittlerweile hat Fink seine Entlassung gegenüber dem "NDR" bestätigt. "Ich bin stolz hier gewesen zu sein die zwei Jahre. Ich habe einen tollen Verein trainiert. [...] Jetzt ist es noch früh genug, dass man die Ziele erreicht - auch noch mit einem anderen Trainer." Der HSV hat kurzfristig eine Pressekonferenz angesetzt (11.30 Uhr im LIVE-TICKER).
Noch am Vormittag hatte Vorstandschef Carl Jarchow auf Zeit gespielt. "Ich habe grundsätzlich immer einen langen Atem. Im Vorstand erwarten wir aber schon, dass gewisse Dinge umgesetzt werden. In Dortmund hat sich das Debakel von Hoffenheim wiederholt - die Defensive ist unser Schwachpunkt, diese Fehler müssen wir umgehend abstellen", sagte Jarchow.
Nächster Offenbarungseid in Dortmund
Doch 15 Gegentreffer in fünf Spielen waren am Ende wohl zu viel. Das 2:6 am Samstag in Dortmund war nach dem 1:5 im eigenen Stadion gegen 1899 Hoffenheim bereits die zweite Klatsche für den Bundesliga-Dino in der noch jungen Saison. In der momentanen Verfassung droht dem HSV sogar der Abstiegskampf.
"Teams wie Werder Bremen oder Eintracht Braunschweig, die mit Sicherheit unsere Kragenweite sein müssten, haben es uns vorgemacht und in Dortmund weit weniger Gegentreffer bekommen", sagte Jarchow zerknirscht. Aufsteiger Braunschweig kassierte beim Vizemeister zwei, Bremen lediglich einen Treffer.
Keine Linie zu erkennen
Nach fünf Spielen fehlt dem Hamburger Spiel eine klare Linie, ein Korsett, an dem sich die Spieler orientieren können. Mit seinen taktischen Varianten schien Fink, der gegen Dortmund bereits mit dem vierten Systemwechsel im fünften Spiel überraschte, seine Profis zu überfordern.
Gerade einmal 20 Minuten waren bei der Borussia gespielt, bis Fink von der unorthodoxen Dreier-Kette wieder auf das gewohnte System mit vier Verteidigern umstellte. "Vielleicht war es ein kleines Risiko, mit Dreier-Kette zu spielen", analysierte Sportchef Oliver Kreuzer mit finsterer Miene.
Mangelhafte Mannschaftsführung
Die teilweise unterirdischen Bundesliga-Auftritte der Hamburger waren nicht die einzigen Dinge, die in der Hansestadt übel aufstießen. Neben der Spiel- wurde zunehmend auch die Mannschaftsführung des gebürtigen Dortmunders kritisiert. So flog Fink nach einem Gespräch mit Kreuzer am Sonntagvormittag zu seiner Familie nach München, anstatt das Auslaufen der Mannschaft zu betreuen.
"Das ist ziemlich unglücklich zu dem Zeitpunkt, das werden wir nochmal besprechen", sagte Kreuzer am Montag bei "Sky Sport News HD". Bereits nach dem Hoffenheim-Spiel hatte Fink sich den Unmut des Vorstands auf sich gezogen, als er seinen Spielern zwei Tage frei gab.
Und dann war da ja noch die Posse um die aussortierten Slobodan Rajkovic und Michael Mancienne, die die Position des Trainers nicht unbedingt gestärkt hat. Der Begnadigung der beiden Innenverteidiger durch Fink folgte am Wochenende das Machtwort von Kreuzer ("Beide machen kein Spiel mehr").
Gespräche mit Babbel
Und so wird Fink schon im Nordderby am kommenden Samstag gegen Werder Bremen nicht mehr auf der Bank sitzen. "Gegen Werder geht es um alles", hatte Rafael van der Vaart zuletzt gesagt. Für Fink gilt das nach fast zwei Jahren in Hamburg nicht mehr.
Laut "Matz AB" sollen bereits erste Gespräche mit Markus Babbel geführt werden, der zuletzt bei 1899 Hoffenheim unter Vertrag stand.
Der Hamburger SV im Überblick