Nutella-Bhoy im Paradies

Von Interview: Carsten Germann
HInkel, Andreas
© Getty

Glasgow  - Die letzten Umzugskartons aus Deutschland kommen noch. Der Zauber des Neustarts ist für Andreas Hinkel (26) in seinem Anfang März bezogenen Apartment im West End von Glasgow noch deutlich spürbar.

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Dem 17-fachen deutschen Nationalspieler kommt der Tapetenwechsel auf der britischen Insel nicht ungelegen. Beim VfB Stuttgart hatte Hinkel ab 2003 für Furore gesorgt, doch dann war es beim FC Sevilla ab Sommer 2006 etwas ruhiger um ihn geworden.

Nach eineinhalb Jahren und 32 Spielen für den FC Sevilla zog es Hinkel im Januar zu Celtic Glagow und der smarte Schwabe legte einen guten Einstand hin. Am 16. Februar gelang ihm im dritten Spiel für die "Bhoys" beim 3:0 über Heart of Midlothian sein erster Treffer.

Hinkel spricht im SPOX-Interview über sein neues Leben in Glasgow, Kontakt mit Mario Gomez und den Fluch der "Nutella-Boys".

SPOX: Andreas Hinkel, der Celtic Park wird von den Fans nur "Paradise" genannt - wie fühlt es sich an im Paradies?

Andreas Hinkel: Es ist eine einmalige Stimmung im Celtic Park. Ich habe in vielen Stadien gespielt, aber es geht fast nicht besser als hier in Glasgow.

SPOX: Sie haben zusammen mit Benny Lauth, Kevin Kuranyi und Arne Friedrich die ersten Nationalmannschafts-Werbespots für "Nutella" gedreht. Nur Friedrich schaffte es am Ende zur WM 2006. Glauben Sie an eine Art "Fluch der Nutella-Boys"?

Hinkel: Nein, auf keinen Fall! Es war eine schöne Sache damals, es war schade, dass ich nicht bei der WM dabei sein konnte. Aber das habe ich abgehakt, ich habe einen Schnitt gemacht und bin nach Spanien gegangen, habe dort vier Titel gewonnen.

SPOX: Würden Sie für den Spot auch noch mal als Schlagersänger auftreten, Stichwort: "Arizona, Arizona..."?

Hinkel: Ja, natürlich. Werbung wird gemacht, damit sie hängen bleibt und damit man drüber redet. Über den Spot reden sicher viele Leute, von daher habe ich kein Problem damit. Jeder hat mal eine Hauptrolle gehabt, ich hatte eben die als Country-Sänger. Es ist wichtig, dass man auch über sich selbst lachen kann.

SPOX: Bei der WM waren Sie nicht dabei, das Gleiche droht Ihnen wohl auch bei der EM. Wie denken Sie über das Thema Nationalmannschaft?

Hinkel: Momentan konzentriere ich mich auf Celtic. Ob ich noch einmal zurückkomme, muss der Bundestrainer entscheiden.

SPOX: Wann hatten Sie letztmals Kontakt mit Joachim Löw?

Hinkel: Im Jahr 2006, kurz vor der WM.

SPOX: Zu welchen Spielern des VfB besteht noch Kontakt und was trauen Sie Ihren ehemaligen Kollegen in dieser Saison noch zu?

Hinkel: Ich stehe sporadisch in Kontakt mit Thomas Hitzlsperger, maile mit Mario Gomez und war auch bei der Abschiedsfeier von Timo Hildebrand. In diesem Jahr habe ich noch kein VfB-Spiel gesehen, weil ich in Glasgow kein deutsches Fernsehen habe und momentan auch noch ohne Internetanschluss bin. Ich denke aber, dass beim VfB alles möglich ist - der dritte Platz ist drin. Am Anfang der Saison war die Doppelbelastung sicher ein Handicap.

SPOX: Ihr ehemaliger Mitspieler Alexander Hleb hat im SPOX-Interview Unverständnis über Ihren Werdegang geäußert. Er hatte gedacht, Barcelona oder Real würden sie verpflichten und fragt sich jetzt, wo das Selbstvertrauen des Andreas Hinkel aus guten VfB-Zeiten geblieben ist...

Hinkel: Ich habe Alex zuletzt beim Spiel gegen Arsenal getroffen, natürlich hat er sich gewundert, weil er mich ja aus Stuttgart kannte. Das Selbstvertrauen ist da, ich möchte aber nicht ins Detail gehen zu irgendwelchen Wechselspielen. Ich habe mich für Celtic entschieden, weil der Verein einfach eine Marke ist. Hier habe ich die besten Möglichkeiten.

SPOX: Wenn man nur die fehlende Spielpraxis betrachtet, bereuen Sie die zwei Jahre in Sevilla? 

Hinkel: Nein, es gibt nichts zu bereuen. Sevilla war mit die beste Zeit, die ich bislang als Fußballer hatte.

SPOX: Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

Hinkel: Ich habe in eineinhalb Jahren 32 Spiele gemacht und das in einer sehr guten Mannschaft. International stehen Barca und Real im Fokus der Berichterstattung. Ich kann sagen, dass Sevilla auf Augenhöhe mit den beiden Großen war. Wir haben Barcelona im europäischen Supercup-Finale 3:0 geschlagen und in der Liga Real zuhause besiegt. Zwar war ich in den Endspielen nicht dabei, aber ich habe in diesen Wettbewerben 13 Spiele gemacht. Nur in der Liga war ich nicht zufrieden, weil ich nur ein Drittel der Saisonspiele gemacht habe.

SPOX: Warum erfolgte der Weggang aus Sevilla nicht früher?

Hinkel: Ich habe nicht das Bedürfnis, mich für die Zeit in Sevilla zu rechtfertigen, nur weil einige Journalisten das vielleicht etwas anders gesehen haben.

SPOX: Um ihren Wechsel zu Celtic gab es großen Wirbel. Mit Borussia Dortmund sollen Sie sich bereits einig gewesen sein. BVB-Sportdirektor Michael Zorc warf Ihnen Wortbruch vor. Wie weit waren die Verhandlungen mit Dortmund tatsächlich?

Hinkel: Es bringt nichts, das wieder aufzuwühlen. Ich war nicht mit Dortmund einig. Es gab nur Kontakte. Ich wollte in die Bundesliga zurück, es ging um meine Zukunft, und ich habe dann Vor- und Nachteile aufgelistet. Aber ich habe mich am Ende nicht gegen Dortmund, sondern für Celtic entschieden. Das wurde ein bisschen hochgespielt - die Sache ist von beiden Seiten vom Tisch.

SPOX: In Dortmund hätte ein Stammplatz gelockt. Warum wechselten Sie nicht zurück in die Bundesliga? Gerade im Hinblick auf die EM-Teilnahme...

Hinkel: Daran habe ich am Anfang auch gedacht. Aber im Fußball gibt es keine Garantien. Ich habe seit der WM keinen Kontakt zum DFB und nur, weil ich in die Bundesliga zurückkommen wäre, wäre das nicht gleichbedeutend mit einem Comeback in der Nationalmannschaft gewesen.