EM

Twin Towers Erbe und der neue Cassano

Von Gunnar Göpel
Mattia Destro und Italien wollen durch eine bärenstarke Offensive den sechsten Titel gewinnen
© getty

Jung, talentiert und hungrig. Diese Attribute passen auf alle 184 Spieler, die an der U-21-EM in Israel teilnehmen. Einige von ihnen spielen schon bei den ganz großen Klubs Europas - etwa Barcelona, Chelsea oder Neapel. Andere wollen sich für den nächsten Karriereschritt empfehlen. Die U-21-EM ist schließlich Schauplatz einer Zusammenkunft von Europas besten Nachwuchsteams. SPOX stellt fünf Youngster vor, die dem Turnier ihren eigenen Stempel aufdrücken könnten.

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Craig Dawson (England)

Bei West Bromwich Albion standen dem 1,88 Meter langen Innenverteidiger noch die "Twin Towers" Jonas Olsson und Gabriel Tamas im Weg. Steve Clarke, seines Zeichen Trainer der "Baggies", wollte den talentierten Dawson jedoch nicht auf der Bank schmoren lassen und verlieh ihn für drei Monate an den Zweitligisten Bolton Wanderers.

Dort überzeugte der Olympia-Teilnehmer von London und erzielte in 16 Einsätzen sogar vier Treffer. Seine Spielweise ähnelt der des jungen Rio Ferdinand zu Leeds-Zeiten. Der aktuelle U-21-Nationalcoach Stuart Pearce war von seinen Leistungen angetan und machte Dawson zum Stammverteidiger neben Steven Caulker (Tottenham).

England marschierte in den Playoffs durch die Gruppe und kassierte lediglich drei Gegentore - die wenigsten neben Spanien und den Niederlanden. Mit fünf der 24 erzielten Treffer war weder Connor Wickham, noch Wilfried Zaha der erfolgreichste Torschütze der "Three Lions". Nein, es war der 23-Jährige, und damit älteste Spieler im englischen Team: Craig Dawson.

Bei einer erfolgreichen U-21-EM winkt nicht nur ein Stammplatz bei West Bromwich Albion, sondern auch eine gesteigerte Aufmerksamkeit der englischen Topklubs. Innenverteidiger von internationalem Format lassen sich auf der Insel nun mal nicht im Pub um die Ecke bestellen.

Georgi Schennikow (Russland)

Bei der Europameisterschaft 2008 verzückte ein junger offensiver Linksverteidiger aus Russland die Massen. Yuri Schirkow spurtete pausenlos nach vorne, setzte zu gefährlichen Flankenläufen an und schoss aus allen Lagen. Doch das ungestüme Angriffsverhalten offenbarte Lücken im Defensivverbund.

In Russland haben die Verantwortlichen daraus gelernt. Schirkow darf sich mittlerweile weiter vorne im linken Mittelfeld austoben. Der Neue hinten links heißt Georgi Schennikow und spielt bei ZSKA Moskau. Seit der Saison 2008/2009 ist der Sohn des Olympiazweiten im Gehen, Michail Schennikow, Stammspieler beim elfmaligen Meister. Er debütierte mit 17 in der heimischen Liga und der Europa League. Das Eigengewächs des Militärklubs spielt deutlich beherrschter als Schirkow, scheut oftmals das Risiko und wählt den sicheren Weg. Das Potential für mehr offensive Lichtblicke bringt der flinke und technisch versierte Linksfuß aber mit.

Im Jahr 2009 wurde der 22-Jährige zum besten jungen Spieler der Premier Liga gewählt. Ferner debütierte Georgi Schennikov unter Fabio Capello in der A-Nationalmannschaft für Russland. Eine gute U-21-EM und es werden viele weitere Spiele folgen.

Marco van Ginkel (Niederlande)

Mit sieben Jahren wechselte van Ginkel in die Akademie von Vitesse Arnheim. Dort wurde er ausgebildet und spielt inzwischen für den Viertplatzierten der letzten Saison. Noch. Nicht ohne Grund wurde der zentrale Mittelfeldspieler zum "Niederländischen Talent des Jahres 2013" gewählt.

Damit reiht er sich in eine Riege namhafter Vorgänger ein: Seedorf, Kluivert, van Persie, Robben, Sneijder, Huntelaar.

Von den letzten 24 Preisträgern haben alle (!) Spieler eine beachtliche Karriere hingelegt. In der abgelaufenen Saison traf der junge Stratege allein in der Eredivisie acht Mal und bereitete zehn Treffer vor. Van Ginkel verfügt über Attribute, die begehrt machen. Er ist schnell, technisch versiert, beidfüßig, kopfballstark und setzt durch eine gute Spielübersicht Akzente. Ein Interesse von einigen größeren Teams ist daher wenig verwunderlich. Ajax und Chelsea sollen die besten Chancen auf eine Verpflichtung haben - auch Leverkusen soll den schlaksigen Spieler beobachtet haben.

In der "Jong Oranje" soll van Ginkel den offensiveren Part im zentralen Mittelfeld neben dem "erfahrenen" Kevin Strootman (PSV Eindhoven) spielen. Zug zum Tor hat der 20-Jährige in der Qualifikation bewiesen, als er nach Andriy Bogdanow (Ukraine, 20 Versuche) die meisten Torschüsse abgab. Von seinen 17 Versuchen landeten immerhin drei Bälle im gegnerischen Netz. Van Ginkel debütierte am 14. November 2012 unter Bondscoach Louis van Gaal für die A-Nationalmannschaft - beim 0:0 gegen Deutschland.

Rodrigo (Spanien)

Der in Rio de Janeiro geborene Stürmer ist brandgefährlich. In der Qualifikation hieß es: Gingen die Schüsse des Benfica-Talents auf das gegnerische Tor, dann zappelte der Ball mit stattlicher Wahrscheinlichkeit im Netz. Zwölf Schüsse gab der Rohdiamant, der bei Real Madrid in der Jugend spielte, in neun Spielen ab, elf Mal war der Ball im Tor. Ein Meilenstein in der Geschichte der Qualifikation!

Der 22-Jährige trug damit maßgeblich zur zweitbesten Torausbeute (35) bei. Nur die DFB-Auswahl traf häufiger (43), benötigte aber mit 176 Versuchen auch deutlich mehr Chancen (Spanien: 132).

Trotz seines noch jungen Alters kann der Linksfuß eine beachtliche Turniererfahrung vorweisen: U-19-Europameisterschaft (2. Platz), U-20-Weltmeisterschaft und Olympia 2012. Im gleichen Jahr wurde Rodrigo bei den "Futbol Draft Awards" in Spanien gemeinsam mit seinem Cousin Thiago Alcantara (FC Barcelona) als einer der besten nationalen Nachwuchsspieler ausgezeichnet. Gemeinsam nahmen sie auch an diesem Turnier teil.

Auf der offiziellen Homepage der "Furia Roja" zeigte sich der Stürmer voller Stolz über die Nominierung: "Ich bin glücklich, Spanien repräsentieren zu dürfen. Es ist sehr schwierig in die Nationalmannschaft zu kommen. Ich bin jung und habe noch viel Raum für Verbesserungen." Rodrigo ist definitiv ein heißer Kandidat auf den Titel des Torschützenkönigs. Er würde damit seinen Landsmann Adrian (Atletico Madrid) beerben, der diese Auszeichnung 2011 mit fünf Treffern gewann.

Mattia Destro (Italien)

Wenn der AS Rom für einen Stürmer insgesamt 16 Millionen Euro überweist, dann muss der Verein von den Qualitäten überzeugt sein. Vor der Saison wechselte Mattia Destro auf Leihbasis für 11,5 Millionen Euro vom CFC Genua in die italienische Landeshauptstadt. Dort überzeugte er offenbar Präsident James Pallotta, denn die Roma wird den 22-Jährigen im Sommer für weitere 4,5 Millionen Euro fest verpflichten.

Für die "Giallorossi" traf Destro in 26 Partien elf Mal. In der U-21-Qualifikation netzte der Rechtsfuß drei Mal ein und legte zwei Treffer auf. Er verbindet die Elemente eines schnellen Konterstürmers und eines klassischen Strafraumstürmers. Destro profitiert vor allem von seinem rasanten Antritt und seiner Schlitzohrigkeit. Seine Spielweise erinnert an die von Antonio Cassano.

Auch Cesare Prandelli ist vom quirligen Stürmer überzeugt und berief ihn in die A-Nationalmannschaft. Dort setzte er ihn bisher vier Mal ein. Seit seiner Meniskusverletzung zwischen Ende Januar und Mitte März kommt Destro aber nur schleppend wieder in Tritt. Trotzdem setzt Nationaltrainer Devis Mangia auf ihn. Der 38-Jährige erklärte die Nominierung der A-Nationalspieler Veratti und Destro gegenüber "uefa.com": "Beide sind begeistert, dass sie mit uns reisen dürfen, sie wissen beide, dass wir großen Wert auf Teamwork legen. Wir haben genügend Qualität, um in Israel den Titel zu holen."

Den Confed-Cup werden beide aber wohl verpassen. Destro, in Ascoli geboren, soll die "Azzurrini" zum sechsten U-21-EM-Titel schießen und neben Manolo Gabbiadini (Bologna/Juventus) für Furore sorgen. Und das Roma-Talent ist ein Mann für die wichtigen Tore.

Der Spielplan der U-21-EM