Mein Gott, ich will einfach spielen

Von Interview: Jochen Rabe
Alexander Hleb begann seine Profikarriere vor elf Jahren beim VfB Stuttgart
© Getty

Er hat für Arsenal gespielt und beim FC Barcelona. Jetzt spielt Alexander Hleb wieder in seiner Heimat und ist die prägende Figur in BATE Borissows Mannschaft. Der ehemalige Stuttgarter über das letzte Spiel gegen die Bayern, den größten Fehler seiner Karriere und eine Rückkehr in die Bundesliga.

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SPOX: Herr Hleb, Ihr Sieg im Hinspiel gegen Bayern München war eine der größten Überraschungen der aktuellen Champions-League-Saison. Was ist im Rückspiel in München möglich?

Alexander Hleb: Für uns wird es das schwierigste Spiel überhaupt. Die Bayern gehören zu den Mannschaften, die um den Titel mitspielen und sind vor allem zu Hause sehr stark. Wir wollen kämpfen, Charakter zeigen - und auf jeden Fall ein gutes Ergebnis erzielen.

SPOX: Wie wollen Sie das taktisch angehen?

Hleb: Natürlich werden wir defensiv spielen und auf Konter setzen. Das Tolle am Fußball ist doch: Man weiß nie, was passiert. Vor dem Spiel stehen die Chancen immer 50:50. Aber Bayern ist natürlich haushoher Favorit. Für uns wäre ein Unentschieden schon ein großer Erfolg.

SPOX: Im Winter endet Ihr Vertrag in Borissow. Ist das Spiel bei den Bayern auch für Sie persönlich eine Möglichkeit, für internationale Topklubs vorzuspielen?

Hleb: Ich muss ehrlich sagen: Momentan will ich einfach nur mein letztes Spiel für Borissow spielen. Ich will zeigen, was ich kann. Und dann muss ich überlegen, ob ich bleibe oder wechsle.

SPOX: Ist für Sie auch ein Wechsel zurück in die Bundesliga eine Option?

Hleb: Absolut! Jeder Fußballer will in so einer guten Liga spielen - ich auf jeden Fall auch. Ich würde gerne wieder in die Bundesliga kommen.

SPOX: Sie geraten ja richtig ins Schwärmen.

Hleb: Ja, denn die Bundesliga hat sehr große Schritte gemacht in den letzten Jahren. Es gibt starke Mannschaften und die Atmosphäre in den Stadien ist überragend. Für mich haben momentan England und Deutschland für die Fans die zwei besten Ligen. Vielleicht hat die Premier League noch ein bisschen die Nase vorn, aber die Bundesliga ist schon fast auf dem gleichen Niveau. In Spanien gibt es mit Barca und Real zwei hervorragende Vereine - und danach folgt erst einmal lange nichts.

SPOX: Bei Ihren letzten Engagements in der Bundesliga in Stuttgart und Wolfsburg konnten Sie nicht überzeugen - auch weil Sie lange verletzt waren. Jetzt haben Sie sich in Ihrem Heimatland wieder stabilisiert und bringen starke Leistungen. Sehen Sie eine Chance, auch international noch einmal richtig anzugreifen?

Hleb: Auf jeden Fall. Ich weiß, dass ich nicht mehr 20 Jahre jung bin und dass ich lange verletzt war. Aber jetzt will ich gesund bleiben und auf gutem Niveau spielen. Und da muss ich jede Möglichkeit nutzen.

SPOX: Sprechen wir doch mal über Ihren aktuellen Verein BATE: Sie waren als 18-Jähriger vor Ihrem großen Karrieresprung schon einmal im Klub. Was hat sich seitdem verändert? Wie sehen Sie die Entwicklungen?

Hleb: Als ich damals gegangen bin, war BATE ein ganz kleiner Klub. Seitdem hat sich einiges getan. Wir haben nicht so große finanzielle Möglichkeiten wie viele andere europäische Mannschaften. Aber sportlich und strukturell entwickelt sich hier alles weiter.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Hleb: Das Team ist jetzt schon fünf Jahre in den europäischen Wettbewerben dabei. Und auch drumherum tut sich einiges. Es wird ein neues Stadion gebaut, wir haben ein sehr professionelles Trainingsgelände, im nächsten Jahr wird eine große Fußballschule gebaut. Unser Präsident ist immer bereit zu investieren. Klar ist auch: Wenn wir mehr Geld hätten, würde das alles schneller gehen. Aber in unserem Land geht es eben nicht so schnell. Also machen wir kleine Schritte - aber die gehen immer nach vorne.

SPOX: BATE spielt die beste Champion-League-Saison der Vereinsgeschichte. Wie haben Sie den Verlauf der Gruppenphase erlebt?

Hleb: Nach der Auslosung haben wir gedacht, wenn wir ein paar Punkte holen, ist das gut. Und dann haben wir die ersten beiden Spiele gewonnen und plötzlich war doch etwas möglich. Wir haben daran geglaubt, dass wir es schaffen können. Schade, dass es nicht geklappt hat - vielleicht ist es auch einfach noch zu früh.

SPOX: Was müssen dann Ihrer Meinung nach die Ziele für die nächsten Jahre sein?

Hleb: Diese beiden Spiele haben gezeigt, dass wir auch gegen große Mannschaften gewinnen können. Das kann ein großes Plus sein - gerade für die Mentalität der jungen Spieler. Nächstes Jahr muss der Klub einen weiteren Schritt nach vorne machen. Vielleicht klappt es ja dann auch irgendwann einmal mit dem Achtelfinale.

SPOX: Kommen wir zu Ihrer Vergangenheit: Sie galten einst als eines der größten Talente Europas. Pep Guardiola wollte Sie damals unbedingt nach Barcelona holen. Dort lief es aber vor allem in der Kommunikation mit dem Trainer nicht. Warum?

Hleb: Da bin ich sicherlich nicht ganz unschuldig gewsesen. Ich bin mit großen Ambitionen nach Barcelona gekommen und wollte einfach immer spielen. Aber es kam dann anders, als ich es erwartet hatte. Ich habe mal gespielt, dann saß ich wieder auf der Bank. Ich wurde schnell unzufrieden und habe die damaligen Entscheidungen des Trainers einfach nicht verstanden. Das war dumm von mir und rückblickend betrachtet der größte Fehler meiner Karriere. Ich habe damals nicht so richtig realisiert, in welcher großen Mannschaft ich da eigentlich spiele. Mir hat einfach die nötige Ruhe und Gelassenheit gefehlt. Aber okay, die Zeit ist vorbei und ich habe viel daraus gelernt.

SPOX: Also war das Kapitel Barcelona das schwärzeste Ihrer Karriere?

Hleb: Nein, es war ja auch nicht alles schlecht. Ich habe mit dem Klub Titel gewonnen und mit den besten Spielern der Welt zusammengespielt. Das weiß ich jetzt erst richtig zu schätzen. Mich hat aber vor allem etwas anderes stark gemacht.

SPOX: Erzählen Sie.

Hleb: Wenn man so lange verletzt ist, wie ich es war, wird man erst wieder richtig heiß darauf, Fußball zu spielen. Die ganzen Stunden in der Reha machen keinen Spaß. Dann kostet man jede Minute auf dem Trainingsplatz und im Spiel aus. Man ist wie ein Kind und denkt: Mein Gott, ich will einfach spielen und Spaß haben. Das hat mich stark gemacht. Jetzt denke ich ganz anders als früher.

SPOX: Sind das Erfahrungen, die Sie jungen Spielern weitergeben?

Hleb: Auf jeden Fall. Ich spreche oft mit den Jungs. Ich erzähle ihnen viel von meiner Vergangenheit und sage ihnen, dass Geduld sehr wichtig ist. Es kommt ja immer mal wieder vor, dass einer sauer auf den Trainer ist, weil er nicht so oft spielt. Dann sage ich zu ihm, er soll ruhig bleiben und weiter hart an sich arbeiten. Und auch wenn man mal verletzt ist, darf man nicht verzweifeln, sondern muss geduldig sein. Das ist das Wichtigste.

Das ist BATE Borissow

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