Vor 66.000 Zuschauern in der ausverkauften Allianz Arena war nur 15 Minuten lang an ein etwaiges "Wunder von München" zu glauben. Danach hatten die Spanier die Bayern weitestgehend in Griff und konnten ihr Pensum locker runterspielen.
Dem kämpferisch diesmal nichts vorzuwerfenden FCB gelang durch Franck Ribery in der 47. Minute nach feinem Zuspiel von Ze Roberto die Führung, Seydou Keita glich in der 73. Minute aus.
Die Bayern verpassten so den ersten Halbfinal-Einzug in der Königsklasse seit ihrem Triumph 2001. Barcelona bleibt nach dieser Leistung weiter Top-Favorit auf den Titel.
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Bayern muss auf den am Knie angeschlagenen Schweinsteiger verzichten, dafür spielt Sosa rechts im 4-5-1. Lahm ist links in der Viererkette zurück.
Barca-Coach Guardiola schont lediglich Henry. Für ihn beginnt Iniesta auf dem linken Flügel, Keita spielt im linken Mittelfeld. Abidal rückt nach Verletzungspause links in die Abwehr, Puyol rückt für den gelbgesperrten Marquez in die Innenverteidigung.
5.: Abidal verliert gegen Sosa auf der Außenbahn den Ball. Der Argentinier schaltet sofort um und flankt von rechts an den Fünfmeterraum zu Toni. Der Italiener springt hoch, der Ball rutscht ihm jedoch über den Scheitel. Den muss er machen!
14.: Ribery bekommt den Ball von Ze Roberto, schlägt an der Strafraum-Grenze einen Haken und zieht dann mit links ab. Knapp drüber!
26.: Butt kann Fußball spielen. Einen Rückpass stoppt er an der Grundlinie und dann spielt er den heranstürmenden Eto'o aus. Szenenapplaus.
34.: Messi geht an der Strafraumgrenze entlang, guckt kurz in die Mitte, sieht das Eto'o startet und spielt einen traumhaften Pass an drei Bayern vorbei in den Sechzehner. Eto'o kommt heran, wird beim Schuss aber vom heranrutschenden Lucio geblockt.
43.: Van Bommel spielt einen schönen Pass durch die Barca-Abwehr in die Tiefe auf Toni. Der zieht aus 13 Metern mit links ab. Knapp am linken Winkel vorbei!
47.: 1:0, Ribery: Ze Roberto setzt sich im Halbfeld gegen Touré durch, spielt einen sehr schönen Pass nach links steil in den Strafraum und da ist Ribéry. Der Franzose steht allein vor Valdes, wackelt den Torhüter aus, so dass der frühzeitig zu Boden geht und locht dann mittig zum 1-0 ein. Schöner Spielzug, schönes Tor.
53.: Das war knapp! Ein hoher Ball von rechts landet am Fünfer bei Messi. Der rutscht in die Flanke hinein, schießt den Ball aber parallel zur Torlinie in die Mitte. Dann kommt Lucio angeflogen und bekommt das Leder ins Gesicht und köpft unfreiwillig nur haarscharf am Tor vorbei.
73., 1:1, Keita: Da war er wieder der katalanische Zauber-Fußball. Eto'o nach außen zu Iniesta, der wieder in die Mitte zu Eto'o. Dann startet der Mittelfeldspieler links in den Strafraum, rennt an Lell vorbei und bekommt die Kugel von Eto'o zurück. Iniesta spielt in die Mitte Richtung Elfmeterpunkt zu Xavi. Der stoppt den Ball kurz und legt dann an die Strafraumgrenze zu Keita ab. Sofort kommt der Schuss und das Leder schlägt mit voller Wucht im linken Eck ein.
79.: Lahm mit einem altbekannten Solo auf der linken Seite. Der Nationalspieler zieht nach innen und schließt aus 16 Metern ab. Valdes ohne Probleme.
So lief das Spiel: Die Bayern starteten mit viel Elan und dem unbedingten Willen, das 0:4 aus dem Hinspiel halbwegs vergessen zu lassen. Toni vergab eine Riesenchance (5.), Ribery eine halbwegs brauchbare Möglichkeit (14.), dann bekam Barca die Sache so langsam in den Griff. Bis zur Halbzeit dominierten die Gäste den Ball, Bayern kam nur noch sporadisch zu Angriffen, die ausschließlich über die linke Seite vorgetragen wurde. Einen davon hätte Toni kurz vor der Pause (43.) beinahe zum 1:0 genutzt.
Die zweite Halbzeit begann gleich mit einem Paukenschlag; Ribery nutzte eine Unachtsamkeit der rechten Abwehrseite der Spanier zum verdienten Führungstor. Barca schaltete darauf hin jedoch einen Gang hoch, ließ den Ball noch sicherer zirkulieren und nahm den Gastgebern somit den letzten Glauben an ein Wunder. Mit wachsender Spieldauer wurden die Münchner müde, Barca kam vor allem über die stärker werdende linke Seite zu immer mehr Chancen. Eine davon nutzte Keita zum Ausgleich, danach war die Luft raus.
Der Star des Spiels: Martin Demichelis. Der argentinische Innenverteidiger war in absoluter Hochform, verlor im Abwehrzentrum kaum einen Zweikampf und half seinen Nebenmännern dazu mehrfach in höchster Not aus, um Schlimmeres zu verhindern. Sogar ein Laufduell mit Messi gewann er.
Die Gurke des Spiels: Christian Lell. So hart es klingt: der Rechtsverteidiger war abermals schlechtester Bayer auf dem Platz und wurde auch von Barca als Bayern-Schwachstelle ausgemacht. Das Gegentor fiel über seine Seite, dazu hielt Lell die Abstände nicht ein und leistete sich zu allem Überfluss zahlreiche Abspielfehler.
Die Lehren des Spiels: Trotz einer starken Bayern-Leistung muss man konstatieren: Der FC Barcelona war auf 180 Minuten gesehen mindestens eine Nummer zu groß für den FC Bayern. Wenn man ganz drastisch werden will, konnten auch im Rückspiel nur sieben Spieler - und das an ihrer Leistungsgrenze - mit den Barca-Spielern mithalten. Lell, Ottl, van Bommel und Sosa fielen was Schnelligkeit, Zweikampfhärte und Ballbeherrschung angeht, doch deutlich ab. Zudem darf man nich vergessen, dass es sich Barca in München auf einem dicken, fetten 4:0-Polster bequem gemacht hatte.
Immerhin: Der FC Bayern, allen voran Franck Ribery, konnte die Gäste in manchen Phasen des Spiels dennoch fordern. Die linke Seite der Bayern mit Lahm, Ze Roberto und Ribery war den Barca-Stars Messi und Dani Alves ebenbürtig und so das (einzig) belebende Element des Bayern-Spiels.
Auch die Defensive hielt diesmal stand, auch, weil das defensive Mittelfeld näher bei den Männern stand und so oft zum Doppeln aushelfen konnte. Barca gelang es so eigentlich nie, die Bayern-Defensive wie im Hinspiel auszuhebeln. Wenn das doch mal gelang, war ja noch der überragende Demichelis zur Stelle.
Auf der Negativseite ist einmal mehr die rechte Offensivseite der Bayern anzuführen. Der zuvor wochenlang verletzte Abidal war schon früh als Barcas Schwachstelle auszumachen, doch Sosa und Lell schafften es mit Unterstützung von van Bommel nie, den Franzosen unter Druck zu setzen. Klinsmann vermied es auch unverständlicherweise, Ribery mal die Seiten wechseln zu lassen - was gegen Frankfurt hervorragend klappte. So war das Bayern-Angriffsspiel doch sehr berechenbar, zumal die einzige Spitze Toni beim jungen Pique mehr als gut aufgehoben war.
Wie wichtig die Partie trotz des Hinspielergebnisses für Klinsmann war, konnte man dem Bayern-Trainer über 90 Minuten lang ansehen. Selten hatte man den 44-Jährigen so agil an der Seitenlinie gesehen. Ein gutes Zeichen dafür, dass der Coach sein Engagement bei den Bayern nach wie vor mit 100 Prozent betreibt.
FC Bayern München - FC Barcelona: Daten und Fakten