Arjen Robben steht im Pokalfinale vor seinem letzten Spiel für den FC Bayern. Was für ein Typ verliert der deutsche Fußball?
Oliver Kahn: Schon so eine Art Bayern-Legende. Er hat viele wichtige Tore gemacht und großen Anteil daran, dass Bayern München etwas einzigartiges geschafft hat, nämlich sieben Mal in Folge die Meisterschaft zu gewinnen. Und natürlich 2013 die Champions League sowie unzählige weitere Titel.
Und Franck Ribery?
Kahn: Er hat im Grunde genommen genau die gleichen Qualitäten wie Arjen Robben. Vielleicht ein bisschen verspielter, aber auch technisch ein bisschen besser. Ich glaube, die zwei werden dem FC Bayern schon gewaltig fehlen. Nicht nur von der Qualität, sondern auch als kernige Typen.
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Sind Kingsley Coman und Serge Gnabry die richtigen, um in ihre Fußstapfen zu treten?
Kahn: Wenn man sich Gnabry anschaut, ist es schon spannend zu sehen, welche Entwicklung er gemacht hat. Am Anfang war er noch nicht so auffällig und hat jetzt Stück für Stück seinen Weg zum Stammspieler gemacht. Das Gleiche gilt für Coman. Wenn du immer zwei so Topspieler wie Robben und Ribery vor dir hast, ist es manchmal nicht so einfach, sich in deren Windschatten zu etablieren. Da beide jetzt aufhören, spüren Gnabry und Coman mehr Verantwortung. Das kann dazu führen, dass sie nochmal einen weiteren Schritt nach vorne machen.
Alle vier hatten am Samstag maßgeblichen Anteil am Sieg gegen Frankfurt, mit dem die Meisterschaft perfekt gemacht wurden. Wie bewerten Sie den Titelgewinn und den Anteil von Niko Kovac daran?
Kahn: Niko Kovac ist in eine ganz schwierige Situation reingekommen. Einige Spieler wie Robben und Ribery waren schon in einem gewissen Alter. Dann gab es vorher eine katastrophale WM in Russland mit dem deutschen Vorrunden-K.o., nach dem kein Nationalspieler Lust auf Fußball hatte. Hinzu kamen Verletzungen und noch ein neuer Trainer. So eine Situation ist nicht einfach zu bewältigen. Dass es Niko Kovac geschafft hat, Meister zu werden und auch noch den DFB-Pokal gewinnen kann, ist - wenn man das reine Resultat sieht - sicherlich alles andere als schlecht.
Kahn: "BVB hat zu viele Fehler gemacht"
Wäre für Borussia Dortmund mehr drin gewesen als Platz zwei?
Kahn: Dortmund muss analysieren, was der Unterschied war zwischen der sehr souveränen Vorrunde und der Rückrunde, in der neun Punkte Vorsprung auf Bayern verspielt wurden. Irgendwann haben sie einfach zu viele Fehler gemacht, auch individuell. Deutscher Meister zu werden, auch das muss man lernen. Das gilt gerade für so eine junge Mannschaft. Im Golf sagt man, es kommt auf die letzten neun Löcher nach vier Tagen an. Da musst du da sein. Im Fußball ist es ähnlich, es geht um die Rückrunde.
Und da hat Bayern geliefert...
Kahn: Sie haben es mal wieder clever gemacht: Eine sehr bescheidene Hinrunde gespielt und dann nach der Winterpause Gas gegeben. Bei Dortmund war es genau umgekehrt. Das zeigt mir, dass das Team möglicherweise noch ein bisschen jung ist. Aber es sind intelligente Jungs und mir gefallen ihre Aussagen, dass sie in dieser Saison so viel gelernt haben. Das bringt es auf den Punkt.
Kahn: "Bürki hat eine sehr gute Saison gespielt"
Welche Torhüter haben aus Ihrer Sicht die Liga geprägt?
Kahn: Roman Bürki hat sicherlich eine sehr gute Saison gespielt. Natürlich wurde es ein bisschen überschattet von seinem Fehler in Bremen, der möglicherweise entscheidend für den Ausgang der Meisterschaft war. Ein eher ruhiger, unauffälliger Torhüter ist Peter Gulacsi von Leipzig, der unglaublich konstant ist, ganz wenige Fehler macht und sich Jahr für Jahr weiterentwickelt hat. Ein sehr, sehr interessanter Typ ist für mich Alexander Schwolow, der mit seinem modernen Torwartspiel einen großen Anteil am Freiburger Klassenerhalt hatte. Und natürlich darf man Alexander Nübel von Schalke 04 nicht vergessen, der zu Recht als großes Talent gilt. Für sein junges Alter hat er beeindruckend stabile Leistungen gezeigt.
Abschließend in die zweite Liga: Der Hamburger SV hat die direkte Bundesliga-Rückkehr verpasst. Muss der Verein jetzt aufpassen, dass es nicht noch weiter abwärts geht?
Kahn: Ich gebe nie auf beim HSV. Schon allein deshalb, weil er so eine gigantische Tradition hat. Ich glaube nicht, dass das zweite Jahr schwieriger wird. Für den HSV kann es nur ein Ziel geben. Sie müssen analysieren, was in dieser Saison nicht optimal lief und dann wieder voll angreifen. Ich drücke dem HSV, der übrigens mit Julian Pollersbeck auch einen sensationellen Torwart hat, alle Daumen. Früher oder später werden sie in der Bundesliga zurück sein. Der HSV wird niemals in der Versenkung verschwinden.