EM

4:0 gegen Italien! Spanien macht sich unsterblich

Von Stefan Rommel / Alexander Maack
Der Anfang vom italienischen Ende: Torschütze Silva (2.v.r.) und Fabregas feiern das frühe 1:0
© Getty

Spanien ist Europameister 2012 und damit die erste Mannschaft überhaupt, die in drei aufeinanderfolgenden Turnieren den Titel davongetragen hat. Im Endspiel von Kiew zerlegte der Titelverteidiger Deutschland-Bezwinger Italien mit 4:0 (2:0).

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Vor 65.000 Zuschauern im Olympiastadion von Kiew erzielten David Silva (14.) und Jordi Alba (41.) bereits vor der Pause die Tore für die Furia Roja. Die eingewechselten Fernando Torres und Juan Mata beseitigten dann kurz vor Schluss die letzten Zweifel (84./88.).

Das 4:0 ist der höchste EM-Finalsieg aller Zeiten. Nach 2008 und 2010 hat Spanien damit quasi das Triple geholt. Nach 1964 und 2008 ist es zudem der dritte EM-Titel für Spanien.

Zudem ist Fernando Torres mit drei Treffern Torschützenkönig des Turniers. Zwar gab es auch noch andere Spieler mit je drei Toren - unter anderem Mario Gomez - aber Torres benötigte dafür am wenigsten Einsatzzeit, weshalb ihm die Krone gebührt.

Reaktionen:

Vicente Del Bosque (Trainer Spanien): "Ich bin stolz auf meine Mannschaft; sie ist wunderbar. Das ganze Team hat zusammengehalten. Wir hatten viel Ballbesitz, das ist unser Spiel. Das haben wir bis zur Perfektion gemacht. Das ist das ganze Geheimnis."

Iker Casillas (Torhüter Spanien): "Die Mannschaft hat ihre Sache sehr gut gemacht. Der Ballbesitz, das Erarbeiten von Torchancen und die Abschlüsse haben den Unterschied ausgemacht. Wir wissen, dass wir auch gut verteidigen können, die Defensive stimmt bei uns. In Madrid wird einiges los sein, wir wissen, dass unsere Landsleute gut feiern können."

Jordi Alba (Spanien): "Es ist wunderbar, den Titel zu verteidigen. Unglaublich, dass wir Geschichte geschrieben haben, ich kann es noch gar nicht fassen. Ich bin sehr glücklich, wir werden das jetzt genießen, denn wir haben ein tolles Turnier gespielt. Es freut mich natürlich sehr, dass ich das Tor gemacht habe, denn normalerweise war ich für einen Einsatz ja gar nicht vorgesehen."

Cesare Prandelli (Trainer Italien): "Wir wussten vorher, dass wir die Spanier nicht durchkommen lassen dürfen. Wir habe alles gegeben. Meine Mannschaft hat in diesem Turnier fantastisch gespielt. Wir werden weiter wachsen und uns verbessern."

Gianluigi Buffon (Torhüter Italien): "Wir haben unser Bestes gegeben. Aber im Leben muss man manchmal akzeptieren, dass es eine Mannschaft gibt, die besser ist. Deswegen Glückwunsch an Spanien. Spanien hat viele Spieler, die über mehr Erfahrung in solchen Situationen, in solch wichtigen Spielen verfügen. Wir waren dieses Mal nicht ganz in Form. Aber wir können uns nichts vorwerfen, die Spanier waren einfach besser."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Spanien mit Fabregas als hängender Spitze, Negredo dafür wieder auf der Bank. Ansonsten keine Änderungen.

Auch Italien nur mit einem Wechsel: Für Balzaretti beginnt Abate rechts in der Viererkette.

14., 1:0, Silva: Iniesta mit dem Traum von einem Pass in die Tiefe auf Fabgregas. Chiellini schläft, ist dann trotz kürzerem Laufweg auch noch langsamer als Fabregas. Der legt fast von der Torauslinie zurück und Silva drückt den Ball per Kopf aus sieben Metern in den linken Winkel.

29.: Xavi verliert den Ball an De Rossi. Nach einem Doppelpass mit Balotelli spielt De Rossi auf Cassano, der aus halblinker Position aufs Tor schießt. Casillas sieht den Ball spät, hat ihn aber sicher.

41., 2:0, Alba: Alba an der Mittellinie auf Xavi, schmeißt dann den Turbo an. Italien in einer Fünf-zu-Zwei-Überzahl, aber niemand nimmt Albas Tempo auf. Xavi passt den Ball perfekt in den Lauf, Alba durchschneidet einfach die Viererkette und schiebt den Ball aus 14 Metern flach an Buffon vorbei.

46.: Abate flankt von rechts. Pique zu weit weg von Di Natale. Der köpft mit seinem ersten Ballkontakt aber knapp drüber.

51.: Montolivo passt den Ball von halblinks in den Strafraum zu Di Natale, der direkt von halblinks aus acht Metern schießt. Casillas reagiert blitzschnell und wehrt den Schuss ab.

61.: Der eben erst eingewechselte Motta verletzt sich am rechten Oberschenkel. Motta war Italiens dritter Wechsel, die Squadra muss die Partie also zu zehnt zu Ende spielen.

84., 3:0, Torres: Ballgewinn Xavi. Wieder schnelles Umschalten. Xavi wunderbar in die Gasse auf Torres, der den Ball aus zwölf Metern an Buffon ins lange Eck schlenzt.

88., 4:0, Mata: Steilpass auf Torres, knapp am Abseits. Der legt zurück auf den mitgelaufenen Mata, der ins leere Tor einschiebt.

Fazit: Verdienter Sieg für Spanien, das heute eine Nummer zu groß war für Italien. Die Italiener hatten allerdings auch etwas Pech, besonders mit Mottas Verletzung. Letztlich fällt der Sieg etwas zu hoch aus.

Der Star des Spiels: Xavi. Bisher fiel er gar nicht so richtig auf in den Spielen des Titelverteidigers. Im Finale war Xavi dann aber wieder der kluge Ballverteiler. Mit effektiven Ballkontakten und gescheiten Pässen - wie den überragenden Zuspielen auf Alba vor dem 2:0 und Torres vor dem 3:0.

Der Flop des Spiels: Ignazio Abate bekam den Vorzug vor Balzaretti, durfte nach seiner Pause im Halbfinale wieder ran. Abate erwischte aber einen schwachen Tag, war in der Offensive bis auf eine Flanke nicht existent und bekam defensiv nicht nur Albas Tempo nicht in den Griff.

Der Schiedsrichter: Pedro Proenca hatte die Partie weitgehend gut im Griff. Übersah nur Bonuccis Handspiel nach Ramos' Kopfball, das Elfmeter hätte geben müssen (49.).

Die Trainer:

Keine Zeit mehr für Experimente: Vicente Del Bosque nahm Negredo wieder aus der Mannschaft und brachte dafür in Fabregas wieder eine hängende Spitze. Als Italien nach 60 Minuten noch offensiver wurde und die Außen mehr nach vorne schieben wollte, reagierte Del Bosque mit der Einwechslung des Flügelspielers Pedro, um Balzaretti mehr in der Defensive zu binden.

Cesare Prandelli versuchte die etwas offensivere Variante als im Gruppenspiel, wurde aber schon nach 14 Minuten kalt erwischt. Bis zur 60. Minute riskierte er mehr, aber nicht alles. Die Wechsel drehten an kleinen Stellschrauben, auf den gerne benutzten dritten Stürmer verzichtete Prandelli. Der Plan ging nicht auf, dazu kam auch noch Pech, dass sich Motta nach vier Minuten verletzte und Italien nur noch zu zehnt zu Ende spielen musste. Spätestens da war das Spiel entschieden.

Das fiel auf:

  • Italien nicht wie noch in der Vorrunde im 3-5-2 mit einer Fünferkette bei gegnerischem Ballbesitz und De Rossi als Libero, sondern im nun eingespielten 4-4-2. Allerdings kamen die Außenverteidiger kaum mit in die Offensive, was es dem Mittelfeld unheimlich schwer machte, sich in Unterzahl durchzukombinieren.
  • Spanien machte das Spiel anders als im Spiel der Gruppenphase zu Beginn deutlich breiter, stellte Arbeloa und Alba hoch und hatte dadurch mehr Platz in der Mitte. Dazu kam, dass Alba diesmal nicht gegen Maggio antreten musste, der ihm im ersten Aufeinandertreffen ziemliche Probleme bereitet hatte.
  • Italien schob sein Spiel nach 20 Minuten ca. zehn, 15 Meter weiter nach vorne und hatte ab da mehr Zugriff auf den Gegner. Im Umschaltspiel bei Ballverlust blieben die Italiener aber zu langsam, was Spanien immer wieder mit schnellen Angriffen zu nutzen versuchte.
  • Xavi, der bis zum Finale unter seinen Möglichkeiten geblieben war, wurde von Del Bosque eine Spur weiter zurückgezogen und hatte damit endlich das Spiel wieder mehr vor sich, als sich mit dem Rücken zum Tor den Bällen widmen zu müssen. So war der Spielgestalter wieder besser drin im Angriffsfluss des Titelverteidigers und in entscheidenden Situationen.
  • Spanien zeigte im Finale seine beste Turnierleistung, war geradliniger als bisher und nicht so verschnörkelt. Die Dominanz des Endspiels gegen Italien, das der Furia Roja in der Gruppenphase noch große Probleme bereitet hatte, war auch eine klare Ansage an die Konkurrenz und alle Kritiker, die der Mannschaft langweiligen Ballkontroll-Fußball vorgeworfen hatten. Spanien kann offenbar immer noch eine oder zwei Schippen drauflegen, wenn es sein muss.
  • Spanien ist damit seit dem Achtelfinal-Aus gegen Frankreich bei der WM 2006 in allen zehn K.o.-Spielen seitdem nicht nur ungeschlagen, sondern auch ohne Gegentor. Ohne Worte...

 

Daten und Fakten: Spanien - Italien

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