Bei der kurzen Ansprache vor dem Trainingsauftakt stand Ballack dann Bundestrainer Joachim Löw direkt gegenüber, an exponierter Position und flankiert von seinen Teamkollegen. Es sind nur kleine Dinge, aber sie alle sagen: Das ist unser Anführer.
"Wer der Leader ist, ist klar. Wir haben einen Kapitän, der ein sehr guter Spieler ist und sehr viel Erfahrung hat", sagt Mario Gomez über Ballack. Co-Trainer Hansi Flick wollte es am Freitag noch deutlicher zum Ausdruck bringen: "Ich kann Michael Ballack nur ein Riesenkompliment aussprechen. Es ist klasse, wie er sich ins Team einbringt. Es ist ein wahrer Kapitän, den wir da haben."
Die Zweifel an Michael Ballack
In der entscheidenden Phase der WM-Qualifikation mit dem Spiel in Russland Mitte Oktober als Höhepunkt ist die Mannschaft wieder enger zusammengerückt und formiert sich um ihren Anführer. Vor ein paar Monaten war die Stimmungslage nicht so eindeutig.
Ballack hing noch das wochenlange Gezeter mit Löw in den Kleidern, auch der heftige Streit mit Teammanager Oliver Bierhoff nach dem verlorenen EM-Finale gegen Spanien kratzte doch sehr an seinem Image.
Als sich die Wogen endlich wieder geglättet hatten, verpasste ihm Lukas Podolski in der Partie in Cardiff gegen Wales mitten im Spiel eine veritable Backpfeife. Ein schönes Thema für große Teile der Presse, die sofort wieder an seiner Stellung innerhalb der Mannschaft zweifelten.
Ballack: Ein weinerlicher Verlierer?
Fünf Monate später hat sich der Rauch verzogen. Beim ersten Aufeinandertreffen der beiden Streithähne waren längst alle Probleme aus der Welt geschafft. Sagt zumindest Ballack. "Das ist alles ausgeräumt. Wir konzentrieren uns jetzt wieder auf Fußball."
Ballack haftete lange ein weinerliches Image des Verlierers an. In der Bundesliga wurde er bei den Bayern vom Hof gejagt, in der Premier League kam er wegen zahlreicher Verletzungen zunächst nicht auf Touren.
Von Sheffield Uniteds damaligem Coach Neil Warnock ist jener fatale Satz überliefert: "Man muss in seiner Nähe nur ausatmen, dann fällt er schon um."
"...als hätte er eine Zigarre im Mund"
Die Liverpool-Legende Alan Hansen spottete in seiner Funktion als TV-Kommentator: "Michael spielt, als hätte er eine riesige Zigarre im Mund." Gemeint war damit Ballacks angestrengter Gesichtsausdruck im Disput mit dem Unparteiischen. Lange musste er daran arbeiten, sich von falschen Verdächtigungen zu befreien.
Auf dem Platz. Und nicht in der Öffentlichkeit. Ballacks Spiel ist gekennzeichnet dadurch, dass er sich in den Dienst der Mannschaft stellt, das große Ganze im Blick hat und persönliche Interessen während der 90 Minuten hinten anstellt.
Dabei bleiben viele Eitelkeiten auf der Strecke, die andere vermeintliche Führungsspieler genüsslich auskosten oder in der Öffentlichkeit so richtig auf den Putz hauen.
Ballack: "Da ist nichts hängengeblieben"
"Wer nur die Klappe aufreißt, ist kein Führungsspieler. Andere Führungsspieler entwickeln sich über Leistung auf dem Platz. Die Diskussion über Ballack war in der Mannschaft nie ein Thema", sagt Gomez.
"Es gab immer mal wieder Reibungspunkte, aber das gehört im Fußball auch dazu. Da ist absolut gar nichts hängengeblieben", sagt Ballack zu den Diskussionen um die Hierarchie innerhalb der Mannschaft.
Wenn alles gut läuft, wird er im nächsten Frühjahr in den erlauchten Klub der Spieler aufrücken, die 100 oder mehr Länderspiele für Deutschland bestritten haben. Momentan sind es 93. Eine DFB-Elf ohne Ballack ist derzeit schlicht nicht vorstellbar.
Ballack verspricht Besserung
Nach einigen turbulenten Monaten mit einigem Wirbel um seine Person lodert jetzt schon wieder das Feuer in Ballack, er freut sich innerlich längst auf die Partie gegen die Russen in Moskau. Zugeben würde er dies natürlich nicht.
Es wird Ballack sein, an dem sich die Mannschaft in den kritischen Momenten, die gegen Russland und vielleicht auch schon zuvor im Heimspiel gegen Aserbaidschan unvermeidlich sein werden, aufrichten wird.Für die beiden anstehenden Partien gegen Südafrika und eben Aserbaidschan hat er eine deutliche Leistungssteigerung im Vergleich zu den letzten Länderspielen versprochen. Man mag ihm gerne glauben.
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