So schlägt man die Bayern (nicht)

Ben Barthmann
19. Januar 201610:52
Pep Guardiola hat sich verschiedenen Taktiken ausgesetzt gesehengetty
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Wie begegnet man der übermächtigen Guardiola-Elf? 17 Hinrunden-Gegner versuchten die unterschiedlichsten Dinge. Vor dem Rückrundenauftakt der Bayern beim Hamburger SV (Fr., 20.30 Uhr im LIVETICKER) wirft SPOX einen Blick auf die Taktiken der Klubs. Von Frankfurts Sechserkette bis zu Gladbachs siegreichem 3-5-2.

17 Spiele, 15 Siege, ein Unentschieden, eine Niederlage. Was der FC Bayern in dieser Saison mit der Bundesliga anstellt, ist aber nicht nur in simplen Zahlen festzuhalten. Nicht einmal die erzielten 46 Tore, die lächerlichen acht Gegentore oder die gewohnt beeindruckenden Passstatistiken wollen so recht darlegen, was Pep Guardiola in seinem dritten Jahr erschaffen hat.

Ein Monster rufen die einen, die beste Mannschaft der Welt die anderen. Der Trainer selbst ist zufrieden. So zufrieden, dass er nach dem letzten Schlusspfiff der Saison seine Sachen an der Säbener Straße packen wird. Wie viele Niederlagen er bis dahin noch erleiden wird, steht in der Sternen. Klar ist nur eins: Viele werden es nicht.

Guardiolas Vermächtnis in München: Pep oder Pal?

Die Stärke des FC Bayern in dieser Saison ist beeindruckend. Von Sieg zu Sieg ging es durch die Bundesliga, nur Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach knöpften dem Rekordmeister Punkte ab. Die Bayern spielen einfach jedes Spiel aufs neue ihren Stiefel herunter - könnte man meinen. Wären da nicht die Experimente, die Versuche der gegnerischen Trainer, Guardiolas Spielern Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

Die Stärken des FC Bayern

Vor jedem Spiel zerbrechen sich diese den Kopf und suchen in der breit gefächerten Welt der Taktik irgendein noch so kleines Schlupfloch, das den Besuch in der Allianz Arena nicht nur erträglich, sondern erfolgreich gestaltet. Aber der Tabellenführer hat die Schlupflöcher in den letzten Jahren Stück für Stück gestopft.

Der Spielaufbau fällt ihnen leicht wie kaum einer anderen Mannschaft. Die zahlenmäßige Besetzung der ersten Aufbaulinie ist praktisch frei anpassbar, die ständigen Bewegungen von Linie zu Linie, hier ein Abkippen, dort ein Aufrücken, sind nicht nur im Kopf des Trainers, sondern auch der Spielintelligenz vieler Akteure zu verdanken.

Die perfekte Raumaufteilung des Feldes in fünf oder bisweilen sechs vertikale Streifen ermöglicht ideale Passabstände. Freie Positionswechsel machen eine mannorientierte Verfolgung einzelner Spieler schwer. Ein Mittelfeldspieler fällt nach links hinten, besetzt damit einen der sechs Streifen, der linke Außenverteidiger bewegt sich nach vorne und in den anliegenden rechten Streifen.

Die Positionierung der Bayern im Ballbesitz gegen Wolfsburgs 4-4-2. Boateng stößt mit dem Ball nach vorneSPOX

Für mobile Nutzer: Bayerns Struktur in Ballbesitz

Seitenwechsel und Zwischenlinienspiel

Das macht die Bayern nahezu unverwundbar, was Angriffspressing angeht. Die fußballerische Stärke Manuel Neuers kommt noch hinzu. Wer eine Guardiola-Mannschaft im Spielaufbau attackieren will, gerät unweigerlich in gefährliche Unterzahl in anderen Bereichen des Feldes.

Haben die Bayern erst den Spielaufbau hinter sich gelassen, läuft der Ball nicht minder gut. Es geht durch die Mitte, die Flügel oder die Halbräume dazwischen, das funktioniert fließend und jederzeit anpassbar. Kurze Überzahlmomente in einem Raum ermöglichen - hier kommt wieder die Raumaufteilung mit sechs besetzten Streifen ins Spiel - den schnellen Seitenwechsel.

Dazu kommen acht horizontale Streifen, in denen sich die Bayern bewegen, wie das gut versteckte, aber über Satellitenbilder einsehbare Trainingsfeld an der Säbener Straße verrät. So bleiben die Abstände richtig, Verbindungen zwischen Spielern werden nicht durch zu schwere Passwinkel zerrissen.

Zudem oft vernachlässigt: Die dadurch herausragende Struktur nach Ballverlusten, um direkt ins Gegenpressing zu gehen sowie ein eingespieltes Angriffspressing mit harmonierenden Mann- und Raumorientierungen, das den Gegner immer nach außen drängen will.

Die Angriffs- sowie Chancenverteilung der Bayern in dieser Bundesliga-HinrundeSPOX

Für mobile Nutzer: Die Angriffs- und Chancenverteilung der Bayern

Gleichzahl nicht gleich Gleichzahl

Diese rudimentäre Analyse lässt schon einige Schlüsse zu: Wer gegen den FC Bayern bestehen will, der muss unglaublich kompakt stehen, die Abstände zwischen den Spielern möglichst klein halten und doch extrem schnell und gut koordiniert umschalten, um auch offensiv Gefahr auszustrahlen.

Eine hohe Kompaktheit, ständige Überzahl in Ballnähe - gegen den FC Bayern muss eine quantitative Gleichzahl nicht auch qualitative Gleichzahl bedeuten - sowie ein gut ausgearbeiteter Plan nach Balleroberung sind entscheidend. Viele Gegner entschließen sich zudem dazu, vor allem anderen die Mitte zu verschließen, am gefährlichsten ist schließlich noch immer der Raum zentral vor dem Tor.

Das mag einfach klingen, gescheitert sind dennoch 15 von möglichen 17 Mannschaften. Die Frage, die sich oft stellt, ist die zwischen Taktik und eigentlicher Ausrichtung der Mannschaft. Wer gegen 16 Mannschaften der Bundesliga in einem 4-2-3-1-Grundsystem aufläuft, wird Probleme haben, gegen den FC Bayern eine Fünferkette auf höchstem Niveau auf den Platz zu bringen. Dennoch wählen viele Trainer diesen Weg.

Es stellt sich die Frage: Welche Wege genau wählten die Trainer der Bundesliga eigentlich? Da wäre die viel diskutierte Fünferkette, die vor allem gegen Ende der Hinrunde des Öfteren Anwendung fand, da wäre auch die Sechserkette der Frankfurter Eintracht sowie diverse Variationen mit Viererkette. Nur auf die Anzahl der Abwehrspieler lässt sich das Herangehen natürlich nicht reduzieren. Manche Mannschaften versuchten es mit höherem Pressing, manche mannorientiert im Mittelfeld, ein Team gar mit einer Art Libero.

Die Variationen waren zahlreich und in den meisten Fällen erfolglos, weil Guardiola am Ende doch immer eine Lösung fand. Die auf dem Papier mutigste Variante war ausgerechnet die, die in einem 3:1-Sieg resultierte. Doch der Reihe nach.

Bloß kein Gegentor: Die Sechserkette

Die sicherlich defensivste Variante wählte Frankfurt gegen den Rekordmeister. Armin Veh ließ seine Spieler anfangs noch in einem 4-4-2-Block verteidigen, aus dem Spieler extrem aggressiv herausrückten, mit fortschreitender Spieldauer griff er zuerst zur Fünfer- und aufgrund der zunehmenden Bayern-Dominanz mehr oder weniger freiwillig zur Sechserkette.

Frankfurt verteidigt gegen Ende der Partie sehr defensiv und vor allem sehr flachSPOX

Für mobile Nutzer: Frankfurts Sechserkette am Strafraum

In der Ausführung sollte man sie allerdings vielleicht eher als 4+2erkette bezeichnen, rutschte Frankfurt doch nur bei tiefem Ballbesitz der Münchner so eng auf eine Linie zusammen. Dann sind die Vorteile allerdings schnell gefunden. Die eigenen Flügelspieler verfolgen die Läufe der Bayern auf dem Flügel, die Außenverteidiger können den Halbraum abdecken oder eine 2-gegen-1-Überzahl herstellen.

Teilweise fiel auch ein Mittelfeldspieler mit zurück in die Kette, während ein Flügelspieler auf den Außen attackierte. Damit konnten die Schnittstellenläufe der Münchner gut verfolgt werden und die Seitenwechsel auf Costa waren stets gut abgesichert. Dennoch bringt eine solche flache Einteilung wie im 6-3-1 natürlich auch seine Nachteile mit sich.

Die Koordination gestaltet sich schwierig, man lässt den Gegner sehr nah heran ans eigene Tor, ein eigenes Umschalten nach Ballgewinn ist stark abhängig von Einzelaktionen, denn die Formation ist sehr, sehr flach gestaffelt. Allerdings: Frankfurt schaffte es, den Ballführenden konstant unter Druck zu setzen, ohne sich dabei Gedanken über den Raum hinter sich machen zu müssen und holte damit immerhin einen Punkt.

Erste Wahl: Die Fünferkette

Etwas weniger flach, dafür aber nicht nur in der letzten halben Stunde angewendet, nutzten viele Mannschaften gegen den FC Bayern die Fünferkette in der Abwehr. Auch hier ist die Schlussfolgerung eigentlich einfach. Die Schnittstellen werden nicht weniger, dafür aber kleiner. Manche Vorteile der Sechserkette sind immer noch vorhanden, beispielsweise das schnelle Verschieben bei einem Seitenwechsel, gleichzeitig fällt aber die eigene Koordination etwas einfacher.

Der HSV nutzt das 4-5-1 mit herausrückenden Bewegungen und Manndeckungen auf den FlügelnSPOX

Für mobile Nutzer (GIF): Hamburgs Mischung aus 4-5-1/5-4-1

Großer und oft genutzter Vorteil der Fünferkette ist die Möglichkeit, Spieler beim Zurückfallen zu verfolgen oder deren Aufdrehen Richtung Tor nach einem Anspiel zu verhindern. Was in einer Viererkette große Lücken reißt, kann in einer Fünferkette leicht aufgefangen werden. Mancher mag es auch interpretieren wie die Hertha, gänzlich auf das Abseits verzichten und im Ernstfall die Viererkette mit einem zusätzlichen Mann absichern.

Die Möglichkeiten in der Tiefenstaffelung sind ein wenig besser, das Umschalten oder Erspielen zweiter Bälle ist dennoch schwer. Schiebt man die Fünferkette eine Reihe weiter nach vorne und verteidigt in einem flachen 4-5-1 lassen sich manche Vorteile transferieren. Der HSV setzte auf ein 4-5-1/5-4-1-Mischsystem (siehe GIF rechts), bei dem der defensive Halbraum von einem etwas aus dem Mittelfeld nach vorne rückenden Verteidiger abgesichert wurde. Der stets breite, ballferne Spieler der Bayern wurde beinahe in Manndeckung genommen.

Große Probleme eröffneten sich den Mannschaften allerdings im Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld. Werden dort die Abstände zu groß, nutzen das Spieler wie Thomas Müller gnadenlos. Die Anspiele erleichtern sich zudem, wenn die herausrückenden Bewegungen nicht gut aufgefangen werden. Dann geht die Kompaktheit verloren, einzelne Spieler verlieren sich im gegnerischen Spielaufbau und werden simpel überspielt.

Die mutigere Variante: Doppelspitze

Wer sich gegen die Bayern nicht komplett verschanzen möchte, wählt eine Variante mit zwei Stürmern, beispielsweise in einem 4-4-2 oder einem 4-1-2-1-2, also einer Raute im Mittelfeld. Thomas Tuchel leitete seinen BVB mit eben dieser Raute an und ging damit durchaus ein Risiko. Zwar ist die Tiefe ideal besetzt, das Spiel zwischen die Linien fällt extrem schwer und vor allem ist die Mitte in Überzahl besetzt, die Flügel sind aber angreifbar.

Leverkusen erkennt eine Chance und stellte eine extreme Kompaktheit nahe des Balls herSPOX

Für mobile Nutzer: Leverkusens hohes Pressing im 4-2-2-2

Um diese Schwäche aufzufangen, müssen die Halbspieler der Raute enorme Laufarbeit leisten und über 90 Minuten hochkonzentriert mitarbeiten. Einfache Fehler lassen den eigenen Außenverteidiger ins gezückte Messer laufen. Dafür lässt sich Bayern gut in die weniger gefährlichen Räume locken und das ohne dem eigenen Tor zu nahe zu kommen.

Ähnliches sieht das 4-4-2 oder 4-2-2-2 im Falle von Bayer Leverkusen vor. Beide Grundordnungen sind relativ einfach strukturiert und in hoher Kompaktheit nur schwer zu überwinden. Die flache Vier im Mittelfeld lässt zwar Lücken in Sachen Halbräume und Zwischenlinien, dafür kann aber der gegnerische Spielaufbau mit zwei Stürmern exzellent gelenkt werden.

Wer das hoch interpretiert wie etwa der VfB oder Leverkusen, muss allerdings eine eingespielte Leistung an den Tag legen, denn die Bayern sind vor allem in Person von Jerome Boateng gegen ein hohes Pressing brandgefährlich.

Der Nationalspieler eröffnet nicht nur gekonnt durch auftretende Lücken, sondern auch mittels des langen Balls enorm präzise und findet so meist Robert Lewandowski. Nicht minder interessant: Die angetäuschten Pässe, die den Gegner kurz verschieben lassen, um dann doch in die andere Richtung zu spielen. Dazu binden die Bayern natürlich ohne Probleme Neuer in den Aufbau mit ein.

Bleiben noch zwei Teams, die es gegen die Bayern wirklich wissen wollten. Da wäre der FC Ingolstadt, angereist mit der Leichtigkeit eines Aufsteigers, der eine gute Hinrunde gespielt hat. Die Schanzer rückten gegen den Rekordmeister nicht von ihrem 4-3-3 ab und behielten damit einen ihrer großen Vorteile für sich: Eingespieltheit. Der Dreiersturm zwang die Bayern zu einem tieferen Aufbau, bei dem meist eine Viererkette entstand, deren Passabstände aufgrund der hohen Aggressivität Ingolstadts vergleichsweise klein blieben. So kamen die Schanzer im Mittelfeld in eine 3-3-Gleichzahl, die durch die bei Gelegenheit mutig herausrückenden Außenverteidiger noch verstärkt wurde.

Die Münchner hatten so einige Probleme im Spielaufbau gegen die Hasenhüttl-Elf, wussten aber anfangs auch nicht, die teilweise großen vertikalen Abstände im FCI-Pressing anzugreifen. Das lag zu einem Großteil am exzellenten Verhalten der Stürmer, die sehr kompakt und leicht versetzt die Spielfüße der Bayern-Verteidiger angriffen und so die Passquote der Bayern doch merkbar drückten. Guardiola fordert oft mehrere sichere Bälle am Stück ein, damit sich seine Mannschaft in Position bringen kann. Ingolstadt wusste dies aber gut zu unterbinden.

Druckzone schnell verlassen

Während die Stürmer angriffen, wurden die Abstände aber teils sehr groß. Roger wusste dies zwar lange aufzufangen, die Spielweise ist dennoch höchst riskant und funktionierte wohl nur lange so gut, weil Ingolstadt die Partien zuvor bereits ähnlich anging. Was der bayrische Rivale allerdings mustergültig demonstrierte, war das starke Umschalten nach Ballgewinn. Durch die etwas größeren Abstände gegen den Ball beraubten sie sich nicht, wie viele andere Mannschaften, der Möglichkeit, durch flache, längere Bälle direkt die Druckzone zu verlassen.

Die Bayern gehen nach Ballverlusten ihrerseits schnell in ein Gegenpressing über, das durch die bereits zuvor hergestellte Überzahl in Ballnähe gut gestaffelt ist. Die Ingolstädter konnten diese Überzahlsituationen allerdings schnell überspielen, wenn sie direkt mit der Balleroberung diagonal die heranstürmenden Gegner mieden und sich damit selbst Zeit verschafften. Ist die erste Verteidigungswelle überspielt, geraten die restlichen Bayern-Verteidiger oft in eine Unterzahl, was schnell in Gefahr resultiert.

Angriffspressing gegen die Bayern muss nicht zwingend erfolgslos bleibenSPOX

Für mobile Nutzer: Statistiken zu Ingolstadt und Gladbach

Die Opta-Statistiken zeigen nicht nur gegen den FCI, sondern auch gegen Borussia Mönchengladbach einen leichten, aber doch bemerkenswerten Rückgang der Passquoten der wichtigen Aufbauspieler des FC Bayern, sowie einen Rückgang der kurzen Pässe zu Gunsten von längeren Schlägen. Den Spielaufbau konnten also beide Teams entscheidend stören, so mehr Pässe über eine weite Distanz erzwingen und die Bayern einiger Qualitäten berauben.

Wird der Ball hoch, können die Gegner ihre physische Überlegenheit in der letzten Linie oft ausspielen und vor allem die hohe Münchner Qualität im eigenen Strafraum verhindern.

Gladbach setzte im Gegensatz zu Ingolstadt allerdings nicht auf ein 4-3-3-Pressing, sondern agierte aus einer 3-5-2-Grundordnung heraus. Die Dreierkette als letzte Linie kann zentral eine hohe Kompaktheit gewährleisten, einzelne Vorteile der Fünferkette, wie beim Herausrücken, anwenden und gleichzeitig doch einen Mann für die vorderen Linien entbehren.

Stabile Mittel > stabile Flügel

Das Risiko findet sich dann allerdings auf den beiden Flügeln, wo die Außenverteidiger der Fohlen alleine eine Seite beackerten und damit defensiv stets auf Unterstützung angewiesen waren. Weiteres Risiko: Rücken die Außenverteidiger zu weit nach vorne, kann Bayern in den Rücken auf die schnellen Flügelspieler schlagen.

Gladbach beweist Mut: Der zentrale Innenverteidiger folgt Martinez ins Mittelfeld, Xhaka fällt dafür nach hintenSPOX

Für mobile Nutzer: Gladbach mit hohem Risiko in der Defensive

Das 3-5-2 ist dafür allerdings in der Mitte sehr stabil, drei zentrale Mittelfelspieler können sich gut staffeln und so das Zwischenlinienspiel erschweren, während zwei Stürmer den Spielaufbau der Bayern effektiv unter Druck setzen oder leiten können. Durch Fallen von Lars Stindl oder Granit Xhaka in die nächst defensivere Reihe konnten einzelne Spieler wiederum auf die Flügel ausweichen und dort 1-gegen-1-Situationen für den eigenen Verteidiger verhindern.

Durch Aufrücken der beiden Achter vor Xhaka bis in die Sturmreihe zwang Gladbach die Bayern in teils völlig ungewohnte, sehr tiefe Staffelungen. Guardiola sah fünf bis sechs seiner Spieler im eigenen Drittel, Manuel Neuer stand sekundenlang mit Ball am Fuß und suchte eine Anspielstation. Die hohe Intensität bei Manndeckungen während gegnerischem tiefen Ballbesitz wurde durch gutes Übergeben, Absichern und eine zunehmende Raumorientierung in Nähe des eigenen Tores komplettiert.

Wie schlägt man nun die Bayern?

Es stellt sich nach den Auftritten von Gladbach und Ingolstadt die Frage: Führt mehr Risiko gegen die Bayern auch zu besseren Chancen? Nicht unbedingt. Guardiola legt unglaublich hohen Wert auf einen sauberen, sicheren und vor allem zielgerichteten Spielaufbau. Wer diesen ernsthaft attackieren will, der kann das nicht innerhalb der kurzen Vorbereitung auf das Spiel gegen die Bayern erlernen, sondern muss seine Abläufe nicht nur als einsame Taktik, sondern vielmehr als grundlegende Spielidee mitbringen.

Somit ist wohl die Kombination aus eigenen Stärken mit einer Anpassung an den FC Bayern die sinnvollste Wahl. Warum sollte ein eingespieltes 4-4-2-Mittelfeldpressing nicht auch gegen die Bayern funktionieren, wenn man es in den Trainings zuvor leicht anpasst und in manchen Szenen durch freiere Interpretation der Linien ein 4-5-1 oder 5-4-1 herstellt? Es kann, muss allerdings nicht.

Die Gefahr ist immer da, dass die Bayern durch Einzelaktionen zum Torerfolg kommen. Die Gefahr ist immer da, dass Guardiola seine Mannschaft während des Spiels zwei-, dreimal umstellt. Gerade hier ist noch viel Potenzial vorhanden. Nur selten können sich die Gegner so schnell anpassen wie der FC Bayern, auf plötzlich entstehende Unter- oder Überzahlsituationen in bestimmten Bereichen reagieren und diese wieder ausgleichen.

Das eigene System passt sich schneller an als ein in wenigen Trainingseinheiten einstudiertes. Somit sollte man gegen den FC Bayern München vielleicht nicht mehr Mut, sondern vielmehr mehr Selbstvertrauen fordern. Die eigenen Stärken nutzen und wissen, wie man sie auch gegen den Tabellenführer einbringt. Eine Erfolgsgarantie bringt ohnehin keine taktische Wahl mit sich.