Stephan Schmidt war erst im Jugendbereich bei Hertha BSC und dem VfL Wolfsburg tätig. Nach den kurzen Stationen beim SC Paderborn und Energie Cottbus im Herrenbereich ist er nun bei Schalke 04 wieder als Jugentrainer aktiv.
SPOX: Herr Schmidt, Sie sind als Trainer im Jugendbereich bei Hertha BSC und dem VfL Wolfsburg eingestiegen und waren später Coach der Profis in Paderborn und Cottbus. Seit Beginn der Saison sind Sie Übungsleiter der Schalker U16. Wie ist es dazu gekommen?
Stephan Schmidt: Die Jugendarbeit ist die Wiege unserer Weltmeister und die Basis für nachhaltigen Vereinserfolg. Als die Anfrage vom FC Schalke 04 kam, war es für mich deshalb keine Entscheidung gegen ein Engagement im Profibereich, sondern eine bewusste Investition in meine persönliche Trainerlaufbahn, in einem der Top-Leistungszentren unter hochprofessionellen Bedingungen mit der nächsten Spielergeneration zu arbeiten. Ich bin froh, ein Teil der Knappenschmiede zu sein.
SPOX: Sie kommen aus einem sogenannten Sabbatjahr. Wie haben Sie die Zeit genutzt?
Schmidt: Für mich war es kein Sabbat-, sondern ein Weiterbildungsjahr. Ich habe mir bewusst Zeit genommen, um meinen bisherigen Werdegang zu reflektieren und neue Impulse aufzunehmen. Durch die Hospitationen im Ausland sowie Gespräche mit Trainer- und Managerkollegen habe ich so wertvolle Erfahrungen sammeln können, die im Tagesgeschäft in der Form nicht möglich gewesen wären. Dadurch sind neue Blickwinkel auf den Fußball und die Trainingsmethoden entstanden, die ich nun im ersten Schritt in der Jugendarbeit anwenden möchte.
SPOX: Was haben Sie genau reflektiert?
Schmidt: Durch die unterschiedlichen Einflüsse macht man einen Reifeprozess durch. Ich habe mich selbstkritisch mit meiner zwölfjährigen Trainertätigkeit auseinandergesetzt und die einzelnen Stationen Revue passieren lassen. Jetzt geht es darum, diese Erkenntnisse umzusetzen.
SPOX: Sie haben zudem ein Buch geschrieben: "Im Glanz des 4. Sterns". Was hat es damit auf sich?
Schmidt: Die Idee entstand während meiner Trainertätigkeit, fand jedoch erst jetzt Gelegenheit zur Umsetzung. Es ist ein Gemeinschaftswerk von Tim Stegmann und mir, das dank der Unterstützung namhafter Protagonisten noch mehr Substanz erhält. Es ist ein Buch, das die mittlerweile exzellente Nachwuchsarbeit in Deutschland würdigt und darstellt. Unheimlich positiv war, dass das ganze Projekt trotz der recht namhaften Besetzung so unkompliziert ablief.
SPOX: Huub Stevens formulierte das Vorwort, Marco Reus, Ralf Fährmann, Shkodran Mustafi und Sebastian Rode beschreiben in einem Kapitel Ihre individuellen Trainingseinheiten. Wie lief die Zusammenarbeit ab?
Schmidt: Wirklich super, da alle gerne ein Teil unseres Projekts sein wollten. Sebastian Rode hat mich zum Beispiel sehr beeindruckt: Er hat einen Status als Star bei Bayern München und ist trotzdem extrem bodenständig und bescheiden.
SPOX: Sie widmen einen großen Teil des Buches der Analyse der Nachwuchsarbeit in Deutschland. Erhält diese in Ihren Augen die Beachtung, die sie verdient?
Schmidt: Ich war vor kurzem mit meiner Mannschaft international unterwegs und habe dabei eine besondere Wertschätzung kennengelernt. Die Trainer europäischer Spitzenvereine wie Manchester City, dem FC Liverpool oder Benfica Lissabon haben Deutschland für die Nachwuchsarbeit gelobt. Da bei uns nicht nur ein oder zwei Vereine tolle Arbeit im Jugendbereich abliefern, werden wir beneidet - und zwar von vielen Teilen Europas. Denn bei uns wird die Förderung der Junioren als nationale Aufgabe gesehen.
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SPOX: Ist das qualitative Maximum in der Ausbildung erreicht?
Schmidt: Wir haben eine sehr gute Basis - egal, ob es die Infrastruktur, die Manpower oder die inhaltliche Konzeption innerhalb der Nachwuchsleistungszentren betrifft. Um diesen sehr guten Status zu erhalten, müssen wir uns jedoch täglich weiterentwickeln, hinterfragen und konsequent an neuen Zielen arbeiten.
SPOX: Thomas Tuchel sprach sich kürzlich bei einem Vortrag gegen eine Rundumversorgung aus, Nachwuchsspieler müssten vielmehr Widerstand erfahren und sich den Weg freikämpfen. Sind Sie seiner Meinung?
Schmidt: Thomas Tuchels Ansatz ist völlig richtig und wird bereits in den Vereinen gelebt. Wichtige Bestandteile der Ausbildung sind Selbstständigkeit und Persönlichkeitsentwicklung der Spieler. Wir Trainer wollen, dass die Spieler auf dem Platz schnell und selbstständig handeln. Deshalb sollte das auch neben dem Platz so sein.
SPOX: Abseits des Spielfelds sind Sie nicht nur durch das Buch in Erscheinung getreten, sondern auch als Protagonist im Film "Trainer!" von Regisseur Aljoscha Pause. Wie ist es damals dazu gekommen, dass Sie als Trainer des SC Paderborn 07 zugesagt haben?
Schmidt: Der Regisseur hat mich kontaktiert. Da es ein einzigartiges Projekt ist, war ich schnell von seiner Idee überzeugt. Diese Dokumentation war für mich ein Gewinn, gerade was die persönliche Erfahrung mit Medien angeht.
SPOX: Sie sagten damals, dass man Sie irgendwann einmal als Trainer in der Bundesliga sehen wird. Das ist bislang noch nicht passiert. Hätten Sie sich diesen Ausspruch also besser sparen sollen?
Schmidt: Ich wollte damit ausdrücken, dass sich jeder - egal, ob Trainer oder Spieler - die ehrgeizigsten Ziele stecken sollte. Das heißt, dass ich als Spieler der beste Fußballer werden und als Trainer den besten Trainerjob machen möchte. Mein Fokus ist nicht auf die Zukunft gerichtet, sondern auf den Moment. Denn nur dann kann man sich verbessern und das ist immer mein Ziel.
SPOX: Während der Dreharbeiten mussten Sie in Paderborn gehen. Hat Sie das geärgert?
Schmidt: Natürlich hat mich das geärgert, aber nicht wegen der Dreharbeiten, sondern weil ich einen perfekten Job machen möchte. Der Film zeigt den Zuschauern, dass der Trainerjob ein Alltagsgeschäft mit positiven und negativen Seiten ist. Da nehme ich mich persönlich nicht so wichtig. Der Trainerjob ist wie eine Tour de France mit ihren Höhen und Tiefen, mit schnellen Passagen und kurvenreichen Etappen. Wichtig ist, dass man so schnell wie möglich wieder auf die Ideallinie kommt. Dazu gehört mitunter auch, dass man kurzfristig vom Sattel steigen muss.
SPOX: Knapp ein halbes Jahr später haben Sie bei Energie Cottbus angeheuert. Nach acht Niederlagen und einem Remis war dort allerdings schnell wieder Schluss. War die Pause zwischen Paderborn und Cottbus im Nachhinein gesehen zu kurz?
Schmidt: Nicht die Pause, sondern die spezielle Situation vor Ort im Abstiegskampf war der Grund des negativen Abschneidens in Cottbus. Dennoch war es ein wichtiger Schritt für meine persönliche Entwicklung als Trainer. Gerade nach negativen Erlebnissen reflektiert man die eigene Person und das Umfeld viel intensiver und kann daraus seine Lehren ziehen.
SPOX: Zu welchem Schluss sind Sie gekommen?
Schmidt: Der Abschied aus Cottbus war von größtem Respekt geprägt. Ich freue mich, wenn die Energie erfolgreichen Fußball spielt, genauso wie ich Paderborn die Daumen für eine erfolgreiche Saison drücke. Beide Vereine hatten den Mut, mit mir einen sehr jungen Trainer zu verpflichten und dafür bin ich ihnen dankbar.
SPOX: Im Sommer sind Sie dann bei der Schalker U16 gelandet. Haben Sie sich nach Ihrer Vorerfahrung in Berlin und Wolfsburg wieder bewusst für eine Jugendmannschaft entschieden?
Schmidt: Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Buch habe ich mich trotz vereinzelter Anfragen aus dem Profifußball zum jetzigen Zeitpunkt bewusst für ein Engagement im Nachwuchsbereich entschieden. Beim FC Schalke 04 finde ich mit der Knappenschmiede ein herausragendes Umfeld, um meine Erfahrungen aus dem Weiterbildungsjahr an die nächste Spielergeneration weiterzugeben.