Der 11. Oktober 2008 war ein besonderer Tag für Riccardo Montolivo. Der Mittelfeldspieler des AC Florenz durfte in der Partie gegen Bulgarien die Nummer 10 der Azzurri tragen.
Sofort wurden in Florenz Erinnerungen an die alten "numero dieci" der Fiorentina wach. Zuletzt hatte Roberto Baggio die heilige Nummer getragen, davor Italiens Weltmeister von 1982, Giancarlo Antognoni - beide genießen in der toskanischen Hauptstadt nahezu gottähnlichen Status.
Gerrad als großes Vorbild
Die zwei Fiorentina-Legenden sind nicht die einzigen klingenden Namen, mit denen Montolivo bereits verglichen wurde. Italiens Presse sieht im 23-Jährigen den legitimen Nachfolger von Andrea Pirlo.
Montolivo mag diese Vergleiche nicht besonders, er definiert sich selbst als Mittelfeld-Allrounder: "Ich bin kein Spielmacher, sondern ein 'Achter'". Sein Vorbild: Steven Gerrard. "Er ist mein fußballerisches Modell. Mir gefällt das Spektakel und ich möchte die Zuschauer unterhalten", erzählt Montolivo.
Montolivo hätte für Deutschland spielen können
Dieses Vorhaben hätte der Ex-Atalanta-Spieler auch für Deutschland realisieren können. Seine Mutter stammt aus Kiel, Montolivo fährt im Urlaub regelmäßig an die Ostsee.
Auf die Frage, ob er sich vorstellen könnte, für das DFB-Team zu spielen, wiegelte Montolivo bereits ab: "Dieses Thema ist mir zu abstrakt. Außerdem habe ich bereits für die Azzurri gespielt".
Und wie: Ab der italienischen U-15-Nationalmannschaft durchlief er alle Auswahlteams der Azzurri, 2007 feierte er sein Debüt in der A-Nationalmannschaft.
Lob von Lippi und Prandelli
"Riccardo hat bei Marcello Lippi und Cesare Prandelli ein extrem gutes Standing. Lippi ist davon überzeugt, dass ihm zusammen mit Romas Alberto Aquilani die Zukunft im italienischen Mittelfeld gehört", erzählt Angelo Giorgetti, Fiorentina-Reporter der "La Nazione", Florenz' größter Tageszeitung, im Gespräch mit SPOX.
Dabei passt Montolivo überhaupt nicht ins Bild der reichen Fußball-Jungstars, die mit TV-Sternchen liiert sind und mehrere schnelle Autos in der Garage haben. "Er ist ein einfacher, ruhiger Typ. Da machen sich seine deutschen Einflüsse sichtbar", sagt Giorgetti.
Auf dem Rasen überzeugt der Kunstliebhaber mit guter Technik und Spielübersicht, eleganten Bewegungen, einem strammen Schuss und Defensivstärke - Montolivo ist der Prototyp des modernen Mittelfeldspielers.
"Er ist ein ruhiger Leader"
Seine Ruhe und Besonnenheit auf dem Spielfeld wird ihm aber auch negativ ausgelegt. "Er ist ein ruhiger Leader, ein Spieler mit seinen Möglichkeiten müsste in gewissen Situationen aber noch mehr Verantwortung übernehmen", merkt Giorgetti kritisch an.Besonders in der laufenden Saison kam Montolivo noch nicht richtig in Tritt. Nach der Olympia-Teilnahme in Peking schleppte er eine hartnäckige Muskelverletzung mit sich herum und hat deshalb noch nicht seinen Rhythmus gefunden.
Seinem Selbstvertrauen tut das aber keinen Abbruch. "Ich weiß, dass ich ein großer Spieler bin", verkündete Montolivo nach der zunehmenden Kritik der Presse vor wenigen Wochen.
Florenz lehnt Angebot von West Ham ab
Solche Worte gefallen Florenz-Trainer Cesare Prandelli. Zusammen mit Sportdirektor Pantaleo Corvino hat er das ambitionierte Projekt der Fiorentina initiiert - ein entscheidender Baustein im violetten Mosaik ist Montolivo. Beweis gefällig? Im Sommer stand er trotz seiner erst 23 Jahre kurz vor der Ernennung zum Kapitän. Dario Dainelli wurde es schlussendlich, doch Montolivo wird es wohl bald werden.
Als vor der Saison West Ham United mit einem 15-Millionen-Angebot für Montolivo beim AC anklopfte, meinte Prandelli: "15 Millionen? Die reichen bei weitem nicht. Riccardo ist zu wichtig für uns. Er bleibt bei uns und wird in Zukunft noch entscheidender werden."
Tor durch deutsche Sprache
Auf dem Weg zum kompletten Mittelfeldspieler helfen Montolivo zwischendurch auch seine Deutschkenntnisse.
Im Serie-A-Spiel gegen Chievo Verona führte er am 6. Spieltag einen direkten Freistoß schnell aus, Teamkollege Zdravko Kuzmanovic traf zum 1:0.
Der Serbe hatte ihm "Spiel" zugerufen und während die Chievo-Spieler noch mit dem Schiedsrichter diskutierten, hatte Montolivo bereits gehandelt.