Gianluca Gaudino, Sohn des Ex-Bundesliga Profis Maurizio Gaudino, begeistert in der Vorbereitung die Fans des FC Bayern München. Auch Trainer Pep Guardiola ist angetan von seinem neuen Schützling, das Umfeld tritt aber auf die Bremse.
Guardiola ist voll in seinem Element. Der Trainer des FC Bayern schießt über den Platz, seine Hände fliegen nur so durch die Luft. Pep verbildlicht zwei, drei, vier Pässe und läuft dann plötzlich schräg nach rechts, nur um wenige Sekunden später die gleiche Strecke rückwärts wieder zurück zu laufen.
Am Boden sitzt ein Spieler des FCB. Mit großen Augen und offenem Mund verfolgt er die Bewegungen des Spaniers, man meint ihm leichte Überforderung anzusehen. Dabei ist Gianluca Gaudino nur selten überfordert, so scheint es während der Vorbereitung des deutschen Rekordmeisters auf die kommende Saison.
Erst 17 Jahre alt, war dem jungen Mittelfeldspieler kaum anzusehen, dass er erst wenige Wochen mit dem Profiteam trainieren durfte. Intelligente Pässe und Dribblings, ein gutes Auge für den Mitspieler und eine für seine geringe Erfahrung verblüffende Ruhe ließen Pep zu der Aussage hinreißen, es sei "schwierig als Jugendspieler noch besser zu spielen."
"Gianni hat herausragende Qualitäten"
Gegenüber SPOX schwärmte Guardiola regelrecht von seinem neuesten Zugang: "Gianni hat herausragende Qualitäten und er ist im Kopf sehr stark. Er ist weiter als andere in seinem Alter." Die Zugehörigkeit zur A-Jugend des FC Bayern könnte schon bald der Vergangenheit angehören, will der Trainer doch, dass "er noch länger bei uns trainiert."
Sogar im Supercup (18 Uhr im LIVE-TICKER) stehen die Chancen für den Sohn von Maurizio Gaudino bei weitem nicht schlecht. "Ich habe nur acht, neun Spieler", warnte Pep einen Tag vor dem Duell mit Borussia Dortmund - das fitte Personal ist spärlich gestreut, Gaudino konnte in den Testspielen einen guten Eindruck hinterlassen.
Er passt einfach zum Denken von Guardiola. Klein, beweglich und mit hoher Spielintelligenz ausgestattet, erinnert er ein wenig an den typischen Pep-Spieler. Andres Iniesta, möchte man bereits weit vorausgreifen, scheint durchaus eine gewisse Ähnlichkeit zu haben mit Gaudino. Eine Mischung aus Acht und Zehn und ohne große Anpassungsprobleme auch als inverser Flügelspieler einzusetzen.
Eheste Parallele: Thiago
Im Bayern-Kader findet man diesen Spielertyp nur schwer. Ribery, Robben und Shaqiri sind direkter, mit mehr Zug zum Tor, mehr auf dem Flügel zu finden. Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm denken merklich defensiver und beschränken ihre Dribblings auf ein Minimum. Toni Kroos spielt inzwischen bei Real Madrid, Thiago schlägt sich mit einer Verletzung herum.
Der Spanier dürfte es jedoch sein, der Gaudino am nächsten kommt. Michael Tarnat, Jugendkoordinator in München, bekräftigte diese Annahme exklusiv gegenüber SPOX: "Er hat eine unheimliche Ruhe am Ball und eine super Technik. Er kann das Spiel unheimlich gut lesen und weiß genau, wo der Ball hingeht."
Dennoch, weiß er auch um seine eigenen Schwächen, so Tarnat weiter: "Aufgrund seiner körperlichen Statur muss er natürlich im Zweikampf - vor allem auch defensiv - nachlegen." Eine Tatsache, die sich bei den Profis schnell ändern sollte: "Da muss er von Haus aus in die Zweikämpfe gehen. Gianni weiß, dass er sich da verbessern muss."
"Wir müssen ihn schützen"
Bei all dem Lob gilt es jedoch auch, auf die Bremse zu treten. Matthias Sammer mahnte noch in New York: "Er hat einen großen Namen. Da ist der Druck per se schon da. Wir müssen ihn auch ein Stück weit schützen, damit er sich so weiterentwickeln kann." Gaudino soll es langsam angehen lassen, Schritt für Schritt machen und sich seinen Platz im Team erarbeiten.
Der große Name ist dabei nur bedingt eine Hilfe. Vater Maurizio absolvierte fast 300 Bundesligaspiele, stand in der Königsklasse und der Premier League auf dem Rasen. Die Erwartungen und Ansprüche sind groß, denkt man an den Namen Gaudino. Doch die Familie ist auch ein gesunder Halt.
"Er ist bei den Spielen dabei und ab und zu auch bei Trainingseinheiten. Als Gianni in die U 19 gekommen ist, hat er sich dafür interessiert, wie es jetzt weitergeht. Der Austausch ist sehr, sehr eng", verrät Tarnat. Er habe ein Auge auf seinen Sohn und könne ihm auch mit seiner Erfahrung stets zur Seite stehen, so Gaudino Senior: "Er bekommt von mir immer einen ehrlichen, direkten Rat, wenn er fragt, und muss keine Angst haben, aus Profitgründen transferiert zu werden."
Die Zeit ist da
Auch er warnt vor zu frühen Schlüssen. Man müsse seinem Sohn "Zeit geben", trotz der Tatsache, dass es "zuletzt viele Fragen nach ihm" gegeben habe. Die Zeit wird der 17-Jährige bekommen, wenn auch wohl nur häppchenweise. Guardiola gilt als Trainer, der auch jungen Spielern volles Vertrauen ausspricht. Doch das Mittelfeld beim FCB ist prall gefüllt mit Weltmeistern und Champions-League-Siegern.
Tarnat sieht Peps neuesten Schützling aber vor der internen Konkurrenz aus der eigenen Jugend. Das Feedback sei positiv, er habe sehr gut trainiert und auch in den Spielen alle Vorgaben des Trainers zu dessen vollster Zufriedenheit umgesetzt. Dennoch kein Grund, sich abzuheben, so Guardiola: "Er verbringt viel Zeit mit den anderen jungen Spielern, er bleibt auf dem Boden."
Dafür sorgen auch die Teamkameraden. Es ist nur eine Szene aus vielen, die Gaudino auf der US-Tour erlebte: Im elf gegen elf zum Abschluss des Trainings entwischt ihm zum wiederholten Male ein Gegenspieler, Holger Badstuber griff ein: "Jetzt ist zum dritten Mal einer in deinem Rücken weggelaufen. Das kann nicht sein." Starke glättete die Wogen, wenig später landete ein Traumpass Gaudinos bei Lewandowski.
Einen Platz im Team zu finden, wird dennoch schwer. Wichtige Spieler wie Lahm oder Alaba sahen sich allerdings demselben Problem gegenüber und wählten einen Umweg über Stuttgart bzw. Hoffenheim in die erste Mannschaft. Bis dies jedoch eine ernsthafte Option wird, ist er beim FC Bayern bestens aufgehoben. Denn überfordert ist Gaudino wirklich nur selten.
Gianluca Gaudino im Steckbrief