Die Suche nach dem Bomber

Von Andreas Lehner
Der Kader des 1. FC Nürnberg für die Saison 2013/14
© getty

In den Tagen vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison stellt SPOX alle 18 Klubs in einer Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: 1. FC Nürnberg.

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Der Club hat erneut eine Saison ohne große Abstiegssorgen hinter sich. Zwischenzeitlich durften die Fans sogar von einer Teilnahme am Europapokal träumen. Am Ende reichte es zu einem souveränen und leistungsgerechten zehnten Platz.

"Das war ein gutes Jahr für den Club", sagt Trainer Michael Wiesinger. Die Nürnberger haben sich seit dem Aufstieg 2009 in der Bundesliga etabliert, trotzdem ist das oberste Ziel des Vereins zunächst weiter der Klassenerhalt.

Das ist neu

Aus den vergangenen Jahren ist der Club gewohnt, in der Sommerpause wichtige Spieler zu verlieren. Oft endeten Leihgeschäfte und die Spieler mussten zu ihrem Stammverein zurück oder aber die herausragenden Akteure hatten sich für höhere Aufgaben angeboten.

Vor dieser Saison fiel der Aderlass quantitativ relativ gering aus. Der Club konnte es sich sogar leisten, ein hoch dotiertes Angebot für Hiroshi Kiyotake abzulehnen. Allerdings verließen mit Timm Klose (VfL Wolfsburg) und Timmy Simons (Club Brügge) zwei wichtige Spieler aus dem Herzstück der Mannschaft, der Defensive, den Verein.

Die Lücke von Klose, der seinem alten Trainer aus Nürnberg Dieter Hecking folgte, soll Emanuel Pogatetz schließen. Der Österreicher ging den entgegengesetzten Weg und kam aus Wolfsburg nach Franken. Beim VfL verlor er nach der Entlassung von Felix Magath seinen Stammplatz und wurde im Winter zu West Ham United ausgeliehen, wo er ebenfalls nur sporadisch zum Einsatz kam.

Auf einen direkten Ersatz für Simons verzichtete der Club. Der Abgang des zentralen Spielers vor der Abwehr soll intern aufgefangen werden. Mit dem erst 18-jährigen Niklas Stark soll im Schatten der erfahrenen Markus Feulner und Hanno Balitsch ein Eigengewächs auf der Sechserposition aufgebaut werden.

Die größte Veränderung gab es im Angriff. Der Club erzielte vergangene Saison 39 Treffer (nur Fürth, Augsburg und Stuttgart trafen seltener), Abwehrspieler Per Nilsson war mit sechs Toren sogar bester Schütze. "Die Durchschlagskraft hat etwas gefehlt", sagt Sportvorstand Martin Bader, "deswegen haben wir drei Stürmer geholt."

Daniel Ginczek (Borussia Dortmund), Josip Drmic (FC Zürich) und Mariusz Stepinski (Widzew Lodz) sollen als Bomber in Erscheinung treten und an Zeiten anknüpfen, in denen der Club mit Marek Mintal den Torschützenkönig stellte. Jener Mintal, der vor der Saison zum Co-Trainer ernannt wurde.

Für Ginczek und Drmic griff der Verein für seine Verhältnisse tief in die Tasche. 1,5 Millionen Euro zahlte der FCN für Ginczek, der letzte Saison als BVB-Leihgabe für den FC St. Pauli 18 Treffer in der 2. Liga erzielte. Für den 20-jährigen Schweizer Nationalspieler Drmic legte der Club sogar drei Millionen auf den Tisch. Er kommt mit der Referenz von 13 Toren in 31 Spielen in die Bundesliga.

Die Taktik

Durch den Abschied von Simons hat auch das 4-1-4-1-System ausgedient. Das Zentrum soll jetzt von der Doppelsechs Balitsch und Feulner geschlossen werden. Davor ist eine Dreierreihe mit Kiyotake, Timo Gebhart und Robert Mak geplant. Im Sturm hat Ginczek nach seiner starken Vorbereitung die besseren Karten gegenüber Tomas Pekhart.

Wiesinger glaubt, "dass wir offensiv in diesem Jahr eine Menge vorzuweisen haben. Da wollen wir auch Zeichen setzen, wobei aber das Spiel gegen den Ball immer unsere Basis sein wird."

Kompaktes Verhalten in der Defensive, aggressives Zweikampfverhalten und schnelles Umschalten sind die Grundlagen des Nürnberger Spiels. Der Club will in jeder Partie ein unangenehmer Gegner sein.

Der Spieler im Fokus

Daniel Ginczek. Der Club sehnt sich nach einem echten Knipser. Der letzte Stürmer, der mehr als zehn Tore in einer Spielzeit erzielte, war Albert Bunjaku in der Saison 2009/10.

Dass sich Ginczek für Nürnberg entschieden, ist der frühzeitigen Planung von Bader zu verdanken. Als auch Mannschaften wie Eintracht Frankfurt, Mainz 05 oder der SC Freiburg sich für den Stürmer interessierten, war der Club schon ein, zwei Schritte weiter.

In der 2. Liga hat der 22-Jährige bewiesen, dass er Tore schießen kann. Jetzt heißt die Frage: Klappt's auch in der Bundesliga? In der Vorbereitung hat er einen guten Eindruck hinterlassen und regelmäßig getroffen. Trotzdem oder gerade deshalb bremst Bader die Erwartungen. "Daniel ist 22 und hat noch keine Minute in der Bundesliga gespielt."

Das Interview

SPOX: Der Abschied von Routinier Timmy Simons wird als erhebliche Schwächung in der Defensivbewegung eingeschätzt. Kann der Club den Verlust des Belgiers kompensieren?

Feulner: Er hat auf der einen Seite eine große Lücke hinterlassen. Mit seiner Erfahrung hat er vielen Spielern weitergeholfen. Seine Ruhe und Routine fehlt uns auch in manchen Situationen - auf und außerhalb des Platzes. Auf der anderen Seite sehe ich eine große Möglichkeit für uns. Die Spieler, die hinten dran standen, können jetzt zeigen, dass sie diese Position spielen können. Unser Spiel wird dadurch flexibler.

Das komplette SPOX-Interview mit Markus Feulner

Die Prognose

Der Club muss die Basis für seinen Erfolg in einer starken Defensive legen. Die Mannschaft muss als Einheit auftreten und kollektiv arbeiten. Wie weit es dann nach oben geht, hängt von der Durchschlagskraft im Angriff ab. Hier muss der FCN im Vergleich zum Vorjahr zulegen.

Mannschaften wie Bremen, Stuttgart und Wolfsburg, die letztes Jahr hinter dem Club abschlossen, haben mehr in ihre Teams investiert und wollen wieder Richtung internationalem Wettbewerb. Die Nürnberger sollten mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Mehr als ein Mittelfeldplatz wäre aber ebenfalls eine große Überraschung.

Der Kader des 1. FC Nürnberg im Überblick