"Das wird ein gigantisches Sommermärchen"

Von Interview: Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Marco Gebhardt (r.) steht mit Union Berlin vor dem Aufstieg in die 2. Liga
© Getty

Marco Gebhardt ist eine der tragenden Säulen des aktuellen Erfolgs von Union Berlin - und das mit 36 Jahren. An sein Karriereende denkt der Linksfuß aber noch lange nicht. Ganz im Gegenteil, der zentrale Punkt im System von Trainer Uwe Neuhaus fühlt sich für eine weitere Saison bestens gewappnet.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Im Interview mit SPOX verrät der ehemalige Bundesligaprofi von Eintracht Frankfurt und Energie Cottbus, warum die Eisernen derzeit so erfolgreich sind, sein Vorbild Boris Becker ist und was er von der Trennung von Oliver Pocher und Harald Schmidt hält.

SPOX: Herr Gebhardt, bitte erklären Sie uns das Phänomen Union Berlin. Was zeichnet den Verein aus?

Marco Gebhardt: Im Grunde liegt die Antwort schon in der Frage. Phänomenal sind die Fans und das gesamte Umfeld des Vereins. Alle, die mit Union zu tun haben, leisten Unglaubliches!

SPOX: Klingt gut. Das Team ist hungrig, souverän und unheimlich abgezockt. Woher kommt das?

Gebhardt: Wir sind seit dem letzten Jahr eine eingespielte Truppe. Der Charakter der Mannschaft ist top, der Zusammenhalt unglaublich groß.

SPOX: Welche Rolle spielt Trainer Uwe Neuhaus für den Erfolg?

Gebhardt: Seine Erfahrung, seine Souveränität und der respektvolle Umgang mit uns Spielern zeichnen ihn aus. Er ist der Schlüssel zum Erfolg.

SPOX: Und erstickt Unruhepotential bereits im Keim. Ist seine immense Autorität auch ein Schlüssel zum Erfolg?

Gebhardt: Ja, absolut!

SPOX: Wie sehen Sie ihn im Vergleich zu anderen Trainern aus Ihrer aktiven Laufbahn?

Gebhardt: In einer langen Laufbahn sind ja viele Trainer wichtig. Selbst in meinem relativ hohen Fußball-Alter habe ich bei ihm noch was dazulernen können.

SPOX: Und von welchem Trainer haben Sie am meisten mitgenommen?

Gebhardt: Letztlich nimmt man ja von jedem Trainer etwas mit, selbst wenn man nicht so gut miteinander klargekommen ist. Auch mit solchen Situationen muss man ja umgehen können und das lernt man dann auch. Einzelne Trainer möchte ich jetzt nicht herausheben, Menschen ändern sich ja auch im Laufe des Lebens.

SPOX: Freuen Sie sich schon auf die neue "Alte Försterei"?

Gebhardt: Natürlich freuen wir uns alle auf unser "Zuhause". Vielleicht klappt es ja noch in dieser Saison.

SPOX: Sie können einige Fankulturen vergleichen. Sagen Sie uns doch bitte etwas zur Berliner Fankultur.

Gebhardt: Ich habe unsere Fans noch nie nach einem Gegentor oder bei Rückstand pfeifen hören. Das sagt eigentlich schon alles aus. Die Unterstützung ist gigantisch und ausschließlich positiv!

SPOX: Lassen Sie uns ein wenig über Sie selbst sprechen. Sie haben eine Ausbildung im KfZ-Bereich absolviert. Tüfteln Sie in Ihrer Freizeit noch an Autos herum?

Gebhardt: Och, das ist schon so lange her, da stecke ich nicht mehr so drin. Die Freizeit im Leben eines aktiven Fußballers ist sehr rar und in meiner stehen meine Kinder an allererster Stelle.

SPOX: Apropos lange her. Es gibt viele Sportler, die mit 36 Jahren ihre Beine hochlegen. Was treibt Sie immer noch an und wie halten Sie sich fit?

Gebhardt: Fit halten mich meine drei Mädels daheim (Gebhardt ist verheiratet und hat zwei Töchter, Anm. d. Red.). Das ist auch wichtig, denn wenn wir aufsteigen verlängert sich mein Vertrag um fünf Jahre!

SPOX: Sie scherzen.

Gebhardt: Nein, ehrlich. (lacht)

SPOX: Warum kommt kein jüngerer Akteur an Ihnen vorbei?

Gebhardt: Das ist ganz leicht zu beantworten: Weil "jung" und "alt" keine aussagekräftigen Kategorien im Fußball sind. Es gibt nur "gute" und "schlechte" Spieler.

SPOX: Hört sich so an, als würden Sie nicht so schnell Platz machen wollen. Nach welchem Motto leben Sie eigentlich?

Gebhardt: Am ehesten: "Es kommt, wie es kommt."

SPOX: Klingt entspannt. Sie haben in dieser Saison nur in einer Partie gefehlt...

Gebhardt: ...und das eine Mal auch nur wegen der 5. Gelben.

SPOX: Trauen Sie sich mit Ihren 36 Jahren noch mal die 2. Liga zu?

Gebhardt: Klar. Fragt mich das lieber in einem Jahr noch mal.

SPOX: Das werden wir. Sie haben schon einige Großstädte in Deutschland gesehen. Was ist besonders an Berlin?

Gebhardt: Das rufen unsere Fans doch immer sehr treffend: "Wir sind eure Hauptstadt, ihr..." Na, ich denke, das kennt ja jeder. (lacht)

SPOX: Sicher, das ist bekannt. Für Berlin kann es ein großes Sportjahr werden. Warum sind die Teams aus der Hauptstadt in dieser Saison so erfolgreich?

Gebhardt: Dafür kann es nur eine Erklärung geben, die Berliner Luft.

SPOX: Naja...

Gebhardt: Wirklich! Wie wäre sonst zu erklären, dass so viele Mannschaften in ganz unterschiedlichen Sportarten und ganz verschiedenartigen Vereinen so erfolgreich sind?

SPOX: Man merkt, dass Sie Harald Schmidt gut leiden können. Ist es gut, dass er bald wieder ohne Oliver Pocher auftritt?

Gebhardt: Gegenfrage. War es denn gut mit Oliver Pocher?

SPOX: Kein Kommentar. Haben Sie eigentlich noch Vorbilder, die Sie antreiben?

Gebhardt (lacht): Ja.

SPOX: Verraten Sie uns auch wen?

Gebhardt: Klar, Boris Becker.

SPOX: Oh, wieso gerade ihn?

Gebhardt: Er hat viel erreicht. Wohlgemerkt: als Sportler! Er hat als Einzelkämpfer Tennis unglaublich populär in Deutschland gemacht. Das war eine großartige Leistung und ist für immer mit ihm verbunden.

SPOX: Werfen Sie bitte einen kurzen Blick in die Zukunft. Was wird in Berlin los sein, wenn Sie aufgestiegen sind?

Gebhardt: Unsere Fans werden ein zweites Sommermärchen mit uns feiern. Das wird gigantisch!

Marco Gebhardt im Steckbrief