Das sagt SPOX
(von Stefan Rommel)
Zuerst einmal ist Michael Ballack nach derzeitigem Kenntnisstand von jeder Schuld freizusprechen. Ob und wann der Kapitän a.D. seine Abreise antritt, bleibt einzig und allein seine Sache. Dass daraus ein Thema wurde, dafür sorgten erst Philipp Lahms Aussagen - zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Laut Oliver Bierhoff allerdings eine zufällige Konstellation, die Abreise Ballacks habe rein logistische Gründe und nichts mit dem Interview zu tun.
Dass Lahm Kapitän bleiben will, ist indes sein gutes Recht. Er hat ein neues, schönes Betätigungsfeld in sehr angenehmer Arbeitsatmosphäre gefunden und will das nur ungern wieder abtreten.
Nur passt dazu seine Aussage vor der WM nicht, nach der er für Ballack wieder das Feld räumen werde, sofern der noch mal in den Kreis der Nationalmannschaft zurückkommt.
Und noch kritischer: 48 Stunden vor einem WM-Halbfinalspiel gegen Spanien eine Diskussion zu eröffnen, wo eigentlich gar keine sein sollte, ist ebenso unnötig wie gefährlich.
Seit Tim Wieses leisem Grummeln nach der Ernennung von Konkurrent Manuel Neuer zur Nummer eins gab es aus dem Kreis der Auserwählten kein einziges Störfeuer, jeder lobte die unheimliche Harmonie innerhalb der Mannschaft.
Zwei Schritte vor dem ganz großen Ziel und der möglichen Sensation - denn nichts anderes wäre der WM-Titel mit dieser Mannschaft und nach diesem Weg dorthin - darf so etwas nicht passieren. Ob die Aussagen jetzt unbedacht geäußert wurden oder nicht.
Dann bleibt es immer noch fahrlässig. Das Unternehmen wird trotzdem völlig ohne Not gefährdet. Die Kapitänsfrage hat vor den beiden wichtigsten Spielen der jüngeren Vergangenheit nichts auf der Tagesordnung zu suchen.
Das sagt DFB-Teammanager Oliver Bierhoff
"Der Zeitpunkt ist natürlich unglücklich, weil er mit der Abreise von Michael Ballack zusammenfällt. Aber es gibt bei uns keine Missstimmung. Wir freuen uns, dass Lahm Verantwortung als Kapitän übernimmt. Und was soll er auf die Frage auch anderes sagen: Natürlich will er Kapitän bleiben. Das Interview ist da überinterpretiert worden. Und die Abreise von Michael Ballack hat damit auch nichts zu tun. Sein Heilungsverlauf war besser als erwartet - deshalb muss er nun andere Trainingseinheiten und Reha-Maßnahmen machen, die er hier nicht absolvieren kann. Außerdem wollte er einfach nicht unsere Physiotherapeuten zusätzlich belasten. Darum ist er wieder abgereist. Zum Finale wird er aber wieder kommen."
Die ganze Pressekonferenz mit Oliver Bierhoff zum Nachlesen
Das sagen die Experten
Stefan Effenberg bei Sky: "Absolut unglücklicher Zeitpunkt. Philipp Lahm wäre besser beraten gewesen, sich bedeckt zu halten und gar nichts darüber zu sagen. Und erst nach der WM hätte er zu Jogi Löw sagen können, dass er weiter Kapitän bleiben will. Aber nicht jetzt, zwei Tage vor einem Halbfinale gegen Spanien. Das ist sehr unglücklich und wird Unruhe geben. Michael Ballack wird auch wieder der Kapitän der Nationalmannschaft sein. Davon bin ich fest überzeugt. Philipp Lahm muss dann wieder ins zweite Glied und die Binde abgeben."
Andreas Herzog bei Sky: "Man kann doch nicht so dumm sein und jetzt so entscheidende Streitereien und Debatten führen, vor zwei so entscheidenden Spielen, in denen es um den Weltmeistertitel geht. Man muss Ruhe behalten und abwarten, was nach der Weltmeisterschaft passiert."
Lothar Matthäus in "Bild": "Die Mannschaft spielt besser ohne Ballack, sie ist erfolgreich. Andere Spieler haben Führungsrollen übernommen und es haben sich neue Hierarchien gebildet. Er war ein wichtiger und wertvoller Spieler für Deutschland. Und ich kann seinen Ehrgeiz verstehen, noch mal zurückzukehren. Aber er wird nicht jünger, hat auch zuletzt bei Chelsea nicht mehr überzeugt. Wenn er jetzt sagen würde: 'Die Mannschaft ist ohne mich stark genug. Ich trete zurück, konzentriere mich auf Leverkusen', dann würde er noch mal Größe beweisen. Und er würde sein Gesicht wahren. Das wäre besser, als einfach nicht mehr nominiert zu werden."
Das sagen die mySPOX-User
NWANKWO: "Danke Lahm und Ballack, jetzt verlieren wir hundert Prozent gegen Spanien."
tobster81: "Schweinsteiger sagt, man brauche Ballack für die Zukunft. Lahm sagt, ihm stehe es nicht zu, sowas zu sagen! Daran sieht man eindeutig, dass Schweinsteiger in erster Linie auf die Mannschaft schaut und der kleine Philipp in erster Linie auf seine für ihn und sein Ego so extrem wichtige Binde!"
Renato10: "Ach, man kann sich auch selbst Probleme herbeireden. Wenn alles perfekt läuft, glaube ich kaum, dass da ein ernstes Problem vorliegt."
Steve04: "Wenn man so schaut, was in den letzten Tagen durch die Presse ging, kann ich Ballack verstehen. Aber wie man daraus einen Streit basteln kann, ist mir schleierhaft. Schon einmal daran gedacht, dass das, was die Herrn Wohlfahrt und Co. sagen, stimmt, und Ballack jetzt einfach die optimale Vorbereitung in Leverkusen haben will? Und zur Kapitänsfrage: Beide wären gut als Kapitän es ist vollkommen egal, wer die Binde trägt."
Josh9: "Mir gefällt Lahms Führungsstil bedeutend besser und unter seiner Amtsführung übernehmen viel mehr Spieler wie Friedrich die Verantwortung. Ballack ist immer wieder angeeckt mit seinem Platzhirschgehabe. Die Schelle von Poldi oder der Beef mit Friedrich kam ja nicht aus dem Affekt."
UliFan: "Ich halte ja nichts von albernen Verschwörungstheorien, aber etwas seltsam finde ich es schon. Eben erst angekommen, sagt Ballack noch, dass er bis zum Schluss bleibt und reist dann plötzlich wieder ab, weil ihm einfällt, dass er die Reha doch besser in Deutschland machen kann. Wie auch immer: kein guter Stil von Lahm. Erinnert ein bisschen an sein Interview letzte Saison in der 'Süddeutschen'. Kontraproduktiv und nur dafür gedacht, sein eigenes Profil zu schärfen."
MaVeRicK_90: "Lahm geht mir langsam auf den Sack mit seinen 'Bild'-Interviews. Der soll lieber aufpassen, dass er nach der WM die Binde nicht an Schweinsteiger verliert. Was zum Teufel soll so ein Interview bitte zum jetzigen Zeitpunkt?!?!?!"