"Wir sind im Finale": Deutschland und Türkei

SID
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© DPA

Berlin - Ganz egal wie das Halbfinale ausgeht - ein Sieger steht für Kenan Kolat jetzt schon fest: "Wir sind im Finale. Und damit meine ich Deutschland und die Türkei."

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Mit dieser verbindenden Aussage beschwor der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland die Hoffnung auf eine friedliche Stimmung unter Millionen Fußballfans aus beiden Ländern am 25. Juni.

Das Spiel und seine Begleitumstände in Deutschland wird das Zusammenleben von Deutschen und Türken in der Bundesrepublik exemplarisch darstellen.

Auf Public-Viewing-Feiern, in Gaststätten und auf Plätzen werden die Fans am Mittwoch in Schwarz-Rot-Gold und in Rot mit Halbmond gemeinsam fiebern, wenn in Basel beide Teams um den Final-Einzug kämpfen.

Bedeutung jenseits des Sports

In Berlin, der türkischen Metropole in Deutschland, werden auf der Straße des 17. Juni als der größten Fanmeile mindestens eine halbe Million Menschen erwartet.

Hier begann vor zwei Jahren bei der Weltmeisterschaft das "Sommermärchen" und von hier aus schwappte die Welle der Begeisterung über das Land. Andere Fan-Meilen in Deutschland werden wegen des Andrangs der Massen ausgeweitet oder neu geschaffen.

Kenan Kolat ist sich der Bedeutung des Treffens von Basel weit über das sportliche Ereignis hinaus bewusst. "Ich rufe alle Mitbürger auf, sich dieses Spiel gemeinsam und nebeneinander anzusehen", sagte er.

Wowereit ist zuversichtlich

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) rechnet bei allen Emotionen mit einer friedlichen Party. "Ich bin ganz überzeugt, dass es ein friedliches Fest wird. Ich bin sicher, dass die Fans sich gegenseitig respektieren werden", sagte Wowereit.

Immer mehr Fans zeigen schon Tage vor dem Halbfinale den von Wowereit erhofften Respekt. An so vielen Autos wie noch nie flattern jetzt die Fahnen beider Länder.

In Berlin leben etwa 140.000 türkische Staatsbürger und 20.000 Deutsche türkischen Ursprungs, in ganz Deutschland sind es insgesamt 1,7 Millionen. Auch in Neukölln, Kreuzberg und Wedding, wo viele Türken wohnen, wird es vor Großbildleinwänden zum großen Jubel-Duell zwischen den Berlinern und der größten Einwanderergruppe kommen.

Spiegelbild und Chance

Da der Alltag vor allem in einigen sozialen Brennpunktgebieten allein durch ein Fußballspiel nicht ausgeblendet werden kann, gilt das Miteinander an diesem besonderen Tag auch als Spiegelbild und Chance zur Überprüfung der gesellschaftlichen Realität.

So war das Zusammenleben von Deutschen und Türken in Berlin zuletzt überschattet von heftigen politischen Auseinandersetzungen, zum Beispiel um den sogenannten Ehrenmord an Hatun Sürücü durch einen ihrer Brüder.

Diskutiert wurden auch Vorwürfe, die Integration und das Multi-Kulti-Modell seien in Berlin durch zu starke Separierung der Türken praktisch gescheitert. Gestritten wurde auch um die zum Teil aggressive Stimmung an zahlreichen Schulen.

Privater Wachschutz an Schulen

In Neukölln führte das Bezirksamt als Konsequenz sogar privaten Wachschutz in und vor Schulen ein und löste damit deutschlandweit Schlagzeilen aus.

Auch vor diesem Hintergrund wird die Fanmeile am Brandenburger Tor ein großer und wichtiger Treffpunkt werden. "Besser und schöner als mit diesen beiden Teams hätte es in Berlin wirklich nicht kommen können. Das wird am Mittwoch der Wahnsinn", sagte der Sprecher der drei Veranstalter, Michael Wirtz.

Der Aufbau der Buden und Bühnen begann am Sonntagmorgen, aber schon vor der offiziellen Eröffnung am Dienstag laufen die Gespräche über eine mögliche Ausweitung wie bei der WM bis zur Siegessäule.

Veranstalter sind vorbereitet

Der Senat hatte diesmal aus Sorge um den fließenden Verkehr nur eine zeitlich und räumlich begrenzte Fanmeile genehmigt. Die Spar- Version hatte zu heftigen Protesten aus der Wirtschaft, von Hotels und den Tourismus-Werbern geführt.

Doch Wowereit hatte sich nicht erweichen lassen. Wenn sich in der steigenden Vorfreude auf das Spiel ein immer größerer Ansturm abzeichnet, wird aber eine Erweiterung immer wahrscheinlicher.

Die Veranstalter versicherten, sie seien vorbereitet. Bisher sind TV-Übertragungen der Halbfinalspiele und des Endspiels auf drei Großbildleinwände geplant, mit 80 Quadratmetern hat Berlin nach eigenen Angaben die größte Videowand Europas. Dazu kommen 60 und 50 Quadratmeter große Leinwände zwischen Brandenburger Tor und der Yitzhak-Rabin-Straße.

Auch die Polizei versichert, sie sei gut vorbereitet auf den Ansturm der Fans. Sprecher Carsten Müller sagte, die Polizei sei hoffnungsfroh, dass es auch im weiteren Verlauf auf den Public- Viewing-Schauplätzen und der Fanmeile wie bisher überwiegend friedlich bleibt.