Nach dem Seitenwechsel diktierten jedoch die Gäste das Geschehen und hätten am Ende beinahe noch einen Punkt aus dem mit 65.607 Zuschauern besetzten Signal Iduna Park in Dortmund entführt.
Letztendlich reichte es für das Team von Trainer Guus Hiddink aber nur zum Anschlusstreffer von Andrej Arschawin (51.).
Gutes Debüt von Adler
Leverkusens Torwart Rene Adler hütete zum ersten Mal den Kasten des DFB-Teams und machte seine Sache gut.
Durch den zweiten Sieg im dritten Spiel bleibt Deutschland mit 7 Punkten Gruppenerster vor Wales (6) - Russland hat bei einem Spiel weniger schon vier Punkte Rückstand. Am Mittwoch trifft Deutschland in Mönchengladbach auf Wales (20.45 Uhr).
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Das DFB-Team im Vergleich zum 3:3 gegen Finnland auf vier Positionen verändert: Adler für Enke, Mertesacker für Tasci, Friedrich für Fritz und Ballack für Rolfes. Russland ohne die verletzten Kolodin und Pawljutschenko, dafür mit den Zenit-Stars Arschawin und Pogrebniak.
4.: Arschawin schickt Schirkow auf den linken Flügel. Schöne Flanke an den Fünfer, wo Pogrebniak völlig blank steht, den Ball aber volley drüber jagt.
8.: Ballack links im Sechzehner frei, zwingt Akinfejew mit seiner Volleyabnahme zu einer Glanzparade.
9., 1:0, Podolski: Schweinsteiger mit der Hacke auf Klose. Der schirmt den Ball geschickt ab und spielt einen Zuckerpass in die Gasse zu Podolski. Der 23-Jährige schüttelt Beresuzki ab und schießt mit links in die rechte Torecke. Keine Chance für Akinfejew.
27.: Ignatschewitsch zieht aus 30 Metern einfach mal ab, der Ball pfeift knapp über den Querbalken.
28., 2:0, Ballack: Schweinsteiger wird links in den Strafraum geschickt und hebt den Ball butterweich an den zweiten Pfosten. Ballack läuft ein und hält nur noch den Fuß hin. Sein 39. Länderspieltor.
34.: Podolski hat Platz und zieht aus 22 Metern ab - Akinfejew kratzt das Ding mit ausgestrecktem Arm aus dem bedrohten linken Eck.
51., 2:1, Arschawin: Lahm und Westermann vertändeln den Ball auf der linken Seite. Anjukow legt die Kugel aus spitzem Winkel unter Adler hindurch in die Mitte, Arschawin schiebt aus 20 Zentimetern ein.
54.: Deutschland bekommt nach einer Ecke den Ball nicht raus, Adler verhindert gegen den freistehenden Semak Schlimmeres.
62.: Sensationeller Schuss von Trochowski aus halblinker Position. Das Geschoss kracht an die Latte. Auch da war Teufelskerl Akinfejew wieder mit den Fingernägeln dran.
80.: Arschawin bittet Friedrich und Schweinsteiger zum Tanz und schlenzt den Ball aus rund 13 Metern von halblinks ganz knapp am rechten Pfosten vorbei.
87.: Der Pfosten! Mertesacker klärt eine Anjukow-Flanke zu kurz. Der Ball kommt im Strafraum zu Dzagojew, der aus sieben Metern den linken Pfosten trifft. Ganz Deutschland atmet durch!
So lief das Spiel: Deutschland von der ersten Minute an sehr offensiv, mit guten Kombinationen und dem nötigen Selbstvertrauen in Eins-gegen-eins-Situationen.
Die erste Schrecksekunde durch die Pogrebniak-Chance steckte die DFB-Elf gut weg und spielte konsequent mit wenigen Ballkontakten nach vorne - so fielen auch die Tore nach starken Kombinationen über die Mitte. Arschawin ließ nur in Ansätzen sein Auge für den tödlichen Pass erkennen.
Der schlimme Fehler von Lahm brachte Russland zu Beginn des zweiten Durchgangs plötzlich wieder ins Spiel zurück. Die Russen kombinierten fortan flüssiger und nagelten die DFB-Elf, die den Ball oft viel zu schnell hergab, phasenweise am eigenen Strafraum fest. Mit Glück und einem sicheren Adler brachte Deutschland den knappen Sieg dennoch über die Zeit.
Der Star des Spiels: Lukas Podolski. Wie so häufig im Nationaltrikot nicht wiederzuerkennen - im positiven Sinne. Gab einmal mehr auf Nationalmannschaftsparkett die richtige Antwort auf Aussagen der Bayern-Verantwortlichen, spielte schnörkellos, schnell und war zumindest bis Mitte der zweiten Halbzeit brandgefährlich. Der verdiente Lohn: Note 1 in der SPOX-Einzelkritik.
Die Gurke des Spiels: Das deutsche Abwehrverhalten vor dem 1:2. Eine schlimme Fehlerkette: Westermann klärt den Ball schlampig auf Lahm, der verliert ihn nach einer unsauberen Ballannahme an Anjukow. Adler lässt sich bei seinem Debüt im DFB-Tor aus spitzem Winkel tunneln und beim Torschützen Arschawin stand einfach mal gar keiner.
Die Lehren des Spiels: Um es kurz zu machen: Die erste Halbzeit war offensiv das Beste, was man in Löws Amtszeit gesehen hat. Es klappte so gut wie alles: Hackentricks, schnelle Spielverlagerung von links nach rechts, direkte Ballstaffetten und Trochowski gewann sogar Kopfballduelle.
Vor allem die linke Seite mit dem eben genannten "Kopfballungeheuer" und Lahm dahinter machte mächtig Druck auf Anjukow und Co. Schweinsteiger zog von rechts immer wieder in die Mitte und gefiel als Spielgestalter, Podolski wirbelte wie zu guten alten Zeiten im FC-Trikot. Dazu machten Ballack und Hitzlsperger die Mitte gut dicht. Selten zu sehen: Trochowski und Schweinsteiger schlugen gefährliche Standards.
Doch nach der Halbzeit riss der Faden. Zum einen, weil Russland mit Dzagojew plötzlich einen "zweiten Arschawin" hatte, zum anderen, weil Deutschland das Tempo nicht mehr halten konnte. Fehler beim Einrücken der Außenverteidiger, die es auch schon im ersten Durchgang gegeben hatte, wurden plötzlich deutlicher.
So paradox es nach der starken ersten Halbzeit klingen mag: Deutschland hat nach wie vor ein Defensivproblem.
Die WM-Quali-Gruppe 4 im Überblick